Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
Führung diesen Bereich passieren können. Was ihn aber zu einer weiteren Frage brachte, die Nefer, der mit zuckendem Schwanz neben ihm lag, betraf. Er kannte seinen kätzischen Freund inzwischen gut genug, um dessen Unruhe zu spüren.
»Amun Hab, warum kann Nefer nicht mit uns kommen und seine Aufgabe beenden? Dann hätte er doch seine Prüfung bestanden, oder?«
»Unsere Regeln sind sehr eindeutig, Finn«, beschied ihm Imhotep. »Die Aufgabe ist innerhalb einer vorgegebenen Frist zu erledigen.«
»Aber hier könnte man Höhere Gewalt geltend machen.«
»Willst du nicht doch Jurist werden, Finn?«, fragte Felina.
»Nein, aber ich finde das ungerecht.«
»Sind alle Jungmenschen gegenüber Weiseren und Älteren so vorlaut?«, fragte Mafed.
Wieder, immer wieder wurde er klein gemacht. Immer dasselbe. Mal war er zu blöd, weil er ein Mann war, mal zu vorlaut, weil er zu jung war, dann wieder zu dämlich, weil er kein richtiger Kater war …
»Ist mutig von Finn, ne?«
Feli kicherte und stimmte Che-Nupet zu.
»Ist es auch. Ich finde auch, Nefer sollte eine zweite Chance bekommen.«
Jetzt wurde Finn richtig heiß in seinem Pelz. Er schwankte zwischen Freude, dass die beiden zu ihm standen, und Verdruss, dass es wieder die Frauen waren, die ihm aus der Patsche halfen.
Es war der Weise, der wieder das Wort ergriff.
»Halb gelöst hast du deine selbst gewählte Aufgabe, Nefer. Ich gebe zu, die Umstände sind bedeutend komplizierter geworden als erwartet. Ich denke, wir können eine Ausnahme von der Regel gewähren. Du wirst nach einem Jahr eine zweite Möglichkeit haben, dich der Prüfung zu stellen.«
»Ja. Ja, danke.«
»Und nun ist die Versammlung aufgehoben.«
Imhotep und Mafed sprangen vom Ratsfelsen, Felina kletterte über Che-Nupets Rücken nach unten, und Finn wollte auch gerade einen Satz nach unten machen, als er sah, wie Amun Hab Nefer einen Schubs mit der Nase gab.
»Versemmel es dann nicht wieder, Sohn«, grummelte er.
»Ich versuch’s, Papa.«
Papa? Großer Gott, der Weise war Nefers Vater.
46. Die Goldenen Steppen
Nefer und Finn waren zu den heißen Quellen am Halbmondplateau aufgebrochen, Felina verbrachte ein paar sehr friedliche Tage mit Anat, die eine wunderbar ausgeglichene Katze war und gerne über das kätzische Heilwesen redete. Bei manchen Behandlungen durfte Feli zusehen, oft streifte Anat mit ihr durch das Laubental und machte sie auf die verschiedenen Kräuter aufmerksam, die sie verwendete.
»Katzenminze macht uns glücklich«, sagte sie. »Und Baldrian verrückt.«
»Ja, das weiß sogar ich schon.«
»Gut. Hier siehst du einige Grassorten, die unsere Verdauung anregen. An Dill knabbern wir gerne, wenn uns etwas schwer im Magen liegt, und das Zeug da ist gut bei Würmern.«
Feli hatte ein kleines Heft und einen Bleistift mitgenommen und machte sich nun Zeichnungen und Notizen.
»Du wirst nicht alles davon in deiner Welt finden. Dieses Kraut hier zum Beispiel wächst bei euch nicht.« Anat wies auf eine Pflanze mit gefiederten Blättern und kleinen, rosigen Blüten. »Wir Kätzinnen fressen es, wenn wir uns rollig fühlen, um nicht trächtig zu werden.«
»Geschickt. Wir haben Pillen zu diesem Zweck. Ich habe mich schon gewundert, dass es so wenig Kleinkatzen bei euch gibt.«
»Wir werden ziemlich alt, Feli. Und wir versuchen, die Bevölkerung unseres Landes etwa gleich zu halten. Das ist die beste Methode dafür.«
»Mhm, ja, besser, als sich gegenseitig umzubringen.«
»Oder Hungersnöte und Seuchen.«
Neben den Kräutern und den Bürstenmassagen mit der Zunge entlang den Energiebahnen im Körper beeindruckte Feli aber eine ganz besondere Therapie.
»Schnurren, Felina, ist unser wichtigstes Heilmittel.«
»Schnurren? Ich dachte, das macht ihr nur, wenn ihr euch wohlfühlt.«
»Na sicher. Denk doch mal nach.«
»Oh – ja sicher. Wenn man sich schlecht fühlt, schnurrt man, damit man sich wieder besser fühlt.«
»Zum Beispiel. Es gibt aber unterschiedliche Arten des Schnurrens, und die solltest du versuchen auseinanderzuhalten. Vielleicht kannst sogar du die eine oder andere Art lernen.«
»Ja, das wäre natürlich unheimlich nützlich.«
Und so lernte sie Schnurren gegen Schmerzen, Schnurren als Geburtshilfe, Schnurren zur Wundheilung, Schnurren zum Knochenaufbau, Schnurren zum Einschlafen und Schnurren gegen böse Träume zu unterscheiden. Und sie schnurrte auch selbst.
»Du hast Talent dafür, Felina. Es wird dir helfen, wenn du die Katzengeborenen
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