Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
schließlich deren Job«, sagte ich, um ihr die Angst zu nehmen und ihr den Widerwillen gegen ihren Hilferuf auszureden, den sie ganz offensichtlich als Schwäche betrachtete. Draußen auf der Straße hatte sie ein paar Nächte durchgehalten, aber dann hatte ihre Angst die Oberhand gewonnen, wenn sie nicht sogar in einer dunklen Gasse von der Kreatur bedroht worden war. Einen Kampf mit Gaizka würde sie nicht mal ein paar Sekunden überleben.
»Von wegen beschützen«, maulte sie. »Die wollen mich schon wieder zum Jugendamt schicken. Aber wenn das Ding mich holen kommt, kann mir keiner helfen.«
»Ich kann dir helfen«, rutschte es mir heraus, bevor ich meine Zunge in Zaum halten konnte. Sie war fast noch ein Kind, hatte niemanden auf der ganzen Welt, und es war nur eine Frage der Zeit, bis eins der vielen Monster um sie herum sie verschlingen würde.
»Wie denn?«, fragte sie misstrauisch.
»Hab ich doch schon gesagt. Ich lebe schon eine ganze Weile. Und da kriegt man zwangsläufig ein paar Sachen mit. Außerdem habe ich Freunde, die dir ebenfalls helfen können«, antwortete ich.
»Und du sorgst dafür, dass ich am Leben bleibe?«, fragte sie. Es klang immer noch skeptisch. Ganz verübeln konnte ich ihr das nicht. Ein völlig Fremder, noch dazu kein richtiger Mensch, bot ihr Hilfe gegen etwas Dunkles, Böses an. Warum hätte sie mir glauben sollen?
»Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht. Aber das heißt auch, dass du dich mit ein paar Vampiren einlassen musst«, sagte ich. Mir war klar, dass ich sie Mira vorstellen musste, und das bedeutete, dass sie auch mit Tristan und wahrscheinlich sogar Knox klarkommen musste. Aber zur Hölle, wenn sie uns helfen konnte, den Mord an Abigail aufzuklären, würde ich mit Freunden eine Vollversammlung aller Nachtwandler von Savannah einberufen, um sie zu beschützen.
»Nicht alle Vampire sind böse«, sagte sie schnell. Das überraschte mich.
»Nee, manche hatten nur ’ne schwere Kindheit«, erwiderte ich, was mir von meiner jungen Freundin ein leises Kichern eintrug.
»Jetzt übertreibst du aber«, sagte sie. Auf ihrem blassen, schmutzigen Gesicht zeigte sich ein schüchternes Lächeln.
»Dann kommst du also mit mir? Und ich darf dich beschützen?«
»Kein Jugendamt?«, fragte sie. Das Lächeln war schlagartig verschwunden.
»Solange du mir auch hilfst. Ich brauche alle Informationen, die du mir geben kannst. Diese Kreatur hat schon eine ganze Menge Menschen getötet, und mein Freund und ich müssen sie aufhalten, bevor noch mehr Leute zu Schaden kommen. Vielleicht wird es gefährlich, aber ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um dich zu schützen«, versprach ich noch mal.
Erneut musterte sie mich aus leicht zusammengekniffenen Augen. Wahrscheinlich untersuchte sie noch einmal meine Aura, um abzuschätzen, wie ernst es mir war. Ruhig blieb ich sitzen, während sie mich anstarrte. Lily musste sich zwischen zwei gleichermaßen unangenehmen Möglichkeiten entscheiden. Entweder, sie ließ sich auf die Zusammenarbeit mit mir ein, was möglicherweise gefährlich werden konnte, oder aber sie probierte es mit dem Jugendamt, wo sie niemand beschützen konnte.
»Können wir vorher noch irgendwo anhalten und was essen? Ich bin am Verhungern«, sagte sie. Überrascht lachte ich auf. Ich wusste gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal so viel Zeit mit einem Kind verbracht hatte, und Lily war ganz ohne Zweifel völlig anders, als ich sie mir vorgestellt hatte. Genau wie Mira würde sie mir wohl keine ruhige Minute gönnen, bis wir dieser Kreatur endlich den Garaus gemacht hatten. Das einzig Gute war, dass ich das Gefühl hatte, endlich einen Schritt vorangekommen zu sein. Lily kannte das Auramuster des Wesens. Obwohl es den Körper wechseln mochte, konnten wir es mithilfe des Mädchens immer wieder erkennen. Das glich zwar immer noch der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen, aber immerhin hatten wir jetzt einen Metalldetektor, der uns die Arbeit erleichterte. Ich konnte nur hoffen, dass wir das Ding fangen würden, ohne Lily noch größerer Gefahr auszusetzen.
25
Je näher wir Miras Haus kamen, desto mehr verstärkte sich das ungute Gefühl in meinem Magen. Wir hatten schnell noch etwas Fast Food für Lily besorgt, bevor wir ins Haus zurückgekehrt waren, wo sie sich endlich mal waschen, etwas essen und Schlaf nachholen konnte. Ich brachte sie oben im dritten Stock unter, in der Hoffnung, etwaige Fluchtversuche damit etwas schwieriger zu
Weitere Kostenlose Bücher