Jagd auf Mrs. Pollifax
dringend etwas.« Beruhigend fügte er hinzu. »Er wird
es schon schaffen, es sind ja nicht einmal fünf Kilometer, und
Shannon versprach, daß sie nach ihm Ausschau halten und ihn
in ihrem Wagen zurückfahren würde.«
Mrs. Pollifax war sehr erleichtert, das zu hören. Sie und Kadi
gingen zu ihrem Wohnwagen, und Mrs. Pollifax schloß auf,
was sich als viel schwieriger erwies als bisher. »Es will nicht«,
murmelte sie. Sie steckte den Schlüssel ein zweites Mal ins
Schloß und runzelte die Stirn.
»Müßte vielleicht geölt werden«, meinte Kadi.
»Irgend etwas braucht es bestimmt.« Wieder zog Mrs.
Pollifax den Schlüssel heraus und steckte ihn aufs neue hinein.
Diesmal ließ er sich drehen, wenn auch mit ziemlicher
Kraftanwendung, und sie konnten die Tür öffnen. Mrs. Pollifax
trat als erste ein. »Oh-oh!« entfuhr es ihr. »Was ist los?« fragte
Kadi.
»Holen Sie Willie«, bat sie. »Jemand hat hier was gesucht.
Und sich nicht mal Mühe gegeben, es zu verheimlichen. Ich
hatte meine Handtasche unter das Kopfkissen geschoben, ganz,
so daß sie nicht zu sehen war. Aber jetzt ragt sie gut zur Hälfte
darunter hervor. Wo ist Ihr Rucksack?«
Erschrocken blickte sich Kadi in dem kleinen Wohnwagen
um. »Auf der Bank beim Tisch - aber ich hatte ihn auf meinem
Bett stehen lassen! Emmy ... «
»Holen Sie rasch Willie. Sie können später nachsehen, ob
etwas fehlt. Das Seitenfenster ist offen und das Fliegengitter
herausgedrückt. Wer immer es war, hat sich in größter Eile
verzogen, als er uns kommen hörte.« Als Kadi gegangen war,
schaute Mrs. Pollifax in ihre Handtasche. Der Inhalt war zwar
etwas durcheinander, doch es fehlte nichts, nicht einmal die
siebzig Dollar in ihrer Geldbörse. Wer immer sie durchsucht
hatte, hatte ihre Scheckkarte gesehen und wußte jetzt, daß sie
nicht einfach Emmy Reed hieß. Sie fragte sich, wie wichtig das
war.
Als Willie endlich kam, machte er ein grimmiges Gesicht.
»Jemand hat Ihre Sachen durchstöbert? Das gefällt mir gar
nicht. Was fehlt?«
»Mir gefällt es auch nicht«, versicherte sie ihm. »Es fehlt
nichts!«
»Um so schlimmer!« Willies Gesicht wurde noch finsterer. Kadi schaute in ihrem Rucksack nach, schließlich leerte sie
ihn einfach auf das Bett. Zwei Tafeln Schokolade, vier
Zeichenblöcke, ein Geldbeutel für Kleingeld, einer für Scheine
und Ausweise, ein Mäppchen mit Schreib-und Malstiften, ein
Reisepaß, drei Lippenstifte, eine Haarbürste, ein Kamm und
ein Ordner, auf dem mit sauberen Lettern stand :
LEBENSLAUF, KADI HOPKIRK.
Mrs. Pollifax lächelte ein wenig über diese Sammlung. »Ist
noch alles da?«
Kadi nickte.
»Das gefällt mir ganz und gar nicht!« wiederholte Willie.
»Am hellichten Tag noch dazu! Und ohne, daß etwas
mitgenommen wurde! Ich sehe keine andere Erklärung, als daß
Laszlos Angreifer noch hier ist und nervös wird. Oder
neugierig. Wenn der Einbrecher Sie bestohlen hätte, wäre es
etwas anderes, aber so ...«
»Meinen Sie, daß meine sogenannten Interviews jemanden
nervös machen?«
Willie überlegte. »Nein«, antwortete er nachdenklich. »Es ist
wohl eher, daß sich jemand beobachtet fühlt.«
»Bestimmt nicht von mir!« entgegnete Mrs. Pollifax
verärgert. »Die einzige Person, die ich bisher jeden Abend
beobachtet habe, ist der Professor, wenn er Kadi
auseinandersägt.« Während ihr Blick an Willie vorbei durchs
Fenster fiel, sah sie Boozy Tim mit einem großen weißen
Papierbeutel in der Hand am Wagen vorbeigehen. Sie seufzte
erleichtert. »Gott sei Dank! Da ist Boozy Tim endlich! Wir
haben uns Sorgen um ihn ge macht.«
Willie machte wieder ein grimmiges Gesicht. »Genau der,
mit dem ich reden muß!« Er schritt zur offenen Tür, rief ihm zu
und stieg vom Wohnwagen hinunter. Beide blieben unmittelbar
unter dem Fenster stehen. »Boozy Tim, was zum Teufel ist mit
dir los?« fragte Willie heftig. »Alle sind angelaufen
gekommen, weil sie wissen wollten, was heute mit dir ist, ob
du krank bist.«
Boozy Tim antwortete ernst. »Ich hab bloß versucht
nachzudenken, Willie. Ehrlich, Willie, wenn ich nur fest genug
nachdenken könnte, das weiß ich ganz bestimmt, würde ich dir
mit diesem Weihnachtsmannkerl helfen können, der mir auf
den Fuß getreten ist.«
Willies Stimme wurde sanft. »Dann fehlt dir also nichts?« »Nein, Willie. Ich streng mich bloß an, nachzudenken!« »Bitte, Boozy Tim, tu's nicht mehr. Wir alle brauchen dein
Lächeln!«
»Wirklich, Willie? Okay, dann hör ich auf, wenn du es
willst.«
»Ja, ich will es. Komm, gehen wir auf
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