Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
fluchtartig alles stehen und liegen lassen zu müssen.
Savannah war meine Heimat, und ich war bereit, sie zu verteidigen.
Als ich mich gegen die Vorderseite des Schreibtisches lehnte, bemerkte ich, wie Tristan mich unter halb geschlossenen Lidern ansah, während er sich in einem Ledersessel mit hoher Lehne räkelte. Im Lauf des letzten Monats hatte er sich damit angefreundet, in meiner Domäne zu wohnen, allerdings versuchten wir immer noch Schritt für Schritt, unsere Beziehung von Herrin und .. Kind auf die Reihe zu bekommen. Ich hatte ihn bei dem Versuch, sein Leben zu retten, unserer Schöpferin Sadira gestohlen. Auf diese Entwicklung war ich völlig unvorbereitet. Ich hatte nie vorgehabt, eine eigene Familie zu gründen, schon gar nicht mit einem Kind, das einmal meiner verhassten Schöpferin gehört hatte.
Doch Tristan brauchte mich. Sadira hatte ihn schwach erschaffen und kleingehalten, sodass er nie auf die gleiche Art hätte entkommen können wie ich. Nach seinem Fluchtversuch hatte Sadira mich mit einer List dazu gebracht, ihn zu ihr zurückzubringen. Ich wusste, wie es sich anfühlte, unter ihrer grausamen, sadistischen Knute zu stehen, und verstand daher seinen Drang, endlich frei zu sein. Während unseres Londonaufenthalts hatte ich versprochen, ihm genau das zu ermöglichen, aber ich hatte nie geglaubt, dass ich seine Herrin werden müsste, um dieses Versprechen zu halten.
Nach der Rückkehr von Kreta nach Savannah war ich drauf und dran, ihm die Freiheit zu schenken, all meine Ansprüche auf ihn für nichtig zu erklären und ihn in ein Leben als freier Nachtwandler zu entlassen. Aber das ließ mein Gewissen nicht zu. Er war immer noch schwach, und das machte ihn zur leichten Beute für jeden, dem er über den Weg lief. Ich konnte nicht zulassen, dass er sich auf der Stelle umbringen ließ, sobald er nicht mehr bei mir war. Ein ganzes Jahrhundert lang hatte Jabari mich gelehrt, auf mich selbst aufzupassen, und mir beigebracht, was es hieß, ein Nachtwandler zu sein. Ich konnte wenigstens ein bisschen was von diesem Wissen an mein frisch gebackenes Mündel weitergeben.
Für den Moment schien Tristan zufrieden zu sein, hierbleiben zu können. Aber es gab Momente, in denen ich ihn dabei ertappte, wie er mich mit traurigen Augen ansah. Ich fragte mich, ob er nicht aus einem ganz anderen Grund bei mir blieb. Suchte er nach einem Weg, um mich zu beschützen?
Danaus war ebenfalls bei uns. Er saß in einem der Lehnstühle vor dem Schreibtisch, die Augen unablässig auf mich gerichtet wie eine drahtige Raubkatze, die ihre Beute ins Visier nimmt. Sowohl er als auch Tristan hatten in London mit mir gegen die Naturi gekämpft, und dann noch einmal im Themis-Hauptquartier. Danaus war auch auf Kreta an meiner Seite gewesen, als das Siegel gebrochen worden war. Obwohl ich sowohl Amanda als auch Knox schon länger kannte, fühlte ich dennoch eine merkwürdige Vertrautheit gegenüber den beiden Neuankömmlingen in meiner Domäne.
Amanda und Knox wanderten langsam im Zimmer umher, und ihre Schritte hallten durch die Stille, als sie von dem dicken Perserteppich auf das dunkle Parkett traten. Es war für beide der erste Besuch in meinem Haus vor der Stadt. Ich hatte außerdem ein Reihenhaus in der Stadt, wo ich manchmal Meetings und zwanglose Treffen abhielt, aber das Haus hier draußen war nur für meinen privaten Gebrauch bestimmt. Hier verbrachte ich auch die Tagesstunden. Gabriel, mein Bodyguard, kannte mein Zuhause schon, und inzwischen galt das auch für Tristan, der hier ja nun ebenfalls zu Hause war.
„Mira", meldete sich Knox leise und ließ den Blick noch einen Moment durch den Raum wandern, bevor er mich ansah. „Ich fühle mich geehrt, dass du uns hierher mitgenommen hast." Ich schenkte ihm ein anerkennendes Lächeln für seinen altmodischen Charme und die guten Manieren. Er war mehrere hundert Jahre alt und von einem Nachtwandler aus der Alten Welt namens Valerio großgezogen worden, den ich beinahe zu gleichen Teilen bewunderte und verachtete.
„Du kannst dich bei mir revanchieren, indem du mir versprichst, dich nie wieder hinter das Steuer meines Autos zu setzen", sagte ich grinsend. Er antwortete mit einem Lächeln, weil er wusste, dass ich es nur halb ernst meinte. Immerhin hatte er das Nötige getan, um uns das Leben zu retten. Und sosehr ich mein Auto auch liebte, letztendlich war es nur ein Gegenstand.
„Ich schätze, du hast das vorhin im Auto nicht ernst gemeint", sagte Amanda und wandte
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