Jagd auf Mrs. Pollifax
Miene und einer verwegen auf dem Kopf sitzenden Baseballmütze. Er grinste und legte grüßend die Fingerspitzen an die Mütze. »Boozy Tim ist Gott begegnet!« erklärte Shannon überzeugt.
»Wie bitte?« fragte Mrs. Pollifax.
»Jawohl, Ma'am«, bestätigte Boozy Tim und zwinkerte ihr zu. »Er ist mir erschienen. Mir - Boozy Tim. Hat sogar zu mir geredet.«
»Erzähl's ihr!« drängte Shannon. »Erzähl's ihr!«
Boozy Tim machte es sich auf der Armlehne von Shannons Liegestuhl bequem und hob theatralisch die Arme. »Er kam zu mir ganz in Gold, wie eine goldene Wolke, so wie Dinge an einem diesigen Tag aussehen, verschwommen, wissen Sie, und schimmernd. Und er streckte mir die Arme entgegen ...« Er nickte heftig. »So. Und er hat mir was gesagt.«
»Was Privates!« erklärte Shannon nickend.
»Jawohl, Ma'am. Und von da an hab ich keinen Tropfen Schnaps mehr angerührt. War danach nicht mehr nötig.«
»Nein«, flüsterte Mrs. Pollifax wie gebannt durch seine unglaubliche Ausstrahlung. »Danach nicht mehr.«
Er deutete mit dem Finger auf sie. »Sie sind Emmy Reed«, sagte er, ihr wieder zuzwinkernd. »Sie sind gekommen, um über uns zu schreiben.«
Das bestätigte sie, während sie sich fragte, was sein Zwinkern bedeutete und ob er wußte, daß sie alles nur vortäuschte.
Shannon hatte gesagt, »er weiß alles « . Vielleicht stimmte das, aber sie konnte sein fröhliches Lächeln nur ohne Skepsis erwidern. Wie sonst, fragte sie sich, könnte man auf einen so sonnigen kleinen Mann reagieren? Sie stand auf. »Ich mache mich jetzt lieber an meine Arbeit. Es war mir eine echte Freude, Sie kennengelernt zu haben, Boozy Tim, und vielleicht
- vielleicht können wir uns später noch ein bißchen unterhalten?«
»Jawohl, Ma'am.« Er strahlte sie an. »Freut mich auch, daß ich Sie kennengelernt hab.« Wieder tippte er an seine Baseballmütze, bevor sie sich umdrehte, um zum Wagen der Schlangenfrau zu gehen. Sie hoffte sehr, daß die Schlangen ihre Ratten oder Mäuse - oder was immer sie als-Futter bekamen - inzwischen verschlungen hatten. Sie hob gerade die Hand, um an der geschlossenen Wohnwagentür zu klopfen, als ein Knacken aus den Lautsprechern die Ruhe des Nachmittags störte, ehe eine Stimme erdröhnte. »Hier spricht Willie - kein Abbau heute abend! Die Polizei verlangt, daß wir noch hierbleiben. Niemand darf den Rummel verlassen, bevor die Untersuchungen nicht abgeschlossen sind. Verdammte Ungelegenheit für uns, aber wir können nichts dagegen machen.«
Eine verbindlichere Stimme folgte: »Hier spricht DetectiveLieutenant Allbright. Ich möchte Ihnen versichern, daß wir diese Ungelegenheit bedauern. Aber«, fuhr er mit fester Stimme fort, »wir dürfen es nicht zulassen, daß Sie zu einer anderen Stadt, hundert Kilometer von hier, weiterziehen, ehe die Ermittlungen in diesem Fall, der einem der Ihren beinahe das Leben gekostet hätte, ganz abgeschlossen sind. Wir bitten um Ihr Verständnis. Wir müssen leider jeden festnehmen, der versucht, diesen Platz zu verlassen. Danke.«
»Was, zum Teufel, geht da vor?« hörte Mrs. Pollifax Shannon hinter sich sagen. »Wenn ein Arbeiter verletzt wird, scheren die Bullen sich keinen Scheiß darum! Und was ist mit Willie? Überall hängen schon die Plakate, der nächste Platz ist gemietet und die Anschlüsse sind gelegt...« Mrs. Pollifax klopfte nun an die Tür. Sie konnte streitende Stimmen hören, und klopfte noch einmal. Ein wütender junger Mann mit schwarzem Haar und Schnurrbart riß die Tür auf. Hinter ihm konnte Mrs. Pollifax flüchtig eine Blondine sehen, die ihm zubrüllte: »Ich hab dir doch gesagt, daß wir noch gestern abend hätten wegfahren sollen! Ich hab's dir gesagt...«
Mrs. Pollifax sagte hö flich: »Guten Tag, ich bin ...«
Man gab ihr keine Gelegenheit, weiterzureden. Der Mann sagte: »Bedauere, meine Dame, wir reisen ab ... Wirf die Schlüssel her, Elda die Schlüssel!«
Ein Ring Schlüssel flog durch die Luft. Der Mann fing sie, schmetterte die Tür hinter sich zu und rannte zum Zugfahrzeug. Mrs. Pollifax wich zurück, als der Motor aufheulte. Der Wohnwagen fuhr ein Stück rückwärts, löste sich aus dem Wagenkreis und raste, so schnell seine Größe es zuließ, holpernd über die Buckel und Furchen der anschließenden Wiese.
Offenbar war die Durchsage des DetectiveLieutenants die Ursache für die hastige Flucht der Schlangenfrau und ihres Begleiters, was Mrs Pollifax sehr interessant fand. Sie fragte sich, ob es ihnen gelingen würde querfeldein zu
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