Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter
nicht gerade beliebt, und eine direkte Konfrontation mit der Nachtwandlerin hatte ich nun wirklich nicht erwartet.
„Du hast hier nichts zu suchen", sagte sie entschieden auf Englisch mit einem leichten Akzent, den ich nicht ganz zuordnen konnte. Vermutlich Französisch, aber älter. Sie war von sehr kleiner Gestalt und erreichte die eins fünfzig nur, wenn sie ihr Haar hoch aufgesteckt trug. Ihre Hände hielt sie dicht neben dem Körper, ohne sie jedoch zu Fäusten geballt zu haben. Ein Kommentar darüber, dass sie wie eine Botin geschickt worden war, um mir den Zutritt zum Saal zu verwehren, lag mir auf der Zunge, aber ich würde auch so noch für genügend Ärger sorgen. Warum einen kleinlichen, unbedeutenden Streit vom Zaum brechen, wenn man es mit dem ganzen Konvent auf einmal aufnehmen konnte?
Ich nickte ihr andeutungsweise zu. Nicht ganz die übliche Unterwürfigkeit, an die sie zweifelsohne mittlerweile gewöhnt war, aber wenigstens versuchte ich nicht, sie links liegen zu lassen. „Ich habe etwas mit Jabari zu besprechen", verkündete ich. „Und ich habe noch etwas mit dir zu besprechen", sagte sie und reckte das Kinn, sodass sie mir in die Augen sehen konnte. „Du hast mein Eigentum zerstört."
„Dein Eigentum war gewarnt, sich von meinem Eigentum fernzuhalten", fuhr ich sie an und machte einen Schritt auf sie zu, bis ich drohend über ihr aufragte. „Und ich habe dein Eigentum vor den Konsequenzen gewarnt. Wenn du dein Eigentum gern behalten hättest, hättest du es rechtzeitig an die Kandare nehmen sollen." Die Absätze mitgezählt überragte ich die Frau um mehr als dreißig Zentimeter; mochte sie auch über noch so viel Macht verfügen, so waren meine körperliche Präsenz und vielleicht auch mein Ruf genug, um sie einen Schritt zurückweichen zu lassen. Ich ließ das Kerzenlicht um uns herum kurz aufflackern, sodass einige Kerzen verlöschten und den Schatten neues Leben einhauchten.
Ich fand es abscheulich, über Gwen zu sprechen, als wäre sie ein Stück Vieh gewesen. Sosehr ich dieses Geschöpf auch verabscheut hatte, sie war doch ein mehr oder weniger lebendiges und denkendes Wesen gewesen. „Du schuldest mir etwas, Feuermacherin", fuhr Elizabeth fort. Jedes einzelne Wort kam scharf und deutlich über ihre Lippen, so als würde sie es zwischen den Zähnen mahlen, bevor sie es entließ. „Dann schlage ich vor, dass du schon mal eine Rechnung aufmachst, weil ich nämlich, bevor ich heute Nacht hier fertig bin, noch mehr anschreiben lassen werde", gab ich zurück und genoss das Grinsen, das mir den linken Mundwinkel verzog.
Als ich mich an ihr vorbeischieben wollte, sah ich aus den Augenwinkeln, wie sie die Linke gegen meinen Rücken schwang. Ich fuhr auf dem rechten Absatz herum, riss den Dolch aus der Scheide an meiner Hüfte und stieß damit nach ihrem Hals. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie mich direkt angreifen würde. Das war nicht das typische Vorgehen der Ältesten. Sie hatten ihre Handlanger, die für sie die Drecksarbeit machten.
Natürlich wusste ich absolut nichts über Elizabeth, was sie genauso gefährlich machte wie Macaire und Jabari. Inzwischen war allerdings Danaus schon dazwischen gegangen und hatte die Nachtwandlerin beim Handgelenk gepackt, das er jetzt über ihrem Kopf festhielt, bevor ich mit meiner Klinge auch nur die glatte Haut der Uralten ritzen konnte.
„Soll ich sie jetzt töten?", fragte er leichthin, mit ungerührtem Gesichtsausdruck. Ich musterte Elizabeth, deren weit aufgerissene Augen zwischen mir und Danaus hin und her flogen. Eine falsche Bewegung von ihr, und Danaus würde ihr ohne Zögern das Handgelenk brechen. Und ich brauchte nur ein Wort zu sagen, und er würde das bisschen Blut, das noch in ihren Adern floss, zum Kochen bringen, bis es ihre Haut schwärzte und ihre inneren Organe in stinkende Schleimpfützen verwandelte.
Ich schob das Messer wieder in die Scheide. „Später", sagte ich und verzog leicht das Gesicht. Falls sie glaubte, dass wir ihr Leben jetzt verschont hatten, würden wir uns später vielleicht ihre Unterstützung damit erkaufen können. Abgesehen davon war ich mir gar nicht so sicher, dass Danaus sie wirklich so leicht vernichten konnte.
Er nickte einmal und ließ sie los, wobei er der Nachtwandlerin mit einem leichten Stoß bedeutete, dass sie uns zu den Torflügeln vorangehen sollte, die zum Thronsaal führten. Die Älteste blieb stumm und ging steif auf die Türen zu, die sich wie von unsichtbarer Hand vor ihr
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