Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
hatte gepetzt.
Finn war also mal wieder der Stoffel, der Schlägertyp, der unzivilisierte Rabauke, der undankbare Sohn vor allem. Sein Charakter hing in Fetzen von dem Stuhl, auf dem er zusammengesunken saß und die verbale Auspeitschung über sich ergehen ließ.
Bis es ihm zu viel wurde und er seine Rechte einforderte. Wozu vor allem die Frage des Motorradführerscheins gehörte. Dieses Ansinnen wurde wieder einmal rigoros abgelehnt, Hinweise auf Volljährigkeit mit mangelndem persönlichem Einkommen niedergebügelt und noch einmal die Anweisung, einen anständigen Ferienjob in der juristischen Abteilung anzunehmen, nachdrücklich geäußert.
»Nein, nein, und noch mal nein. Nein, Mutter.«
»Und nenn mich nicht ständig Mutter!«
»Meinst du denn, dein Georgie wüsste nicht, dass du zehn Jahre älter bist als er? Nur weil du dich aufbrezelst wie meine Schwester? Mann, du bist über vierzig!«
Das war dann auch voll unter der Gürtellinie, und die Angelegenheit eskalierte. Sie eskalierte so weit, dass Finn schließlich weiß vor Wut aufstand und mit für ihn selbst überraschend kühlem Ton sagte: »Ich gehe. Wenn ich mir mein Geld schon selbst verdienen soll, dann werde ich das auch tun. Es gibt genügend Jobs, wenn man sich nicht scheut, sich die Finger dreckig zu machen.«
Damit verließ er das Wohnzimmer und stürmte nach oben. Hier packte er seinen Rucksack, und als Kristin vorsichtig die Tür öffnete, knurrte er sie nur an.
»Ist ja gut, Finn. Sie nervt. Aber du kannst mich doch nicht mit ihr alleine lassen.«
»Kann ich doch. Du wirst schon mit ihr fertig.«
Seine Schwester ließ sich auf seinem Bett nieder.
»Nimm mich mit.«
Es klang so flehentlich, dass Finn im Packen innehielt und sich zu ihr setzte. Er legte ihr den Arm um die Schulter und drückte sie kurz an sich.
»Du hast deine Freundinnen, Kris. Bei denen kannst du deinen Frust abladen, wenn es dick kommt. Ich hab niemanden.«
»Du lässt ja auch keinen an dich ran.«
»Ja, kann sein. Vielleicht muss ich gerade deshalb weg.«
»Wie Papa?«
»Fängst du jetzt auch noch damit an?«
»’tschuldigung, das war echt Scheiße. Nein. So bist du nicht.«
Und dann zupfte sie an dem Lederbändchen an seinem Hals.
»Hat Feli dir das zurückgegeben?«
»Was? Oh – nein. Ich dachte, sie hätte es dir gegeben. Es lag auf deinem Nachttisch.«
»Oh«, Kristin lachte. »Nein, nein, sie hat ihrs behalten. Ich glaube, sie fand das eigentlich ganz nett von dir. Aber ich wollte auch so ein Ankh haben. Ich hab es bei Bijou gekauft. Aber – Finn, wenn du schon gehst, dann behalte es.«
Finn war gerührt. Er streichelte seine Schwester und kniff ihr dann in die Nase.
»Du, ich geh ja nicht für immer. Nur ein paar Wochen. Um – ach, ich weiß nicht. Irgendwie, um herauszufinden, ob ich vielleicht doch ein Mann bin.«
»Mhm. Gut. Sagst du mir, wo ich dich finden kann? Ich meine, nur so zur Not. Ich schwöre auch, dass ich es niemandem weitersage.«
Seine Schwester mochte ihre Fehler haben und manchmal auch ein bisschen überdreht sein, aber verlassen konnte er sich auf sie.
»Ich denke, ich suche mir einen Job als Erntehelfer. Erdbeeren pflücken kann ja nicht so schwer sein.«
»Gute Idee. Vor allem darfst du davon vermutlich so viele essen, bis du platzt.«
Finn grinste schief. »Ich fürchte, nach einer Woche werde ich eine lebenslange Aversion gegen Erdbeeren entwickelt haben. Aber wahrscheinlich brauche ich das jetzt mal.«
»Dann mach hinne.«
Sie gab ihm einen Schmatz und ließ ihn alleine.
Am nächsten Morgen, als Nerissa aus dem Haus war, schwang Finn sich auf seinen Roller, um die Welt der Erdbeeren zu erobern.
Sein Wunsch, herauszufinden, ob er ein Mann war, sollte in Erfüllung gehen. Allerdings auf höchst befremdliche Weise.
14. Erfolgreiche Spurensuche
Nefer leckte sich die verschorften Kratzer. Der Kampf mit dem Waldkater hatte Spuren hinterlassen. Allerdings nicht nur bei ihm. Dieser Silvester war ein harter Gegner gewesen, rau, stark, schnell. Nefer jedoch war geübter und gewandter – drei Jahre unter Hauptmann Anhor an den Grenzen zu den Witterlanden und dem Kratzforst hatten ihn etliche weit härtere Scharmützel bestehen lassen.
Die Wunden, die die scharfen Krallen des Waldkaters hinterlassen hatten, würden heilen, das Fell die Narben bedecken. Es war kein Kampf auf Leben und Tod gewesen, das wussten sie beide. Und als Nefer, der, weil er sich auf fremdem Territorium befand, allmählich in Bedrängnis
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