Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
fünften Stock gab es nur zwei Wohnungen. Die auf der linken Seite lag dicht bei der Treppe. Eine Fußmatte mit der Aufschrift Willkommen grüßte den Besucher mit geschwungenen schwarzen Lettern. Außerdem stand in einem Topf neben der dunklen Holztür eine künstliche Palme und trug zur gemütlichen Atmosphäre bei. Die Tür zur rechten Wohnung lag am hinteren Ende des Flurs. Gelbes Absperrband der Polizei war vor dem Eingang gespannt und schreckte allzu neugierige Besucher ab.
»Wie stehen die Chancen, dass die Nachbarn etwas gesehen oder gehört haben?«, fragte Mira zweifelnd und wies auf die Tür zu unserer Rechten.
»So viel Glück haben wir nicht«, sagte ich und verzog das Gesicht. Falls die Nachbarn den Angreifer wirklich gesehen hätten, wären sie jetzt schon nicht mehr am Leben. Es sei denn natürlich, der Täter hatte sowieso die Fähigkeit, Menschen das Gedächtnis zu löschen.
Ich ging vor Mira über den Flur zur anderen Wohnung. Dort streckte ich schon die Hand aus, um das gelbe Band herunterzureißen, als mein Blick auf die Blutspur quer über der Tür fiel. Ich hielt inne. Es war kein erkennbares Symbol, sondern sah aus, als hätte jemand das Blut mit dem Finger auf der lackierten Oberfläche verschmiert.
MiragriffanmirvorbeinachdemAbsperrbandundrissesherunter,wobeisieeinenleisenangewidertenLautausstieß.MitdemSchlüssel,denDanielihrgegebenhatte,sperrtesiedieTüraufundöffnetedieWohnung.Geradewollteichihrfolgen,alssiemirdieHandaufdieBrustlegteundmichzurückhielt.»Was?«,fragteichundkämpftegegendenImpulsan,einenSchrittvorihrerBerührungzurückzuweichen.Nachdem,wasbeidernettenkleinenVampirversammlungpassiertwar,hieltichesfürbesser,wennichkörperlichetwasAbstandvonihrhielt.EinervonunshatteheftigeProblememitderSelbstbeherrschung,unddakonnteetwasDistanzimMomentsichernichtschaden.
»Warte!« Mira atmete langsam und tief durch die Nase und hielt mit geschlossenen Augen die Luft an. Sie brauchte zwar eigentlich keinen Sauerstoff, aber als Vampirin hatte sie übernatürlich scharfe Sinne. Sie prüfte die Gerüche, die in der Luft lagen.
Ich sah hastig weg, als sich beim Luftholen ihre Brüste wölbten, und starrte blicklos in den Raum, während ich vergeblich versuchte, mich auf das Ziel unseres Besuchs in der Wohnung zu konzentrieren. »Riechst du was?«
Mira schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. Sie atmete aus und holte erneut Luft. Diesmal behielt sie sie länger in der Lunge. »Also, irgendetwas ist auf jeden Fall da, aber es ist schwer … es genau zu erfassen. Hier haben sich jede Menge Menschen zu schaffen gemacht und alles durcheinandergebracht. Und noch etwas ist da, nur ein Hauch, aber nichts, was mir schon mal untergekommen wäre.«
»Du meinst also, ein Vampir scheidet als Täter aus.«
»Nein«, knurrte sie und sah mich über die Schulter hinweg abschätzig an. »Aber was ich sagen kann, ist, dass keiner der Nachtwandler, denen wir heute Nacht begegnet sind, in den letzten Tagen hier in der Wohnung gewesen ist. Diese Spur würde mir nicht entgehen.«
Ich lehnte mich mit dem linken Ellbogen an den Türpfosten und strich mir das Haar aus dem Gesicht. »Bringen wir’s hinter uns«, murmelte ich. Ich war mir nicht sicher, was Mira hier zu finden hoffte, nachdem die Polizei bereits alles abgesucht hatte. Andererseits untersuchten wir natürlich auch die Möglichkeit, dass der Angreifer kein Mensch gewesen war.
Der schmale Flur führte in ein großes Wohnzimmer. Die Wände bestanden auch hier aus rotem Mauerwerk und waren mit einer Reihe Schwarz-Weiß-Fotografien geschmückt. Eine Wand wurde ganz von einer Fensterfront eingenommen, durch die man auf die River Street und den Savannah River hinaussehen konnte. In der warmen Luft hing der Duft von Apfel-Zimt-Potpourri.
Die gemütliche Atmosphäre wurde jedoch jäh gestört, als mein Blick auf den mit Klebeband abgezirkelten Umriss der Frau fiel, der die Stelle bezeichnete, wo man sie auf dem moosgrünen Sofa gefunden hatte. Der weiße Vorleger mit Efeumuster war von ihrem Blut bräunlich-rot befleckt. Kupfergeschmack erfüllte meinen Mund.
Langsam ging ich um das Sofa herum, um den Tatort besser in Augenschein nehmen zu können. Eine seltsame Anspannung zog meine Bauchmuskeln zusammen, als ich leise durch die Wohnung ging. Ich hatte schon einige Leichen gesehen, aber es fühlte sich irgendwie merkwürdig an, so durch die Wohnung der Toten zu schleichen, als machte ihre Abwesenheit die Luft drückender. Morde an Menschen untersuchte ich
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