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Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter

Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter

Titel: Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelynn Drake
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Gott abgewandt?" „Was?" Meine Stimme erhob sich zum ersten Mal, seit wir auf Torcello gelandet waren, über Flüsterlautstärke hinaus und zerbrach die Stille, die erstickend geworden war. Ich fuhr auf dem rechten Absatz herum und musterte meinen dunklen Gefährten verwirrt. Sein gesamter Körper war angespannt, und die Hände ballten sich an seiner Seite zu harten Fäusten.
    „Warum hast du dich von Gott abgewandt?", wiederholte er. „Warum hast du dich entschieden, ein Vampir zu werden?"
    Ich ließ mich auf die beiden flachen Stufen sinken, die zum Altar hinaufführten, und lachte. Ich versuchte mir einzureden, dass das eine amüsante Sichtweise sein könnte, aber sogar ich hörte den grellen Unterton ätzender Bitterkeit in meiner Stimme. Danaus war vor vielen Jahrhunderten geboren worden, lange bevor das Christentum sich als beherrschende Religion Europas etabliert hatte, aber im Lauf seines langen Lebens hatte er offenbar mit dessen Lehren Bekanntschaft gemacht und sie befolgt. Ich auf der anderen Seite hatte einen etwas anderen Weg eingeschlagen.
    „Mich von Gott abgewandt?", sprach ich ihm nach und richtete mich auf. „Ich habe mich nicht von Gott abgewandt. Er hat sich von mir abgewandt. Sieh mich genau an, Danaus. Dies hat nichts mit einem Vampirfluch zu tun - so habe ich seit meiner Geburt ausgesehen."
    Ein Feuerball schwebte plötzlich neben meinem Gesicht, während ich auf ihn zuging. „Rotes Haar und violette Augen. Ich wurde im vierzehnten Jahrhundert in einem kleinen Fischerdorf auf der Insel Kreta geboren. Alle hatten entweder braunes oder schwarzes Haar und braune Augen. Weißt du, was man bei meiner Geburt über mich gesagt hat? Ich sei eine Satansbrut. Die ersten sechzehn Jahre meines Lebens verbrachte ich kniend und flehte Gott an, mir zu vergeben, dass ich überhaupt geboren worden war. Und weißt du, wie er mir geantwortet hat? So!" Ich streckte die Hände zu den Seiten aus, und sofort wurden sie in Flammen eingehüllt. „Eine Gruppe von Männern aus meinem Dorf versuchte eines Nachts, mich auf dem Rückweg von der Kirche zu vergewaltigen. Verängstigt wie ich war, steckte ich aus Versehen zwei von ihnen in Brand. Bis zu jenem Tag hatte ich noch nie einem menschlichen Lebewesen Schaden zugefügt, aber in dieser Nacht tötete ich zwei Männer."
    „Es war ein Unfall", sagte Danaus bestimmt. „War es das? Wie konnte es ein Unfall sein, wenn ich doch mit dieser Fähigkeit geboren wurde?" Ich löschte die Flammen, die ich erschaffen hatte, und ließ die Dunkelheit wieder in die Kirche fluten, als ich erneut auf den Altar zuging. Das Geräusch meiner Absätze auf dem geborstenen Steinboden hallte in der Totenstille wider. Die Nacht rückte wieder näher und umschlang mich mit ihren kalten Armen, hielt mich fest und schützte mich vor Danaus' Fragen und den Erinnerungen, die ich verzweifelt zu vergessen suchte.
    „Die Entscheidung für das Vampirleben hatte nichts damit zu tun, mich von Gott abzuwenden", fuhr ich fort, während der harte, wütende Unterton aus meiner Stimme verschwand. „Meinen Glauben habe ich in der Nacht verloren, in der diese Männer starben. Als ich zur Nachtwandlerin wurde, ging es um Macht und darum, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen." „Bei deinem Tod hast du Macht gegen ewige Verdammnis getauscht." Seine Stimme war von strenger Anklage erfüllt. Seine Schritte kratzten über den erdigen Boden, als er auf mich zukam. „Warum klammerst du dich an diese altmodischen Ideen?", schrie ich und scheuchte damit einige Tauben über uns auf. Ihre Flügel schlugen gegen den Wind an, als sie auf der Suche nach einem ruhigeren Nachtquartier aus dem Fenster flatterten. „In meinen sechshundert Lebensjahren bin ich diesem Satan nie über den Weg gelaufen, dem ich ja, deiner Überzeugung nach, eine Seele verkauft haben soll. Niemand hat je von ihm berichtet. Nicht der Konvent, nicht Sadira." „Du tötest."
    „Ich habe noch keine Rasse gesehen, die nicht tötet. Die Naturi, die Menschen, die Lykaner, die Hexen und sogar Gottes geliebte Engel töten. Warum sollten ausgerechnet meine Leute anders sein?" „Du trinkst Blut." „Na und? Ich ernähre mich vom Leben anderer. Ich nehme ihnen Blut und lasse ihnen das Leben, meistens jedenfalls. Das können die meisten Raubtiere nicht von sich behaupten." „Es ist einfach nicht richtig", schrie er mich an. Ein unterschwelliges Beben lag in seiner Stimme, so als ob etwas Kleines und Verängstigtes in seinem Inneren mich endlich

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