Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter
ich und rang mir ein Lächeln ab.
Das war eine uralte Tradition meiner Rasse, die aber selten angewendet wurde, weil wir normalerweise einfach jeden töteten, der uns angriff „Du kannst ihn haben", knurrte Jabari. „Was soll das heißen?", blaffte Macaire. Ein Stirnrunzeln verzerrte seine edlen Züge, während seine Augen zwischen mir und dem Ältesten hin und her wanderten. „Er hat den Lykanthropen ausgeschickt, um Mira zu töten", antwortete Danaus und trat einen Schritt vor, sodass er nun direkt neben mir stand. Er gab sich nicht die geringste Mühe, seine Abneigung gegenüber der ganzen Versammlung zu verbergen. Die Rechte ruhte beiläufig auf dem Knauf eines der Messer, die in seinem Gürtel steckten.
„Mira?", kreischte eine der weiblichen Stimmen über meinem Kopf. Etwas bewegte sich plötzlich schabend an der Decke, als ob Klauen über den Stein dort oben kratzten. Stimmen flüsterten Worte, die ich trotz meines scharfen Gehörs nicht ganz verstehen konnte. Ich trat einen Schritt zurück und legte den Kopf in den Nacken, um nach den Geschöpfen Ausschau zu halten, die dort unter der Decke lauerten, aber sie blieben unter den überall verteilten Fahnen und Bannern verborgen. Ich machte noch einen Schritt zurück und stieß mit voller Absicht gegen die Schulter des Jägers.
Was zur Hölle ist da oben? Ich schickte die Frage direkt in sein Hirn und bemühte mich dabei, nicht so verängstigt zu klingen, wie ich tatsächlich war. Keine Ahnung. Beim Geräusch von Flügeln und einem vorüberhuschenden Schatten löste ich mich rasch von ihm. Eines der Wesen kam von der Decke hinabgeschwebt und landete leichtfüßig auf dem Boden direkt zwischen mir und dem Rat. Ich musste mir auf die Zunge beißen, um einen Schrei zu unterdrücken, als meine Augen das Monster zum ersten Mal deutlich erblickten.
Beinahe einen Meter fünfzig groß, sah die Kreatur fast wie eine Frau aus, aber nur mit viel Fantasie. Und das auch nur, wenn man die Fledermausflügel ausblendete, die sich von der Innenseite ihrer dürren Arme den Körper hinabzogen. An der Flügelspitze saßen drei lange, knochige Finger, die von schwarzen Klauen gekrönt wurden. Ihre Haut war fleischfarben und schien papierdünn zu sein, so wie sie an dem spindeldürren Körper herunterhing. Aber es waren die krähenartigen Füße mit den langen Klauen, die bedrohlich auf dem Marmorboden klickten und endlich eine Erinnerung wachriefen. Dieses Wesen war das Vorbild des Harpyienmythos aus alten Zeiten.
Nachdem ich den beiden weiblichen Naturi vom Windclan in den englischen Wäldern begegnet war, hatte ich angenommen, dass sie alle eine Feengestalt hatten, mit elfenhaften Zügen und Schmetterlingsflügeln. Sicher, Rowe sah anders aus, aber bei Rowe war schließlich alles ganz anders, angefangen bei seinem schwarzen Haar über die Narben bis hin zu den schwarzen Flügeln. Ich hatte nie geglaubt, einmal einer Naturi zu begegnen, deren Anblick so grauenhaft war.
„Das ist das Monster, das die Flamme gezähmt und uns in Aschestaub verwandelt hat", sagte die Naturi und machte einen zögerlichen Schritt auf mich zu. Sie hüllte sich in ihre Flügel, sodass die Hände die knochigen Schultern leicht umfassten und der nackte Körper bedeckt war. „Einmal mehr wird sie ihrem Geburtsnamen gerecht. Und doch lauert hinter ihr ein Stück Dreck." Die zusammengekniffenen gelben Augen des Wesens richteten sich auf Danaus und musterten ihn scharf, während es noch einen Schritt näher kroch.
„Was ist er? Sag es mir bitte", forderte eine dritte Stimme von der Decke. Sie klang jünger, von der Tonhöhe und dem ungeduldigen Drängen her beinahe kindlich. „Er stinkt nach Schweiß und schwachem Menschenfleisch, doch schleppt er keinen Todesschatten mit sich. Nicht von Menschen ist er geboren." „Noch von Vampiren erschaffen", fiel eine zweite Stimme von oben ein. „Noch Wolf, vom Mondlicht zerrissen", führte die vor uns stehende Naturi den Satz zu Ende.
„Und er ist nicht verkäuflich, also verguckt euch nicht zu sehr in ihn", fuhr ich sie an, weil mir ihr seltsames, geschraubtes Gerede auf die Nerven ging. Ich machte einen Schritt zur Seite, sodass ich zwischen Danaus und den Naturi stand. Das Wesen glotzte mich an und zog sich einen Schritt zurück, sodass der Sicherheitsabstand zwischen uns gewahrt blieb. Ich war überrascht, dass sie den Ursprung der Kräfte des Jägers nicht herausfinden konnten. Naturi und Bori waren anscheinend seit Anbeginn der Zeiten Erzfeinde
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