Jagd auf Mrs. Pollifax
war,
die für eine Zeitung über den Rummel schrieb. Da lächelte er,
daß seine makellos weißen Zähne in dem sonnengebräunten
Gesicht blitzten. »He, Elda«, rief er. »Pub licity! Die Dame, die
Interviews macht.«
Mit außerordentlicher Höflichkeit bat er Mrs. Pollifax
einzutreten. »Nehmen Sie doch bitte Platz - nein, nicht den
Sessel - diesen.«
Die Schlangenfrau kam durch eine innere Tür. »Publicity?«
fragte sie zweifelnd.
Mrs. Pollifax erkannte sie an diesem Morgen fast nicht
wieder. Sie war ungeschminkt, das Haar glatt in den Nacken
gekämmt, und sie trug eine Hornbrille. »O je«, sagte sie. »Ich
war gerade dabei, Herman zu füttern.«
»Ich kümmere mich darum«, versicherte ihr Jock. »Aber sei
so lieb und nimm die Brille ab.«
»Du weißt, daß ich ohne sie halbblind bin!«
»Nimm sie ab!« befahl er. »Willst du, daß ein Bild von dir
mit Brille in die Zeitung kommt?«
Mrs. Pollifax warf höflich ein. »Noch keine Bilder. Der
Fotograf kommt erst später.«
Das brachte ihr einen leicht verärgerten Blick von Jock ein,
der jedoch rasch einen weiteren Befehl erteilte. »Erzähl, wie du
in Borneo aufgewachsen bist, Elda.« Er ging, vermutlich, um
Herman weiterzufüttern.
Die Schlangenfrau lächelte schwach. »Ich bin natürlich nicht
in Borneo geboren, sondern auf einer Farm im Westen und
wuchs in Nebraska und später in Montana auf. Darf ich Ihnen
Kaffee anbieten?«
Mrs. Pollifax lehnte höflich ab, nachdem sie die großen
Glaskäfige entlang der Wand gesehen hatte, in denen, wie man
auf den ersten Blick meinen konnte, gewaltige Taurollen lagen
- bis diese anfingen, sich träge zu bewegen. Ihr war auch die
weiße Maus nicht entgangen, die plötzlich durch das Zimmer
gehuscht war. Sie holte ihren Notizblock hervor und sagte:
»Ich sehe, Sie leben tatsächlich mit Ihren Schlangen zusammen
... Fangen wir mit Ihrem Namen an.«
Die Schlangenfrau setzte sich an das andere Ende des
Couchtischs und sagte: »Okay, ich bin Elda Higgins.« »Und Jock, heißt er ebenfalls Higgins?«
»O nein, wir sind nicht verheiratet. Jedenfalls noch nicht«,
sagte sie ruhig. Ȇbrigens war er es, der mir so lange zugeredet
hat, bis ich mit der Show anfing. Ich war Lehrerin, müssen Sie
wissen, in einem kleinen College im Mittleren Westen - ich
unterrichtete Herpetologie.« Ihre Stimme wurde etwas schärfer
und fast sarkastisch, als sie hinzufügte: »Er sagte, welchen
Spaß das machen würde und wieviel Geld es einbrächte, wenn
ich meine Schlangen bei großen Ausstellungen herzeigte, da
ich doch so viele als Haustiere hielt.« Sie stand auf und ging zu
einem der Käfige, und Mrs. Pollifax zuckte zusammen, als sie
eine gut zwei Meter lange Schlange mit braunen Streifen
herausnahm. »Er mag es gern, wenn ich ihn halte«, erklärte sie
und nahm die Schlange zu ihrem Sessel mit. »Er ist noch sehr
jung, eine Boa, ist er nicht schön? Er heißt Jimmy.« »Eine Boa constrictor?« vergewisserte sich Mrs. Pollifax
leise.
»Ja.«
Nachdem Mrs. Pollifax sich wieder gefaßt hatte, fragte sie,
ob Elda ihre neue Karriere Spaß machte und auch etwas
einbrachte.
Elda seufzte. »Einbringen ...?« Sie zögerte. »Bis jetzt noch
nicht. Wir begannen die Saison mit einer großen Ausstellung
im Staat New York und es sah recht vielversprechend aus, aber
dann hatte Jock Streit mit der Ausstellungsleitung, deshalb
kamen wir hierher. Später als die anderen«, sie lächelte etwas
schief, »darum kann ich auch nicht sagen, daß es bis jetzt viel
Geld gebracht hat, es ist ja ein so kleiner Rummel.« Mrs. Pollifax lächelte mitfühlend. »Ich habe gestern völlig
ungewollt mitgehört - ich war gerade dabei, an Ihre Tür zu
klopfen -, daß Sie eher abreisen wollten.«
»Oh, Jock - Jock ist allergisch gegen Polizei«, sagte Elda
etwas bestürzt und fügte dann hinzu: »Um ehrlich zu sein, ich wollte es. Ich dachte, daß wir anderswo vie lleicht besser rauskommen würden, so spät in der Saison ist es ja noch nicht. Es ist eine Geldfrage, wissen Sie. Es kostet ziemlich viel, die Terrarien für die Schlangen warm genug zu halten - knapp siebenundzwanzig Grad -, dann kommt ihr Futter dazu, das ist sehr teuer, außerdem das Reisen und die Raten für den Wohnwagen. Und ich habe eine Tochter in Nebraska ...« Ihre Stimme klang, als würde sie in Tränen ausbrechen, wenn sie
weiterredete.
»Das ist sehr interessant«, sagte Mrs. Pollifax, »ich werde
mir alles notieren.« Sie kritzelte ein paar Zeilen. »Kennen Sie
Jock schon lange?«
»Nein, nicht sehr
Weitere Kostenlose Bücher