Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
ein anderes Sein gewählt und folgen ihrer Bestimmung.«
»Und wohin geht ihr, wenn ihr sterbt? Nicht auf die Goldenen Steppen?«
»Nein. Wir werden nicht wiedergeboren. Unsere Wahl.«
»Und wir Menschen?«
»Das kann ich dir nicht sagen, Finn. Das ist deine Welt.«
»Oh, mhm. Na gut. Wär ja auch zu schön, wenn es darauf eine Antwort gäbe. Was passiert, wenn man sich in den Grauen Wäldern verirrt?«
»Dann helfen einem – hoffentlich – unsere Pfadfinder, wieder zurückzufinden. Auch das ist eine der Aufgaben, die wir übernommen haben. Du musst wissen, dass die Grauen Wälder auch der Ort der Verbannung sind. Jene, die ein Verbrechen begangen haben, verlieren ihren Namen und müssen dort verweilen, bis sie ihre Strafe abgebüßt haben. Dann bringt auch sie einer der Pfadfinder zurück.«
»Also ist es eigentlich nicht sonderlich gefährlich dort.«
»Doch. Denn in den Grauen Wäldern hat sich auch der Schwarze Sumpf gebildet.«
»Hört sich ekelig an.«
»Ist es auch. Am Rande der Goldenen Steppen fließt der Helle Bach. Von dem trinken die Katzengeborenen und durchwaten ihn, um sich von ihren Erinnerungen zu reinigen. Alle Schmerzen und Qualen spült dieser Bach in jenen Sumpf. Dort werden sie irgendwie umgewandelt, sagt man.«
»Eine Klärgrube, sozusagen.«
»Ja, sozusagen.«
»In die man besser nicht reintappt, vermute ich.«
»Richtig. Weshalb sie bewacht wird.«
»Bist du schon mal da gewesen?«
»Oh, nein. Und wenn ich es irgendwie vermeiden kann, werde ich nicht einmal in die Nähe kommen.« Nefer gähnte und räkelte sich. Sem war inzwischen eingeschlafen, und er verspürte auch eine gewisse Müdigkeit. »Ruhen wir jetzt ein bisschen. Du hast genug Stoff zum Nachdenken, Finn.«
»Das kannst du wohl sagen.« Und er rollte sich zusammen. Nefer rückte näher an ihn heran und legte seinen Schwanz um ihn herum.
»Hey, Nefer.«
»Mhm?«
»Danke.«
»Da nicht für.«
40. Das Ankh wird gefunden
Feli saß neben Anat und verspeiste Himbeeren. Große, köstliche, reife Himbeeren, die in großen Mengen am Rand des kleinen Wäldchens wuchsen. Anat hatte sich zu einem Kringel zusammengerollt und hielt einen satten Verdauungsschlaf. Che-Nupet hingegen tobte auf der Wiese herum. Es war höchst possierlich. Sie lauerte geduckt im Gras, sprang dann plötzlich mit allen vier Beinen gleichzeitig in die Luft, hetzte wild im Kreis herum. Sprang dann wieder hoch, machte einen Buckel, peitschte mit dem Schwanz, wirbelte herum und raste erneut los.
»Was macht die da nur?«, fragte Feli leise.
Anat blinzelte mit einem Auge.
»Kaninchen jagen.«
»Ah so.«
Ein letzter, gewaltiger Satz, ein heftiges Scharren im Gras, dann schlenderte Che-Nupet gemächlich zu ihr zurück. Ohne Beute.
»Ist dir das Kaninchen entwischt, Che-Nupet?«
In Gegenwart anderer Katzen, hatte Feli beschlossen, würde sie Schnuppel nur noch mit ihrem korrekten Namen anreden, da dieser Kosename offensichtlich Irritationen verursachte.
»Nö, hab nur geübt.«
»Nur geübt?«
»Ja, ist besser. Ist gut gegen Hunger, ne? Wenn man gejagt hat, glaubt der Bauch, dass man satt ist.«
»Prima Diät. Solltest du dir patentieren lassen.«
»Weiß nicht. Kann nicht jeder mit.«
Feli lachte.
»Nein, ich zum Beispiel nicht. Wenn ich Hunger habe, brauch ich richtig was zu essen.«
»Muss ich auf meine Figur achten.«
Feli stand auf und legte der rotbraunen Katze den Arm um den Nacken. Und leise flüsterte sie ihr ins Ohr: »Du hast so eine gute Figur, Schnuppel. Du musst nicht immer hungrig sein.«
Waldseegrüne Augen sahen sie an.
»Doch, Feli. Ich muss. Mein Stoffwechsel ist grässlich. Darf ich nur essen, wenn ich viel Energie verbrauche.«
Feli ging ein Licht auf. Sie sah die dampfende Che-Nupet vor sich, die sich in dem Bach nach dem Kampf mit den Panthern abkühlte. Und dann sah sie die unsagbar ruhige Katze vor sich, die Schmetterlinge auf ihre Nase lockte. Irgendwas war tatsächlich anders an ihrem Stoffwechsel.
»Ich glaube, ich verstehe ein bisschen.«
»Ja, das tust du.« Und vertrauensvoll rieb Che-Nupet ihren Kopf an Felis Bauch. »Freundin«, schnurrte sie.
Feli kniete nieder, sodass sie auf Augenhöhe mit ihr war. Sie umfasste das pelzige Katzengesicht und drückte dann leicht ihre Nase an die braune.
»Freundin«, bestätigte sie.
Che-Nupets Augen zogen sie plötzlich in ihren Bann. Waldseegrün leuchteten sie, doch das Grün wandelte sich. Goldene Flecken tanzten darin, verwirbelten und wurden zu
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