Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
Eingangshalle erhellte. Die Wände waren weiß gestrichen, die Türen und Fußleisten bestanden aus dunklem Mahagoni. Das Gebäude war alt, aber sehr sauber und gut in Schuss. Der Boden war mit winzigen weiß-blauen Keramikfliesen ausgelegt, die sich zu verschlungenen Mustern aus Wirbeln und Blumen formten. Jemand hatte eine Menge Geld in die Renovierung dieses Hauses investiert.
Mira hielt am Fuß der Treppe inne und tastete mit ihren Kräften die Umgebung ab. Der kühle Hauch war nach einer Sekunde wieder verschwunden. Ich ertappte mich dabei, wie ich ebenfalls die Fühler ausstreckte. Inzwischen war es mir zur festen Gewohnheit geworden, mich nach Naturi umzusehen, wenn sie dabei war.
»Und?«, murmelte sie und legte die linke Hand aufs Treppengeländer.
»Nur Menschen«, antwortete ich.
Die Nachtwandlerin nickte und machte sich auf den Weg die Treppe hoch, wobei ihre Linke über das Geländer glitt. Ich folgte ihr. Meine Schritte hallten laut und schwer durch das stille Wohnhaus. Während meiner beiden früheren Aufenthalte in Savannah hatte ich nur wenig Zeit in diesem Stadtteil verbracht. Hier lebten junge Berufstätige, die aber die Nähe der angesagten Bars und Clubs in der Innenstadt suchten. Die Vampire gingen hier gerne auf die Jagd, aber für mich war es gefährlich, sie unter so vielen Menschen zu stellen. Für gewöhnlich wartete ich mit dem Angriff ab, bis sie sich zum Schlafen in die Randbezirke der Stadt zurückgezogen hatten.
Doch jetzt war ein Vampir zu weit gegangen und hatte eine Frau mit einflussreichen Verbindungen getötet. Ein einziger unachtsamer oder grausamer Moment, und schon waren alle in Gefahr aufzufliegen. Jetzt, da die Naturi in den Schatten lauerten, balancierten wir alle auf Messers Schneide und beteten, dass unsere Tarnung wenigstens noch ein paar Jahre länger halten würde.
Natürlich würde der Konvent tun, was er schon seit Jahren tat, und den Schlamassel bereinigen. Die Vampire hatten da so ihre Methoden. Selbst Mira verfügte in der Stadt über einige einflussreiche Freunde.
»Wer war der Mann vor dem Eingang?«, fragte ich und bemühte mich, möglichst leise zu sprechen, als wir auf dem Treppenabsatz im ersten Stock ankamen.
»Daniel Crowley«, antwortete Mira und stapfte weiter voran. »Ermittler beim Morddezernat.«
»Und der hilft dir?«
»Manchmal. Er ruft mich an, wenn ihm irgendwas schräg vorkommt. Dann trödelt er ein bisschen mit dem Papierkram und gewährt mir Einblick in die Polizeiakten. Er gibt mir Gelegenheit, solche Sachen auf meine Art zu bereinigen, bevor die Leute zu viele Fragen stellen.«
»Bezahlst du ihn für diese Informationen?«
Mira wirbelte auf der Treppe herum und funkelte mich wütend an. »Daniel ist kein bestechlicher Bulle, falls du darauf hinauswillst. Er unterscheidet sich nicht groß von dir. Er will die Leute in dieser Stadt beschützen. Ja, ich zahle ihm ein kleines Beraterhonorar. Er hat fünf Töchter, die alle auf Privatschulen gehen. Das kostet.«
»Tut mir leid«, sagte ich und wich ihrem Blick zuerst aus. Für eine Vampirin, die derart viel Wert auf ihre Unabhängigkeit legte, zeigte Mira erstaunlich viel Interesse an erstaunlich vielen Leuten. Aber ich hatte das Gefühl, dass Daniel sich ihren Respekt redlich verdient hatte. Er riskierte Kopf und Kragen, um die Menschen – und Mira – zu beschützen. Was ging es mich an, wenn Mira ihn für diese Mühe entschädigte?
»Danke«, grummelte Mira, drehte sich um und erklomm weiter die Stufen.
Erst als wir im dritten Stock ankamen, meldete sich James zu Wort. »Wie hat er das herausgefunden … alles, meine ich?«
»Seine Schwägerin gehört zum örtlichen Werwolfrudel«, sagte sie mit einem Blick über die Schulter. Ein leicht spöttisches Lächeln umspielte ihre Lippen. »Nur Daniel und sein Bruder wissen von ihrem Doppelleben, aber so ist er auch auf uns andere aufmerksam geworden.«
Diese Verbindung war nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Es war sicher nicht die schönste Erfahrung in Daniel Crowleys Leben gewesen, aber ich bezweifelte, dass er deswegen nachts in kalten Schweiß gebadet und schreiend aufwachte. Die wenigen Menschen, die von der Existenz der Vampire, Lykaner und all der anderen Kreaturen wussten, waren meistens Überlebende, die schreckliche Geschichten von Blut und Qualen zu erzählen hatten – und darüber hinaus schlecht vernarbte Wunden mit sich herumtrugen.
Im obersten Stockwerk blieb ich neben Mira am Treppenabsatz stehen. Im
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