Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
nun so oft wie möglich besuchen und die drei auch zu seinen Reviergängen im Wald mitnehmen. Und schon der erste Besuch im Feliday Inn hatte ihm eine weitere höchst angenehme Überraschung geboten. Zwei wunderschöne junge Frauen begrüßten ihn herzlich und machten ihm deutlich klar, dass sie nicht uninteressiert an seinen Aufmerksamkeiten waren. Seba mit ihren glatten roten Haaren hatte es ihm sogar ein bisschen mehr angetan als die rundlichere Tija mit ihrem braunen Wuschelkopf. Dass sie beide Katzen aus Trefélin waren, störte ihn überhaupt nicht. Im Gegenteil, es erhöhte sogar ihren Reiz noch. Auch wenn Sem ihn, als sie alleine waren, an eine überaus demütigende Begegnung mit einer rolligen Kätzin erinnerte.
Leider musste er sich seinem Praktikum widmen, Rudis Ungeschick im Zaum halten und einiges für seine Semesterarbeit tun. Auch die beiden Frauen hatten eine Aufgabe zu erledigen und wenig Zeit für ihn. Am Freitagabend aber wollten er, seine Schwester und Feli mit ihnen und Sem gemeinsam auf den Bummel gehen. Dummerweise hatte Kord am Nachmittag angerufen und Finn gebeten, ihn zu einer Versammlung zu begleiten. Finn schwankte. Einerseits wäre er gerne mit seinen Freunden zusammen gewesen, andererseits wollte er unbedingt seinen Vater näher kennenlernen. Zweimal hatten sie sich getroffen, und dass Kord ihm das Motorrad vor die Tür gestellt hatte, machte ihn immer noch ganz schwindelig vor Freude. Endlich gab es da mal jemanden, der seine tiefsten Wünsche verstand. Ein Mann, ein Vater, wusste darüber weit mehr als eine Mutter, deren einziges Lebensziel zu sein schien, auf ewig wie zwanzig auszusehen.
Kurzum, er war es Kord wohl schuldig, seiner Bitte zu folgen und ihn zu der Versammlung der »Helfenden Hände« zu begleiten. Sein Vater war von diesem karitativen Verein als Spendenorganisator angestellt worden, und Finn hatte ein wenig den Eindruck, dass er dem Sohn damit zeigen wollte, dass man ihn als seriösen Geschäftsmann betrachtete. Die Vorkommnisse, die ihm eine Haftstrafe eingebracht hatten, bereute Kord zutiefst. Er hatte sich damals, so sagte er, in einer entsetzlichen Abwärtsspirale befunden. Aber er hatte inzwischen nicht nur das Trinken völlig aufgegeben, sondern auch seine Aggressionen in den Griff bekommen.
Nerissa wollte ihm keine zweite Chance geben. Aber Finn sah das anders. Hatte nicht auch er selbst sich geändert? War nicht auch er durch eine harte Schule gegangen?
Kurzum, er setzte sich über ihr Lamento hinweg und beschloss, die »Helfenden Hände« aufzusuchen.
Die Versammlung fand im Vereinshaus der Schützenbruderschaft statt, das am anderen Ende des Ortes stand. Ein kurzer Weg, dennoch schwang Finn sich auf das Motorrad. Es war einfach zu cool, damit über die Umgehungsstraße zu donnern.
Der Gemeinschaftsraum war hell erleuchtet, eine ganze Anzahl von Leuten hatte sich schon eingefunden, doch keinen davon kannte er. Dann sah er seinen Vater auf sich zukommen.
Kord sah gut aus, fand Finn. Nicht so poliert wie Nerissas Freunde. An den Schläfen wurde sein Haar silbern, sein Gesicht war leicht gebräunt, einige Falten hatten sich eingegraben, machten ihn jedoch nicht alt, sondern verliehen seinen Zügen eine gewisse Autorität. Er trug an diesem Abend einen gut geschnittenen, dunklen Blazer und graue Hosen, und Finn kam sich plötzlich in seinen ausgefransten Jeans und dem Kapuzenshirt irgendwie unpassend gekleidet vor. Vor den modisch hochgestylten Freunden seiner Mutter hatte er solche Gefühle nicht – da war sein schlampiges Aussehen nichts als Protest.
Dennoch, Kord reichte ihm mit einem herzlichen Lächeln die Hand und zog ihn kurz an sich. Dann stellte er ihn einer dunkelhaarigen Frau vor, die in einen langen hellblauen Kaftan oder so etwas gehüllt war.
»Charlene, dies ist Finn, mein Sohn. Er hat ein blendendes Abitur gemacht und studiert jetzt Forstwirtschaft.«
Finn besann sich auf das, was er gelernt, aber bisher selten angewendet hatte: seine guten Manieren. Er nahm die gebotene Hand und verbeugte sich höflich, wobei er eine verbindliche Begrüßung murmelte.
»Sie müssen stolz auf Ihren Jungen sein, Kord«, säuselte Charlene und musterte ihn, wie er mit seinen durch jahrelange Minderwertigkeitsgefühle geschärften Sinnen bemerkte, reichlich hochnäsig. Irgendwie hatte er den Eindruck, dass sich an seinem Rückgrat entlang Härchen aufstellten.
Kord wollte etwas antworten, aber Charlene wandte sich schon wieder ab, um einen Neuankömmling
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