Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
Sarapis’ Höhle zu.
10. Kopftuch und ein Kämpfchen
Ihre Tante hatte Bedenken geäußert, als Feli ihr mitgeteilt hatte, dass sie die Katze einer Freundin für einen Monat bei sich aufnehmen wollte.
»Warum kann sie sie nicht in die Katzenpension bringen?«, hatte sie gemurrt und Che-Nupet kritisch beäugt. »Was ist, wenn sie dir wegläuft? Oder sich mit dieser grässlichen Chip von nebenan prügelt? Was ist mit Pu-Shen? Du sagst doch immer, Katzen lassen keine anderen in ihr Revier. Nicht, dass er anfängt zu markieren oder die Möbel zu zerkratzen.«
»Pu-Shen hat nichts gegen sie. Und mit Chip wird sie schon klarkommen. Ich pass auf, dass sie nicht wegläuft. Bitte, Iris. Sie ist so eine liebe Katze.«
»Lieb, ja? Bisschen blöd, ne? Und ganz faul, ne!«, hatte Che-Nupet leise geflüstert, sich auf den Rücken gedreht und schnurrend alle vier Beine weit ausgestreckt. Feli war kurz davor aufzulachen. Ja, Che-Nupet konnte lieb, blöd und faul sein. Iris hatte den lebenden Bettvorleger gemustert und schließlich auch gegrinst.
»Du sammelst seltsame Tiere auf, Feli. Na gut, dann soll sie hierbleiben.«
Damit war das erledigt.
Was noch zu klären blieb, war Che-Nupets Weigerung, das Haus zu verlassen.
»Warum gehst du nicht mal mit Pu-Shen in den Garten?«, hatte Feli am Abend nach ihrer Ankunft gefragt. »Er ist zwar auch ein kleiner Schisserkater, aber wenigstens da dreht er seine Runden. Es ist ganz ungefährlich: keine Autos, keine Hunde, keine bösartigen Menschen.«
»Möchte drinbleiben.«
»Ja, aber … willst du gar nicht wissen, wie es in dieser Welt so zugeht?«
»Weiß ich.«
»Weißt du? Ich dachte …«
»Kannst du nicht wissen, ne. Weiß auch die Königin nicht.«
Che-Nupet lag auf dem Kopfkissen zusammengerollt und blinzelte träge in das Lampenlicht.
Feli setzte sich zu ihr und kraulte ihr ein bisschen den Nacken. Und überlegte. Che-Nupet hatte eine besondere Aufgabe übernommen, das war ihr bekannt. In dem Bereich zwischen dieser Welt und Trefélin breitete sich ein Waldgebiet aus, das im ewigen Zwielicht lag. Sie hatte es selbst betreten und die Gefahren kennengelernt, die jedem, der sich da hineinbegab, drohten. Verirren war dabei noch die geringste. In den Grauen Wäldern aber war Che-Nupet die Wächterin an dem Ausgangsfelsen in Trefélin. Sie war es auch, die die unsichtbaren Pfade durch den Nebel kannte und die Stellen, an denen das unsagbare Böse lauerte.
Felis Hand blieb in dem warmen Katzenfell liegen, und ihre Zungenspitze stahl sich in ihren Mundwinkel.
Che-Nupet kannte vermutlich nicht nur alle Wege in den Grauen Wäldern, sondern auch alle Ausgänge in die Welt der Menschen. Wahrscheinlich hatte sie sich hier tatsächlich schon umgesehen. Heimlich, ohne das Wissen der Königin.
»Machst du Schlupp, ja?«
Feli zwinkerte irritiert. Che-Nupet streckte die Zunge aus dem Mäulchen und zog sie zurück.
Schlupp.
Feli zog ihre Zungenspitze ebenfalls zurück.
»Ist gut, wenn man nachdenkt und blöd aussehen will. Bist du aber nicht blöd, ne. Weißt du jetzt, ja?«
»Ähm – ja. Ich glaube. Du warst schon oft hier, nicht wahr? Früher, vor vielen Jahren.«
»War ich. War neugierig.« Che-Nupet kicherte. »Wie Katze, ne?«
»Auch seit Finn und ich Trefélin verlassen haben?«
»Nein. Musste ich aufräumen. Helfen, alle Namenlosen zurückbringen.«
»Alle?«
»Einen nicht, weißt du? Den, den wir gefangen haben, der wird nicht begnadigt.«
»Und Shepsi?«
»Ist verschwunden. Ärgert mich, ne.«
»Hast du Angst, dass er hier ist? Willst du deswegen nicht rausgehen?«
»Hab ich keine Angst vor ihm.«
»Aber wovor hast du Angst?«
Che-Nupet knetete das Kissen unter ihren Pfoten. Ein Zeichen von Verlegenheit, dachte Feli und kraulte sie wieder. Seltsam, Che-Nupet war also schon oft in der Menschenwelt gewesen, aber auf Bastet Merits Geheiß war sie offenbar nur sehr widerwillig hergekommen. Angst hatte sie vermutlich wirklich nicht, sie war ausnehmend mutig, wenn es darauf ankam. Feli erinnerte sich an den Angriff von drei Panthern, der dramatisch verlaufen war. Als Che-Nupet die Raubkatzen buchstäblich in der Luft zerrissen hatte, war sie anschließend in einen Bach gesprungen, und das Wasser um sie herum war beinahe verdunstet. Danach hatte sie einen riesigen Vogel mit drei Happen verschlungen – eine dickliche Katze, die ständig auf ihre Figur zu achten pflegte und gewöhnlich nur winzige Bissen zu sich nahm.
Sie verbarg so viel.
Und plötzlich fiel Feli
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