Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
und die Schilderung, wie Nefer auf das rosa Tuch reagiert hatte, entlockte ihr ein Kichern. Anat kam dazu, und den ganzen Vormittag tauschten sie sich über menschliche und kätzische Therapien aus. Dann und wann war Feli versucht, Anat, die sie für sehr weise hielt, nach Che-Nupet auszufragen, aber dann untersagte sie sich diese Neugier. Doch als sie sich später zu einem nachmittäglichen Dösen in die Laube verkroch – es regnete immer noch leicht – nagten die Fragen weiter an ihr.
Wer war Che-Nupets Vater, wer ihre Tante? Warum konnte sie sich ohne Ring verwandeln? Sie hatte schier unglaubliche Fähigkeiten, die sie hinter allerlei Blödsinn versteckte. Warum hatte sie so oft eine derartige Angst? Warum konnte sie nicht richtig sprechen? Was hatten die wulstigen Narben auf ihrem Rücken zu bedeuten? Und woher kannte sie Nathan?
Sie verbrachte viel Zeit in den Grauen Wäldern und wusste um das Land unter dem Jägermond.
Ihre Mutter, das hatte sie einmal erzählt, war eine Trefélin-Katze aus dem Land Wolkenschau, aufgewachsen war sie dort im Clan der fel’Avel. Aber ihre Mutter hatte sie nicht gemocht und sie offensichtlich schon sehr früh verstoßen. Dennoch musste Che-Nupet alle drei Prüfungen bestanden haben, denn ihr stand es zu, ein Kopftuch zu tragen. Majestät und Amun Hab wussten mehr von ihr, hüteten aber ihr Geheimnis.
Eines, das mit Papa und den Grauen Wäldern zu tun hatte.
Heiliger Sphinx!
Feli spürte, wie ihr gesamtes Rückenfell sich aufstellte.
»Heiliger Sphinx!«, entfuhr es ihr.
Mama war offensichtlich eine Mesalliance, eine nicht standesgemäße Verbindung eingegangen.
Das mochte eine ganze Menge erklären.
Arme Che-Nupet. Arme Schnuppel. Hochbegabt, andersartig, gefährlich …
»Kannichfliegen« hatte sie gemaunzt, als sie auf dem Baum im Garten des Krankenhauses gesessen hatten. Die Narben auf ihrem Rücken …
Arme, süße Schnuppel.
Es tat Feli am ganzen Körper weh, als sie daran dachte.
37. Vaterbefragung
Finn betrat die großzügige Penthousewohnung, die sein Vater bewohnte. Offensichtlich bezahlten die »Helfenden Hände« ihren Mitarbeiter wirklich üppig.
»Vornehm hast du es hier, Dad.«
»Nicht schlecht, was? Hat Charlene mir vermittelt, gehört einem Manager, der ein Jahr in Australien verbringt und sie nicht unbewohnt lassen wollte. Die Miete ist erschwinglich.« Er wies auf eine weiße Ledersitzgruppe. »Setz dich. Etwas zu trinken?«
»Wasser, bitte.«
»So trocken?«
»Ich bin mit dem Motorrad unterwegs.«
»Na dann.«
Kord goss sich selbst einen Cognac ein und lümmelte sich mit dem Schwenker in den Sessel. Finn fühlte sich unangenehm berührt. Die letzte Begegnung in der Pizzeria war recht rotweingeschwängert abgelaufen, jetzt war es noch nicht einmal zwei Uhr mittags, und schon trank sein Vater wieder. Aber da Finn sich vorgenommen hatte, mehr über den Obdachlosen herauszufinden, der vielleicht Shepsi war, schluckte er eine Bemerkung dazu hinunter. Er verwickelte Kord also in ein Gespräch über dessen Arbeit und die der karitativen Organisation. Zuvor hatte er einiges an Informationen zusammengetragen. So wusste er, dass die »Helfenden Hände« Kleider sammelten, einen offenen Tisch anboten und sogar ein Wohnheim betrieben, in dem Arme und Obdachlose in kleinen Wohngemeinschaften zusammenlebten und von ehrenamtlichen Mitgliedern betreut wurden. Kord schien geschmeichelt zu sein, dass er gezielte Fragen stellte, und gab wortgewaltig Auskunft.
»Ja, ich habe gehört, dass sie im März einen Mann aufgenommen haben. Aber seinen kleinen Kater durfte er nicht mitnehmen«, warf Finn probehalber ein.
»Ach Gott, ja. Einer dieser ganz schlimmen Fälle. Von der Katze weiß ich nichts, aber Sepp Sebusch – du hast ihn neulich kurz kennengelernt –, dem haben wir wirklich geholfen. Der arme Kerl ist von seiner Frau auf die Straße gesetzt worden, weil er seinen Job verloren hat.«
»Deswegen muss man doch nicht gleich obdachlos werden.«
»Das verstehst du nicht, mein Junge. Solche Ereignisse können einen Mann so runterziehen. Sieh dir nur deine Mutter an. Die kann einen derartig fertigmachen.«
»Ja, manchmal kann sie das. Aber man kann sich auch mit ihr verständigen, habe ich bemerkt. Aber was soll’s. Reden wir von deinem Job, Dad. Was macht Sebusch denn nun? Konntet ihr ihm Arbeit verschaffen?«
»Er hat eine nette Unterkunft in unserem Wohnheim bekommen und hat sich gut eingelebt. Außerdem geht er mir dann und wann zur Hand. Ich muss
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