Jagd auf Mrs. Pollifax
zwischen den Buden entlang, blieb jedoch stehen, als er die beiden sah. »Hat es beim Professor geklappt?« fragte er Kadi.
»O ja!« antwortete sie eifrig. »Aber, Mr. Willie, verraten Sie mir doch bitte, woher Sie wußten, daß mein Name afrikanisch ist?«
Er grinste. »Die oberste Regel beim Rummel: nie persönliche Fragen stellen. Aber wie du mir, so ich dir. Aus welchem Land kommst du?«
»Ubangiba.«
Er nickte. »Kannst du Pidgin-Englisch?«
Sie lachte. »Ein bißchen. Gut ifnin, ha yu de?«
»A de wel«, dankte er und lachte mit ihr. »A defayn.«
»Gut«, sagte sie. »Waka fayn.«
Sehr vielseitig, dieser Mann, dachte Mrs. Pollifax. Das läßt auf eine Menge Abenteuer für die CIA in seiner Jugend schließen. »Tut mir leid, daß ich Sie unterbrechen muß, aber könnten Sie mir sagen, wo ich die Schlangenfrau finden kann, Willie?«
Er blickte auf seine Uhr. »Sie dürfte noch in ihrem Wohnwagen sein. Er ist dunkelbraun und hat rote Vorhänge.« Mit einem Lächeln wandte er sich wieder Kadi zu. »Waka fayn«, sagte er und schritt weiter.
Kadi blickte Willie staunend und erfreut nach. Mrs. Pollifax verließ sie und vergewisserte sich verstohlen, daß der Polizeiwagen leer war. Bei den Wohnwagen fand sie mühelos den dunkelbraunen, der so lang und luxuriös war wie Willies rollende Heimstatt. Eine außerordentlich üppige junge Frau sonnte sich in einem Liegestuhl in der Nähe. Als sie Mrs. Pollifax sah, rief sie mit freundlichem Lächeln. »Hallo, kommen Sie auf einen Sprung zu mir. Sie sind doch die Dame, die uns in die Zeitung bringen wird, nicht wahr?«
»Woher wissen Sie das?« fragte Mrs. Pollifax verblüfft. Das Mädchen lachte. »Von Boozy Tim. Boozy Tim kennt allen Klatsch. Er weiß alles, was hier vorgeht. Setzen Sie sich doch.« Eine Hand mit grellrot lackierten Nägeln deutete auf den Liegestuhl neben ihrem.
Mrs. Pollifax nahm sich vor, diesen Boozy Tim aufzusuchen, der »alles wußte«, lehnte jedoch die Einladung ab. »Ich suche die Schlangenfrau, sind Sie ...?«
»Oh, die - sie füttert gerade die Schlangen.« Die Hand mit den lackierten Nägeln deutete zu dem Wagen hinter ihr. »An Ihrer Stelle würde ich warten. Es ist kein angenehmer Anblick.«
Mrs. Pollifax beäugte die Fülle braunen Haares auf dem Schoß des Mädchens. »Ist das lebendig?«
»Großer Gott, nein!« Das Mädchen lachte. »Das ist meine Perücke, Honey. Ich habe sie gebürstet.« Sie hob sie hoch, damit die bis zur Taille reichenden Korkenzieherlocken zu sehen waren. »Ich bin die Hälfte der Girlie-Show, Zilka ist die andere. Ich heiße Shanno n Summer. Setzen Sie sich!«
Mrs. Pollifax setzte sich - und starrte, denn es gab eine Menge von Shannon Summer, auf was sie starren konnte. Das Mädchen war mindestens einsachtzig groß, mit langen Beinen und Kurven, die offenbar jedem Naturgesetz trotzten, und hatte ein kesses rundes Gesicht mit einem ansteckenden Lächeln. »Girlie-Show?« fragte sie.
»Ja, aber nur ein bißchen Hüftwackeln und so. Sie sind wirklich sehr streng in diesem Staat. Übrigens zur Zeit fast überall.«
»Mit dieser Figur«, sagte Mrs. Pollifax offen, »sollte man meinen, daß Sie im Showbusineß sind. Am Broadway, meine ich. Ist es nicht Vergeudung für Sie, im Rummel zu arbeiten?«
Shannon Summer lachte zufrieden. »Oh, das hier ist mein Leben! Ich komm gern herum. Mal da, mal dort ist mein Motto. Einmal machte ich bei einer Revue in New York mit. Aber an einem Ort bleiben zu müssen, machte mich ganz kribbelig. Außerdem fühlte ich mich einsam. Hier ist es wie in einer großen Familie.«
Mrs. Pollifax wurde bewußt, daß sie es notieren sollte und holte rasch ihren Block und Kugelschreiber hervor.
»Wird mein Bild in die Zeitung kommen?« fragte Shannon.
Es machte Mrs. Pollifax verlegen, lügen zu müssen, was sie sich jedoch nicht anmerken ließ. »Wahrscheinlich, aber nicht vor meinem letzten Tag hier. Der Fotograf ist nicht eher abkömmlich.«
»Er wird nur einen Tag hier sein?« fragte Shannon schmollend. »Ich wette, ausgerechnet dann wird es regnen. Sieht er gut aus?«
»Ich finde schon.«
»Gut. Schnüffeln die Bul... - die Polizisten - noch herum?«
»Ihr Auto ist jedenfalls noch da.«
Shannons Augen wurden traurig. »Schlimm für diesen Burschen Laszlo. Ich hab ihn hier nie gesehen, bis er auf der Tragbahre lag. Hallo, Boozy Tim!« rief sie. Mrs. Pollifax drehte sich um und folgte ihrem Blick. Unwillkürlich mußte sie lächeln. Boozy Tim war ein zahnloses, hutzeliges Männchen mit fröhlicher
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