Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
abgelegt, die bewältigt werden mussten, um ein hohes Amt zu bekommen. Finn hatte einiges darüber gelernt, als er sich im Reich der Katzen aufgehalten hatte. Die erste Prüfung war verhältnismäßig einfach, und wer sie erfolgreich abgelegt hatte, erhielt seinen Erwachsenennamen. Und diese Namen waren den Katzen verdammt wichtig. Sem, Pepi und Ani waren Katzenkindernamen, sie hatten ihre erste Prüfung im vergangenen Jahr mit Schwung versemmelt.
»Sag mal, Ani, gilt euer Aufenthalt hier diesmal wieder als Prüfungsaufgabe?«
Der Kater hielt im Bauchputzen inne.
»Ja. Und – wird wohl wieder nicht klappen.«
»Warum?«
»Wir sollten auf Tija und Seba aufpassen.«
»Oh.«
»Ja, Scheiße.«
»Wenn wir Shepsi zur Strecke bringen, wird das vielleicht alles andere aufwiegen.«
»Vielleicht.« Ani widmete sich wieder seinem Bauchfell. Er wirkte nicht glücklich.
Finn grübelte weiter. Shepsi hatte auch die schwierigeren Prüfungen bestanden und den höchsten Grad erreicht, also kannte er sich in der Geschichte der Katzen und Menschen aus, wusste über die Kraft der Ringe, fand sich in den Grauen Wäldern zurecht und hatte auch sonst einige besondere Kenntnisse. Aber er hatte auch Schwächen. Angeblich hatte Majestät ihn zum diplomatischen Dienst in den Anderländern bestimmt. Da hatte er aber versagt, hieß es. Stattdessen hatte man ihm die Aufgabe übertragen, die Menschel auszubilden. Diese kleinen, fast menschlichen Wesen, die in Trefélin so etwas wie gut gelittene Haustiere für die Katzen waren, hatte er mit Angst und Schrecken zu dressieren versucht, weshalb sie gegen ihn aufbegehrt hatten. Auch bei dieser Aufgabe hatte er sich nicht mit Ruhm bedeckt. Ständig unzufrieden, ein Nörgler und Stänkerer, war er ein leichtes Opfer jenes nun Namenlosen geworden, der seine Macht im Katzenreich dazu nutzen wollte, die Verbindung zwischen den Welten vollständig zu unterbinden. So wie in dieser Welt hier Katzenhasser existierten, fanden sich dort Menschenhasser. Nicht ganz ohne Grund. Es gab Tierquäler, und um die Seelen ihrer Opfer hatte sich jener Namenlose zu Zeiten gekümmert. Die verwirrten, gepeinigten Wesen hatte er zu den Goldenen Steppen geführt, damit sie dort ihr Leid im Hellen Bach abwaschen und sich von den erlittenen Misshandlungen in Frieden und Vergessen erholen konnten.
Der ständige Kontakt mit den Opfern hatte seinen Charakter vergiftet. Er war blind dafür geworden, dass es auch Liebe zwischen Mensch und Tier gab. Majestät andererseits gehörte zu jenen, die diese Liebe kennengelernt hatte und die Aufgabe der Katzen, der höheren Wesen, darin sah, in Verbindung mit den Menschen zu bleiben, ihre Entwicklung zu verfolgen und sie zu lehren. Diese Einstellung teilten die meisten Bewohner ihres Reiches. Doch um sein Ziel zu erreichen, hatte jener nun Namenlose den Nörgler Shepsi für sich gewonnen. Der verbreitete gehässige Gerüchte über die Taten der Menschen, und die Fraktion der Unzufriedenen wuchs.
Das Insignium der Macht, das Ankh der Königin, das wollte der Namenlose an sich reißen, und dummerweise war dabei Finn selbst ins Spiel gekommen, denn er hatte diesen Anhänger gefunden, als er Bastet Merit vor einigen brutalen Idioten gerettet hatte. Sie hatte es im Kampf verloren. Ihm und Feli war es gelungen, das kostbare Amulett der Königin zurückzubringen und die üblen Machenschaften von Shepsi und dem Namenlosen aufzudecken. Shepsi war geflohen, der Namenlose verbannt worden.
Ani hatte sich zusammengerollt und die Augen geschlossen.
Er war ein netter Kumpel, der Schwarze, aber er wusste zu wenig über die Dinge, die sich damals abgespielt hatten. Finn konnte über die Hintergründe mit ihm nicht reden, er brauchte einen Gesprächspartner, der nicht nur von der Existenz Trefélins wusste, sondern bei dem Bastet Merit einen Monat lang als Hauskatze gelebt hatte.
»Ich glaube, ich muss Nathan aufsuchen«, sagte er zu sich selbst.
38. Ringlehre
»Es hat wieder einen Schlangenangriff gegeben«, berichtete der schlitzohrige Bote, der schnaufend bei Nefer eingetroffen war.
»Was ist passiert?«
»Zwei Kinder spielten am Rande des Dizad Ivos. Sie konnten entkommen.«
»Hat man die Schlange verfolgt?«
»Nein.«
»Rattenkacke, warum nicht?«
»Sarapis und Anuket beraten noch darüber.«
»Da gibt es nichts zu beraten!«
»Ich berichte nur.«
Nefer knirschte mit den Zähnen. Clanchefin Nephthys war zwar eine egoistische Herrscherin gewesen, die keinen fremden Einfluss
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