Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
durchlässig geworden sind, ist derart grauenerregend, dass es eine Panik auslösen würde.«
»Aber wenn sie geöffnet sind, müssen wir Vorsicht walten lassen und Maßnahmen ergreifen.«
»Beweise, Nefer, Beweise.«
Noch aber hatte er keine gefunden. Weder eine Schlange selbst noch ein weiteres Opfer. Es war allerdings das sprichwörtliche Stochern im Nebel, was er betrieb. Mehrmals war er um den Roc’h Uhel herumgeschlichen, hatte behutsam Steine umgedreht, an Büschen gerochen, in altem Laub gescharrt. Sarapis hatte in seinen umfangreichen Erinnerungen gekramt und erklärt, Schlangen würden trockene Sonnenplätze lieben, weniger kühle und feuchte Gefilde, weil ihr Blut in der Kälte träge wurde. In der Nacht suchten sie geschützte Bereiche auf.
Ein frischer Wind zog über das Land und wirbelte den Nebel auf. Nefer blieb stehen und schaute sich um. Die Sonne stieg, es würde ein wolkenloser Tag werden. In der Ferne ging ein Trupp von vier Grenzwächtern zum Avos Brug, der die Witterlande vom Kratzforst trennte. Ein Bächlein plätscherte leise zu seiner Rechten, eine Lerche stieg auf und trillerte über der Heide, zwei behäbige Birkhühner flatterten auf einen Baum, aufgeschreckt durch irgendeinen Laut.
Nefer spürte seinen leeren Magen und beschloss, eines davon zu fangen. Es war nicht schwer für einen geübten Jäger, und bald rupfte er eifrig an dem Gefieder. Er hielt inne, als seine Sinne das Nahen eines Katers empfingen. Noch bevor er prüfen konnte, ob in freundlicher oder feindlicher Absicht, stürzte der schlanke Graue auf seine Beute, schnaufte »Futterprivileg« und fetzte dem Birkhuhn das Fleisch von den Knochen.
Nefer trat zur Seite. Das geschlitzte Ohr wies den Renner als Boten aus, der tatsächlich jede Form von Privilegien besaß.
»Neuigkeiten?«, fragte er, obwohl der Bote vermutlich nicht berechtigt war, ihm die Nachricht mitzuteilen.
Der aber sah auf, musterte Nefers Gesicht.
»Der einäugige Adlatus von Sarapis. Gut, spart mir einen Weg.«
»Was gibt es?«
»Warnung. Schlangenhaut gefunden. Am Dizad Ivos.«
»Wo liegt das?«
»Kleines Tal mit Eibengehölz, östlich, halber Lauftag.«
»Berichte es Nephthys, ich informiere Sarapis.«
»Gut.«
Der Bote wischte sich kurz mit der Pfote über die Schnauze. Ein Federchen war in seinen Barthaaren hängen geblieben, aber das würde bei seinem schnellen Lauf bald abfallen. Nefer sah ihm nach, wie er mit weiten Sprüngen dem Mittelgrat entgegeneilte.
Eine Schlangenhaut. War das ein Beweis? Würde die Clanchefin ihm glauben und die Ernsthaftigkeit ihrer Befürchtungen anerkennen?
Ihm selbst aber bestätigte dieser Fund seinen Verdacht. Er überlegte, ob er Sarapis umgehend in Kenntnis setzen oder der neuen Spur folgen sollte.
Da das zweite Birkhuhn vor seiner Nase aufflatterte, änderte er seine Pläne, fing es und verzehrte es. Anschließend war sein Antrieb, sich auf die Suche zu begeben, zunächst einmal etwas gedämpft. Er schlenderte mit vollem Magen in Richtung des Plätscherns rechts von ihm, um einige Schlucke Wasser zu trinken.
Das Ufer war flach, sandig und hier und da mit etwas Gras bewachsen. Er suchte nach einer passenden Stelle, um keine nassen Pfoten zu bekommen, und als er sich eben vorbeugte, um den Kopf über das Bächlein zu neigen, hörte er das Zischen.
Mit einem gewaltigen Satz sprang er rückwärts.
Das schwarze, weiß gebänderte Wesen schoss mit lautlosen Windungen auf ihn zu.
Schnell, so ungeheuer schnell.
Fliehen oder kämpfen?
Die Schlange hob ihren Kopf, stieß zu.
Er weiter zurück.
Sie hinterher, züngelnd, geschmeidig.
Wie paralysiert starrte er in die gelblichen Augen – die Pupille geschlitzt wie die seine.
Wieder griff das Tier an. Er löste den Blick. Sprang aus der Reichweite des Kopfes.
Hinter ihm der Stechginster.
Gefangen!
Die Schlange glitt näher.
Nefer packte das Grauen.
Kämpfen!
Wieder stieß der Kopf vor. Noch konnte er ausweichen. Das dornige Gestrüpp kratzte an seinem Rücken. Er hob die Vorderpfote, Krallen raus.
Die Schlange biss danach.
So geschah das also!
Was blieb? Ein Satz über sie hinweg. Die Schlange war ebenso schnell, drehte sich um. Jetzt der Bach hinter ihm. Hinein! Die Schlange hinterher.
Das durfte nicht sein!
Der Mut der Verzweiflung packte ihn. Noch einmal über die Schlange. Und zurück. Bevor sie sich wenden konnte, biss er zu. Direkt hinter den Kopf.
Die Schuppen fühlten sich widerlich an. Noch einmal wand sich das Gewürm. Stark war
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