Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
gestalten. Aber im Moment schien sie noch ganz zufrieden damit zu sein, sich mitten auf dem riesigen Bett wie eine Katze zusammenzurollen und zu schlafen.
Ein Anruf von Gabriel störte die gemütliche Atmosphäre allerdings. Miras Leibwächter klang überaus gequält, als er verlangte, dass ich auf der Stelle zu ihr kommen sollte, um ihm dabei zu helfen, der Nachtwandlerin etwas Vernunft einzubläuen. Sonst verriet er nichts weiter, außer dass Tristans Leben auf dem Spiel stand.
InAnbetrachtderTatsache,dassdieNaturimichoffenbaraufspürenundverfolgenkonnten,gefielmirderGedankeganzundgarnicht,indasGeheimversteckderFeuermacherinzuspazieren.AußerdemwollteichLilynichtineinederartgefährlicheSituationhineinziehen,abermirbliebkeineandereWahl.Ichkonntesienichtalleinlassen,undsolangeGaizkaihraufden Fersenwar,hieltichesfürbesser,wennsiebeimirbleib,stattwehrlosimHausherumzuhocken.MiramusstedasKindsowiesoirgendwannkennenlernen,undgemeinsamundmitGabrielsUnterstützungkonntenwirLilyauchbesserbeschützen.
Ich parkte den Wagen mit besorgter Miene vor Miras Garage und drehte den Motor ab. Aber ich stieg nicht aus. Stattdessen sah ich zu dem jungen Mädchen neben mir hinüber. Brachte ich das Leben eines Kindes in Gefahr, indem ich es mit hierher nahm? Noch vor wenigen Monaten hätte ich diese Frage ohne zu zögern mit Ja beantwortet. Jetzt konnte ich mir nicht einmal mehr vorstellen, dass Tristan und Mira ihr etwas antun könnten. Hatte ich am Ende doch zu viel Zeit in Gesellschaft von Nachtwandlern verbracht, sodass ich die Gefahr einfach nicht mehr realistisch einschätzen konnte?
»Wer wohnt denn hier?«, fragte Lily, als ihr klar wurde, dass ich zögerte auszusteigen.
»Eine Freundin von mir«, antwortete ich und runzelte die Stirn. Ein anderer Begriff, der Lily beruhigt hätte, fiel mir nicht ein, und ›eine Feindin von mir‹ wäre weder zutreffend noch besonders beruhigend gewesen. »Sie hilft mir dabei, den Mörder zu fassen.«
»Ist sie ein Mensch?«
»Nein.« Ich holte tief Luft und atmete langsam wieder aus. »Mira ist eine Nachtwandlerin. Sie lebt hier zusammen mit Tristan. Sie sind beide Nachtwandler.«
»Sind sie gefährlich?«
Meine finstere Miene entspannte sich zu einem schiefen Lächeln, als ich die Hand auf den Türgriff legte. »Nicht, solange ich da bin«, sagte ich. Jetzt musste Lily auch grinsen.
Als wir auf die Eingangstür zugingen, öffnete sich die Hintertür, und Gabriel winkte uns, dort hineinzukommen. Er ragte bedrohlich über Lily auf und verschränkte die muskulösen Arme. Unter den Augen lagen dunkle Ringe, und seine Schultern schienen von einer unsichtbaren Last gebeugt.
»Besuch passt jetzt eigentlich gar nicht«, sagte Gabriel mit einem verwirrten Seitenblick auf Lily.
»Mira muss sie kennenlernen«, sagte ich bestimmt, als Lily langsamer ging und sie ängstlich hinter mir zurückblieb.
Gabriel trat stirnrunzelnd auf die Veranda und zog die Hintertür fest zu. »Ich sagte doch, es passt jetzt wirklich schlecht«, wiederholte er gedämpft. »Es geht Mira nicht besonders.«
»Wie meinst du das?«, fuhr ich ihn an, ohne meinerseits die Stimme zu senken. »Vampire werden nicht krank.«
»Mira ist aber krank«, sagte Gabriel. Ich überlegte kurz und griff dann nach der Hintertür. »Sie hat mich den ganzen Tag durch die Stadt gescheucht, und als ich endlich wieder da war, konnte sie sich nicht mal mehr erinnern, dass sie mich überhaupt losgeschickt hatte. Ich habe sie beobachtet, wie sie unsichtbare Leute anschreit. Anscheinend hat sie sich mit jemandem namens Nerian gestritten … «
»Nerian?«, fragte ich und spürte einen Stich in der Magengrube.
»Tja, sie hat einfach so drauflosgebrüllt, ohne dass jemand da war. Hat in die leere Luft gezeigt und jemanden angebrüllt, der Nerian hieß. Wer ist denn das?«
»Ein toter Naturi«, sagte ich gepresst und griff nach der Türklinke. Irgendetwas stimmte hier nicht. Nerian war tot. Daran bestand kein Zweifel – sie hatte ihm schon vor Monaten die Kehle herausgerissen und ihn dann in Brand gesteckt. Das alles ergab doch keinen Sinn. Es sei denn, die Naturi hatten einen Weg gefunden, Miras Verstand zu verwirren.
Ich stieß die Tür auf, doch Gabriel legte mir die Hand auf die Schulter und hielt mich zurück. »Sie ist gerade mit Tristan zusammen. Seit über einer Stunde redet sie jetzt schon auf ihn ein. Sie ist völlig außer sich. Ich habe Angst, dass sie … Ich kann da nicht reingehen … « Erschöpft brach er ab.
Gabriel
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