Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
geraten war, sich gezwungen sah, seine wahren Fähigkeiten einzusetzen, hatte sein Gegner sich geschlagen gegeben. Eigentlich, so grinste Nefer in sich hinein, hatte er nur seinen Schatten ein wenig vergrößert. Aber das konnte schon recht bedrohlich wirken, wenn man damit nicht rechnete.
Kurzum, Silvester hatte aufgegeben, und er hatte Gnade walten lassen. Anschließend waren sie ins Gespräch gekommen, und das sich endlich als fruchtbar erwies. Der Kater hatte mit Majestät gesprochen. Nefer atmete heimlich auf. Majestät schien unverletzt und wartete ganz offensichtlich auf Hilfe. Und wenn Silvester auch nicht klar war, dass sie und er selbst Trefélingeborene waren, so hatte er doch ihre Überlegenheit anerkannt. Das Geschehen am Dolmen zum Zeitpunkt des Übergangs hatte er leider nicht beobachtet, aber seine Gefährtin war in der Nähe gewesen. Von ihr schließlich hörte Nefer etwas über die vier Menschen, die in jener Nacht Krawall am Hügelgrab veranstaltet hatten. Sein Verdacht war also richtig – Majestät war von ihnen angegriffen worden, hatte sich zwar befreien können, doch das Ankh war dabei verloren gegangen. Einer der Menschen musste es an sich genommen haben, denn sonst hätte sie es mit großer Sicherheit gefunden. Mit ihm hätte sie jederzeit und in jeder Gestalt nach Trefélin zurückkehren können.
Die Spur eines dieser Menschen hatte Nefer möglicherweise auch schon gefunden, denn angeblich hatte einer der Rüpel vor ein paar Tagen die Farbe von den Steinen der Übergangsstelle entfernt. Seine Witterung war noch deutlich wahrzunehmen, und Nefer hatte sich, als seine Muskeln und Gelenke nicht mehr von der Rauferei schmerzten, auf den Weg gemacht, sie zu verfolgen. Sie führte, wie nicht anders zu erwarten, in die menschliche Ansiedlung und hier in ein Haus mit Garten, der recht gute Verstecke bot. Und die eine oder andere Maus.
Nefer beobachtete also das Geschehen im Haus. Ein auf die Beschreibung passender junger Mann lebte dort, ein Mädchen und eine Frau, vermutlich die Mutter der beiden. Der junge Mann wurde Finn gerufen und schien zumindest die Reviergrenzen zu verteidigen, denn einen Eindringling hatte er recht wirkungsvoll davongescheucht. Am nächsten Tag aber war er mit höchst grimmigem Gesicht auf seinen Roller gestiegen und davongeknattert. Von seinem Posten oben in einem Apfelbaum hatte Nefer jedoch gemeint, für einen kurzen Augenblick etwas Silbernes am Hals des jungen Mannes aufblitzen zu sehen.
Dieser Umstand war der näheren Untersuchung wert, und er hatte auch schon einen Einschlupf in das Haus ausgemacht, um die nähere Umgebung des Jungen zu untersuchen, doch dummerweise kam der Kerl nicht wieder zurück. Drei Tage hatte Nefer gewartet, dann fand er es an der Zeit, sich wieder um seine Begleiter zu kümmern.
Etwas mühselig war es, den Weg zu diesem Gebäude zu finden, das man Krankenhaus nannte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als menschliche Gestalt anzunehmen. Wobei er das aber weitaus geschickter anstellte als die Jungkater. Er hatte den Einschlupf durch das Kellerfenster genutzt, sich in Finns Zimmer geschlichen, als das Haus leer war, hatte sich an dessen Kleidern bedient und sich dann so unauffällig wie möglich zu dem Krankenhaus durchgefragt und dort durch Schmeicheleien bei den anwesenden Frauen auch herausgefunden, wo er Sem, Pepi und Ani finden konnte.
Niemand nahm Anstoß an seinem Benehmen, also musste er die Menschen wohl recht gut nachahmen können.
Es gelang ihm, seine Begleiter in einer Abteilung aufzustöbern, die sich Wohnstation nannte. Sie empfingen ihn in äußerst gedämpfter Stimmung, trugen allerdings inzwischen passendere Kleider, so wie er auch – Jeans, Sweatshirts und sogar Schuhe an den Füßen.
»Das war vielleicht eine mäuseschissige Sache hier«, erzählte Ani. »Die haben wirklich ihre blöden Medikamente an uns ausprobiert. Die wollten, dass wir uns nicht mehr richtig bewegen konnten. Sem konnte plötzlich nur noch trippeln, und Pepi kriegte Knoten in die Zunge. Mir hat’s aber nichts ausgemacht. Na, wir haben uns eben so friedlich wie möglich verhalten.«
»Öhm – nachdem dich drei Pfleger ans Bett gefesselt haben, Ani!«
»Na, du konntest doch nichts anderes mehr als dumm herumhoppeln, und Pepi lallte nur noch.« Ani grinste. »Wenn ich gewollt hätte, hätten anschließend die drei Männer zusammengeschnürt auf dem Bett gelegen.«
»Und euch hätten sie in einen dunklen Kerker geworfen«, knurrte
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