Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
sagen, er kann beachtliche diplomatische Fähigkeiten entwickeln. Er verfasst hervorragende Spendenaufrufe.«
Bettelbriefe, stellte Finn innerlich fest. Natürlich. Katzen konnten ausgesuchte Schmeichler sein. Sein Vater schenkte sich ein weiteres Glas ein, und Finn überlegte, wie er unauffällig mehr über Sebusch herausfinden konnte. Kord war in Gesprächslaune, und so entschied er sich für einen Umweg und griff auf das andere Thema zurück, das er mit ihm bereden wollte. Frauen!
Er rannte offene Türen ein.
Und je redseliger sein Vater wurde, desto kälter wurde ihm. Allmählich dämmerte ihm, warum Nerissa Kord in die Wüste geschickt hatte. Er war ein Großmaul, aber in seinem Inneren herrschte Furcht. Das Anderssein der Frauen machte ihm Angst; dass er sie nicht durchschauen konnte, weckte in ihm nur den Wunsch, sie abzuwerten.
»Sepp hat den letzten Lover deiner Mutter getroffen, Finn. Den hat sie vielleicht abserviert. Die arme Socke ist auch völlig gebrochen.«
»Georgie? Wie hat er den denn kennengelernt?«
»Der hat bei euch auf den Treppenstufen gesessen, Finn, völlig kaputt. Er hat geheult. Da hat Sepp ihn mitgenommen auf ein Bier. Und hat sich das ganze Elend angehört.«
»Nett von ihm. Aber was wollte Sepp bei Nerissa?«
»Ach, da war er nur zufällig. Er hat Info-Material von uns verteilt.«
Das glaubst auch nur du, dachte Finn. Die Verbindung zwischen den beiden gefiel ihm überhaupt nicht. Und da Kord nun bei seinem dritten Glas angekommen war und sein Salbadern ihn allmählich nervte, schaute er demonstrativ auf die Uhr und stand auf.
»Du, tut mir leid, aber ich muss noch einige Dinge erledigen.«
»Musst du wirklich schon gehen? Wir haben so lange keine Gelegenheit gehabt, miteinander zu reden. Finn, du bist ein interessanter junger Mann geworden. Ich bin so stolz auf dich.«
Jetzt wurde seine Stimme auch noch weinerlich.
»Ich tu, was ich kann. Wir können die Tage noch mal ins Revier gehen, Nathan Walker ist wieder zurück. Den möchtest du sicher gerne kennenlernen.«
»Aber ganz bestimmt, mein Sohn.«
Das würde eine bemerkenswerte Begegnung werden. Finn machte sich aus der cognacdunstigen Umarmung seines Vaters los und ergriff die Flucht.
Ani saß mit Chip auf der Terrasse. Die Feindseligkeiten schienen beigelegt. Als Finn den Weg hochging, standen beide auf und strichen ihm um die Beine. Er streichelte die Kätzin und zauselte Ani die Ohren.
»Vertragt ihr euch jetzt?«
»Wir haben einen Pakt. Sie bekommt meine Sahne und alle Mäuse, die ich fange, und dafür haut sie mich nicht mehr.«
»Hört sich etwas einseitig an.«
»Sie ist ein Alphatier, Finn. Da ordnet man sich eben unter.«
»Ich nehme an, dass du noch andere Vorteile ausgehandelt hast. Ani, wir müssen uns beraten.«
»Dann komm ich mit hoch. Ich darf nämlich in den Korb in deinem Zimmer.«
Finn lachte. Chip schien keine Lust zu haben, ins Haus zu gehen, sie streunte zum Nachbargrundstück. Vermutlich wollte sie Pu-Shen aufmischen.
»Was gibt es Neues?«, fragte Ani und sprang auf die Fensterbank.
»Shepsi hat ein Zimmer in dem Wohnheim für Obdachlose. Wollen wir ihm dort mal einen Besuch abstatten?«
»Ist nicht ungefährlich, Finn. Er weiß, wer wir sind.«
»Er muss uns ja nicht begegnen. Ich würde mich gerne bei den Leuten da mal umhören. Und ein kleiner schwarzer Kater hat allerlei Möglichkeiten herumzuschnüffeln.«
»Kann man machen. Worauf soll ich achten?«
»Ani, in den letzten Nachrichten hat man gesagt, dass der Sprengsatz, der den Bus zerrissen hat, in einem Hello Kitty-Rucksack verborgen war und durch ein Handy gezündet wurde. Und eben habe ich erfahren, dass Sepp Sebusch, auch bekannt als Shepsi, den Ex von Nerissa angequatscht hat.«
»Diesen geschniegelten Typen, der hier immer ums Haus schleicht?«
»Tut er das noch immer?«
»Chip sagt es.«
»Na toll. Also, Feli hat gesehen, dass Georgie an der Haltestelle des Busses gewartet und mit dem Fahrer gesprochen hat. Irgendwer hat diesen Rucksack in den Bus geschmuggelt. Vielleicht gibt es da eine Verbindung.«
»Dann gehen wir schnüffeln.«
»Fahren. Und irgendwie muss ich dich transportieren, Ani.«
»Fahrradkorb?«
Finn lachte.
»Gar keine schlechte Idee, Ani. Es ist nicht weit, und ich werde besser ein bisschen vergammelt auftreten. Also eine kleine Fahrradtour.«
In seinen ausgefranstesten Jeans und einem verwaschenen Shirt strampelte Finn sich kurz darauf auf Kristins pinkfarbenem Fahrrad ab, den schnurrenden
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