Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
aber ich hatte sie nie berührt. Sie war eine Vampirin; es war meine Aufgabe, sie zu töten, nicht, von Sex mit ihr zu träumen.
Als die Stadt näher kam und wir ins Tal hinabfuhren, schob ich diese Bedenken beiseite. Doch schon dräute ein neuer unheilvoller Gedanke. »Es sah so aus, als wären sämtliche Vampire der Stadt da gewesen.«
Miras Hände packten das Steuerrad fester, und der Wagen beschleunigte, bis er hundertvierzig Stundenkilometer überschritten hatte. Sie senkte das Kinn auf die Brust, sodass ihr das Haar wie ein Vorhang ums Gesicht fiel und ihre Miene verbarg. »Fast.«
Fast . Tristan, ihr geliebter Schutzbefohlener und Familienmitglied, hatte bei der Versammlung gefehlt.
11
Auf der Bay Street suchte sich Mira eine Parklücke wenige Häuserblocks von der Bull Street und dem Rathaus entfernt, während ich James anrief, um ihm mitzuteilen, wo er sich mit uns treffen sollte. Als sie den Motor abdrehte, griff Mira nach unten und zog an einem Hebel, der den Kofferraum aufspringen ließ. Wir stiegen gleichzeitig aus und gingen um das Fahrzeug herum. Da ich wusste, dass Mira etwas altmodische Vorbehalte gegen Feuerwaffen hatte, rechnete ich eigentlich damit, dass mich im Licht der Straßenlaternen eine Auswahl an Messern, Dolchen und Schwertern anfunkeln würde. Doch als Mira die schwarze Ledertasche öffnete, die ganz hinten im Kofferraum verstaut war, sah ich nichts als Klamotten.
Ich warf ihr einen verwirrten Blick zu, beugte mich vor und zog ein paar Kleidungsstücke heraus, nur um auf noch mehr Klamotten zu stoßen. Die Nachtwandlerin gab mir lächelnd einen Klaps auf die Hand und fuhr dann fort, sich das Hemd in die Jeans zu stopfen. »Wir können hier nicht herumrennen wie die letzten Schlägertypen«, flachste sie. Sie rollte sich die Ärmel hoch und zog ein paar Messerscheiden aus der Seitentasche des Klamottensacks, die sich am Handgelenk befestigen ließen. Sie legte sie an und zog die Ärmel wieder runter. Außerdem befestigte sie eine Messerscheide an ihrem Gürtel und schob sie nach hinten ins Kreuz. All ihre Klingen waren klein und leicht; gut als Wurfmesser oder für den Nahkampf geeignet. Nachdem sie sich die Kleider geordnet hatte, streifte sie ein schwarzes Jackett über, knöpfte es aber nicht zu.
»Die Menschen glauben das, was du ihnen einflüsterst, sehr viel eher, wenn es zu dem passt, was sie sehen«, erklärte Mira. »Und jetzt will ich, dass sie uns für Ermittler der örtlichen Polizei halten.«
Miras Klamotten hatten sicher mehr gekostet, als die meisten Polizisten im Monat verdienten, aber sie sah jetzt tatsächlich seriöser aus als sonst. Ich trug allerdings immer noch die üblichen schwarzen Baumwollhosen, einen Rollkragenpullover und abgelatschte schwarze Stiefel.
Als sie den Kofferraum wieder zumachte, tauchte James auf. Seine Wangen waren vom raschen Lauf vom nahe gelegenen Hotel hierher gerötet. »Ist alles gut gegangen?«, erkundigte er sich und strich sich das Haar aus dem Gesicht.
»Alles klar«, antwortete ich bestimmt, woraufhin Mira leise lachte. Wenn ich Glück hatte, würde das, was in jenem Haus geschehen war, nie wieder zur Sprache kommen. Denn darüber, was mein Verhalten dort bedeuten könnte, wollte ich mir während einer Mordermittlung lieber keine Gedanken machen – am liebsten eigentlich nie.
Als wir marschbereit waren, folgten wir Mira eine dunkle Steintreppe hinunter zu einer tiefer gelegenen Straße namens Factors Walk. River Street war nur noch einen Häuserblock entfernt, auf gleicher Höhe mit dem Fluss, während die Bay Street etwas oberhalb der River Street verlief. Dort hatte ich zuvor die kurze Begegnung mit dem jungen Mädchen gehabt. Ich sah mich rasch um und stellte fest, dass sie im Moment nirgendwo zu entdecken war.
Die breite Durchgangsstraße war in Dunkelheit getaucht, denn das Licht der Straßenlaternen auf der Bay Street reichte nicht bis zum Factors Walk. Zwar waren einige der Hauseingänge beleuchtet, aber die trüben Lampen drangen kaum durch die dichte Finsternis. Unsere Schritte hallten über den Schotter und brachen sich an den Mauern und Häuserfassaden ringsum.
In einem der Hauseingänge stand ein Mann, der sich mit dem Rücken an die Wand drückte, sodass er uns gut beobachten konnte. Er paffte nachdenklich eine Zigarette und kniff die Augen zusammen, sodass sich das Netzwerk aus Fältchen, das sein Gesicht furchte, noch weiter vertiefte. Seine grauen Hosen und das weiße Hemd waren zerknittert und halb unter
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