Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
beherrscht hervor.
»Danaus!«, schrie Lily. Sie wollte auf mich und Mira zustürmen, aber Tristan hielt sie unbarmherzig umklammert. Der Nachtwandler verzog keine Miene und starrte stumm vor sich hin. Und tatsächlich nahm er die Welt um sich herum einfach nicht mehr wahr. Er war ganz und gar in Gaizkas Gewalt und konnte nur noch gehorchen.
»Es ist in Ordnung, Lily«, murmelte Mira mit zitternder Stimme. »Alles wird gut.«
Gaizka stand als alte Frau mit gütigem Gesicht vor dem Mädchen. Die Gestalt lächelte Lily an, als könnte sie keiner Fliege etwas zuleide tun. »Mira lügt. Nichts ist in Ordnung. Sie und Danaus stecken in fürchterlichen Schwierigkeiten«, sagte sie leise. »Nur du kannst sie jetzt noch retten. Hilf mir! Gemeinsam sind wir stark genug, um sie zu retten.«
»Nein!«, schrie ich. »Hör nicht auf ihn!«
»Tristan, wehr dich!«, rief Mira. »Du musst dagegen ankämpfen. Lass Lily frei! Sie soll weglaufen!«
Tristan rührte sich keinen Millimeter, blinzelte nicht einmal. In seine Gedanken konnte ich nicht einfach eintauchen, wie bei Mira. Mit diesem Nachtwandler hatte ich keine Verbindung. Zwar spürte ich, wie seine Seele in seinem Körper schwebte, aber das war auch schon alles. Aus Tristan konnte ich Gaizka nicht so leicht verscheuchen, um den Vampir zu befreien.
»Das werde ich nicht tun«, sagte Lily mit bebender Stimme. »Du bist hier der Lügner. Nur deinetwegen sind sie in Schwierigkeiten. Das Problem bist du.« Sie reckte ein wenig das Kinn, obwohl sie am ganzen Körper zu zittern schien, als sie der Kreatur gegenüberstand, die ihr seit Tagen nachstellte.
»Das ist deine letzte Chance, Kindchen«, warnte Gaizka. Die Stimme des Bori wurde härter, tiefer und bedrohlicher.
»Lily, nein!«, schrie Mira.
»Nein«, sagte Lily fest und sah dem Monster direkt in die Augen.
»Wie du willst«, sagte Gaizka und zuckte in der Gestalt der alten Frau mit den Schultern. »Dann habe ich keine Verwendung mehr für dich.« Die Kreatur schwebte ein Stück weg und winkte dann. Tristan packte Lilys Hals fester, riss sie hoch und schleuderte sie gegen die Mauer des Factors Walk. Das Geräusch brechender Knochen und berstender Steine ließ uns den Atem stocken. Lilys regloser Körper fiel zu Boden und blieb verdreht liegen. Eine Blutspur zog sich von dort, wo ihr Kopf gegen die Wand geprallt war, bis hinunter zu ihr. Sie war sofort tot gewesen.
»Nein!«, schrie Mira und brach neben mir in die Knie. Keiner von uns beiden hatte rechtzeitig eingreifen oder sich auch nur vom Fleck rühren können. Ein kurzer Gewaltausbruch, und Lily war tot.
Wutentbrannt hob ich die Hand und deutete auf Tristan, der immer noch nicht die geringste Regung zeigte. Blitzschnell sprang Mira auf, als ich meine Kräfte einsetzen wollte, fiel mir in den Arm und zwang mich zum Abbruch. »Töte ihn nicht! Du darfst ihn nicht töten! Bitte! Er kann doch nichts dafür!«, flehte sie. Zugleich ließ sie ihre eigene Energie in meinen Körper strömen und bahnte sich den Weg in meinen Kopf, sodass mich ihr Flehen auch über diesen Kanal erreichte. Sie war am Boden zerstört und völlig verzweifelt. Ihre Ersatztochter hatte sie bereits verloren. Wenn man ihr nun auch noch den Gefährten nahm, den sie als Bruder und Sohn betrachtete, würde ihr das den Rest geben. »Bitte!«, schluchzte sie, während ihr Tränen übers Gesicht liefen.
Genau in dem Augenblick, in dem ich zögerte, wechselte Gaizka ganz in Tristans Körper. Endlich schien der Nachtwandler aus seiner Totenstarre zu erwachen. »Ich habe euch gewarnt!«, brüllte die Kreatur und trat einen Schritt auf uns zu.
»Und wir werden nicht nachgeben«, knurrte ich. Ich schüttelte Mira ab, hob die Messer auf, die sie hatte fallen lassen, und stürzte mich auf den Nachtwandler. Tristan lächelte nur milde, als ich ihm die beiden Klingen so wuchtig in den Bauch rammte, dass ich ihn an die Wand nagelte. Das Wesen konnte sich nicht mehr bewegen. Das Blut strömte aus Tristans Körper, doch er lachte nur. Hinter mir schrie Mira. Jetzt hatte ich auch noch Tristan tödlich verwundet. Gaizka aber blieb keine Fluchtmöglichkeit mehr. Ich zog ein drittes Messer aus dem Gürtel, bereit, es ihm ins Herz zu stoßen, als das rote Glühen plötzlich aus seinen Augen verschwand. Bittend sah er zu mir auf. Er wusste genau, dass Lily durch seine Hand gestorben war.
»Bitte«, wimmerte er schmerzerfüllt. »Bitte, töte mich!«
Ich zögerte. Ich wollte Tristan nicht umbringen. Als
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