Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter
leise, während sie beständig einen kühlen Luftstrom ausstieß.
Die Abendluft hatte sich auf etwa zwanzig Grad abgekühlt, aber im Haus hielt sich nach wie vor ein guter Teil der milden Nachmittagshitze.
Das Haus war bedeutend größer als das, in dem ich aufgewachsen war, und offensichtlich auch moderner, aber es gab zu viele Übereinstimmungen in Aufbau und Farbgebung. Meine Hände zitterten, und in meinem Hals schien sich dauerhaft ein Kloß festgesetzt zu haben.
Ich warf meine Kleidertasche auf den Boden und versuchte einmal mehr, die kleinen Hinweise, dass ich wieder zurück auf Kreta war, zu verdrängen und mich auf den Grund meines jetzigen Aufenthalts auf der Insel zu konzentrieren. „Wie lange bist du jetzt hier?", fragte ich und gab mir Mühe, trotz meiner blank liegenden Nerven und wachsender Erschöpfung höflich zu klingen. „Ich bin ein paar Stunden nach Sonnenuntergang auf der Insel angekommen", antwortete Penelope. Sie beobachtete mich müde von der anderen Seite des Zimmers, wo sie mit verschränkten Armen unter dem hohen Torbogen stand. „Ich lebe seit fast hundert Jahren in Athen und komme während der Sommersaison wegen der Touristen nach Kreta."
„Gehört dieser Hugo zu dir, oder hat Macaire den auch geschickt?" Ich ging zum Sofa hinüber, das vor einem offenen Kamin stand. Er war aus kleinen Steinen gefertigt, die zu einem interessanten Mosaik gefügt waren. Ich lehnte mich gegen die Rückseite des Sofas, sodass ich die Nachtwandlerin ansehen konnte, und legte den linken Knöchel über den rechten. „Macaire hat ihn geschickt", antwortete Penelope. „Stimmt es, dass du die Naturi bei Stonehenge aufgehalten hast?" Sie gab sich keine Mühe, ihre Skepsis zu verbergen, als sie mir die Gegenfrage stellte, noch bevor ich sie weiter verhören konnte.
Ich lächelte sie an und rieb mir die Fingerknöchel der rechten Hand vorn am Kleid, als ob ich mir die Nägel polierte. Als ich die Hand ausstreckte, wurden meine Finger augenblicklich von blauem Feuer umhüllt. „Ich hab da so ein paar Asse im Ärmel." Wie ich erwartet hatte, wich Penelope einen Schritt zurück, fing sich aber rasch wieder und kehrte an ihren vorherigen Standort zurück, entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen.
„Die wirst du auch brauchen", bemerkte Danaus. „Wie viele?", fragte ich und löschte augenblicklich das Feuer.
Der Spaß war vorbei. Wir mussten uns wieder dem Ernst des Lebens zuwenden. Wir mussten herausfinden, womit genau wir es zu tun hatten und wie wir sie besiegen konnten.
Danaus' Kraft strich an mir vorbei, als sie sich aus dem Haus und über die Insel bewegte. Er ließ die Augen offen, während er Kreta absuchte, aber sie waren nicht auf jemanden in diesem Raum gerichtet. „Ein paar Dutzend. Weniger als in England", sagte er. Ich war überrascht. Sie hatten einen gewaltigen Schlag gegen die Themis-Zentrale geführt und mehr Naturi gegen uns aufgeboten, als meiner Ansicht überhaupt auf der Erde lebten. Hatten wir ihre Zahl tatsächlich so weit dezimiert, dass sie einen derartigen Angriff nicht mehr riskieren konnten, egal wie wichtig der Anlass war? Das konnte man nur hoffen.
„Wo sind sie?" Danaus' Blick Wurde wieder klar, als er die blauen Augen auf mich richtete. „Ich kenne diese Insel nicht." „Brauchst du vielleicht eine Karte?", fragte Penelope mit so süßer Stimme, dass es mir an den Nerven zerrte. „Ja", keifte ich, bevor Danaus antworten konnte. „Geh eine holen." Nachdem sie mir einen wütenden Blick zugeworfen hatte, stürmte Penelope aus dem Zimmer und verschwand auf dem Weg in den hinteren Teil des Hauses in der Küche. Ein Schnauben von Danaus lenkte meinen Blick zu ihm zurück.
„Was ist dir denn über die Leber gelaufen?", fragte er. „Ich will das einfach hinter mich bringen und dann so schnell wie möglich von hier weg", knurrte ich und gab mir nicht einmal mehr Mühe, meine Gefühle im Zaum zu halten. Zu meiner Überraschung machte er ein freundlicheres Gesicht. Das ärgerte mich. Ich wollte weder Mitgefühl noch Verständnis von dem Jäger. Er gefiel mir besser wütend oder genervt oder in irgendeinem der anderen Gefühlszustände, deren Anblick auf seinem Gesicht mir zur Gewohnheit geworden war. Einen Augenblick später spürte ich eine leise Berührung in meinem Kopf, wie von einer Hand, die blind im Dunkeln umhertastet.
Vielleicht ist es an der Zeit, dass du dich deiner Vergangenheit stellst. Der Klang von Danaus' Gedanken hallte durch meinen Verstand. Er
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