Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
den anderen Gebieten gedeihen. Na ja, in den warmen Gegenden wie dem Schleichwald wachsen auch noch ein paar andere, aber sie brauchen das feuchtwarme Klima dort. Hier würden sie eingehen.«
»Jemand könnte sie mitgebracht haben. Oder ein Beutetier hat sie gefressen.«
»Man riecht es. Du weißt selbst, dass du dann die Pfoten davon lässt.«
»Wer von den Kätzinnen wird vermisst, Sarapis? Hatte sie vielleicht zu großen Hunger, oder hat sie ihren Geruchssinn eingebüßt?«
»Alles Möglichkeiten. Ich werde umhören lassen, wer sie sein könnte. Beschreib mir die Tote.«
Nefer hatte es getan, so gut es eben noch möglich war, aber Grautigerinnen gab es viele unter den fel’Landa. Bis heute hatte niemand sagen können, wer sie war. Noch weniger, warum sie einsam in der Heide gestorben war.
Der Mond war langsam zum Horizont gewandert, und der Himmel färbte sich blassblau. Bald würde die Sonne aufgehen und ein warmer Frühsommertag auch die weiter in der Ebene wachsenden Heidekräuter zum Erblühen bringen. In der Ferne bemerkte Nefer eine Gruppe Katzen, die die Morgendämmerung für die Jagd nutzten. Er selbst hatte am Abend zuvor gejagt und fühlte sich noch immer gesättigt. Wildreich waren die Witterlande, und die fetten Birkhühner waren wirklich sehr schmackhaft.
Als ihn die ersten Sonnenstrahlen trafen, reckte Nefer sich, sprang von seinem Liegeplatz und machte sich auf den Weg zu Sarapis’ Höhle. Ein Trüppchen Grenzwächter hielt ihn eine Weile auf, dann wanderte er weiter gen Westen entlang eines spärlich plätschernden Bächleins. Noch kannte er sich auf den Wegen der Witterlande nicht so gut aus, dass er den Pfotenspuren folgen konnte, er nutzte lieber die Wegmarken, die ihm die Richtung wiesen. Wie beispielsweise Wasserläufe und markante Gesteinsformen oder auch Bäume. Der spitz aufragende Fels, der ihn an den Roc’h Nadoz erinnerte, jedoch lange nicht so hoch war, lag vor ihm, und Sarapis’ Heim befand sich nur wenige Katzensprünge nördlich davon.
Schon wärmte die Sonne in seinem Rücken ihm das Fell, und er machte Halt, um einige Schlucke Wasser zu trinken. Es schmeckte frisch und ein wenig kalkhaltig. Zwei Fische entkamen seinen Krallen nicht. Er putzte sich sorgfältig Schnauze und Bart und wollte weitertraben, als ihn in einer aufkommenden Brise ein ungewohnter Geruch anwehte.
Nefer hob die Nase.
Da war sie wieder, die unbekannte Witterung.
Wie eine Warnung stellten sich seine Rückenhaare auf.
Intensiver war sie als jene, die er an der toten Kätzin wahrgenommen hatte.
Er versuchte, die Richtung herauszufinden, aus der der Geruch geweht kam, und machte sich dann auf leisen Pfoten daran, sich anzuschleichen.
Lange brauchte Nefer nicht. Schon nach kurzer Zeit erkannte er vor einem blühenden Strauchwerk eine liegende Katzengestalt. Sorgfältig suchte er mit allen Sinnen die Umgebung ab. Kein Geräusch, das bedrohlich schien, keine Bewegungen, die unnatürlich waren. Kein anderer Geruch, außer dem, der seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Auch seine Schnurrhaare nahmen keine ungewöhnlichen Vibrationen auf.
Sehr vorsichtig ging er näher. Er erreichte den Grautiger mit den weißen Pfoten, der still und stumm auf der Seite lag. Sacht berührte er dessen Nase mit der seinen.
Kein Atem mehr.
Doch das Fell war noch warm, der Körper noch nicht steif. Lange konnte der Kater nicht tot sein. Mit angespanntesten Sinnen umkreiste Nefer ihn. Da, eine Spur! Er beschnüffelte sie. Sie gehörte zu dem Toten, er hatte sich offenbar bis hierhin schleppen können. Mühsam, taumelnd. Doch Blut hatte er nicht verloren.
Höchst seltsam.
Nefer verfolgte die Fährte nicht weiter, sondern untersuchte noch einmal den Leichnam. Keine sichtbaren Verletzungen. Auch als er an seinem Maul flehmte, konnte er keine Spur von etwas Giftigem erkennen. Erst als er ihn vorsichtig bewegte und auf die andere Seite legte, fiel ihm die linke Vorderpfote auf. Sie schien dicker zu sein als die andere. Und sie verströmte diesen unangenehmen Geruch. Nefer verfluchte zum ersten Mal die Tatsache, dass er nur über ein gesundes Auge verfügte. Mit beiden hätte er sicher mehr erkennen können. Kurz erwog er, über die Stelle zu lecken, aber dann siegte die Vorsicht. Besser, er schickte eine der Heilerinnen der fel’Landa her, damit sie sich die Pfote ansehen konnte.
Noch einmal berührte er die Nase des Toten mit der seinen und schickte dessen Seele einen letzten Gruß, dann lief er in weiten Sprüngen auf
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