Jagd auf Roter Oktober
sowjetischer Patriot. Sie sind ein Feind meines Landes und sollen dieses Boot nicht bekommen.«
Er redet zu viel, entschied Ryan. »Haben Sie einen Namen?«
»Mein Name tut nichts zur Sache.«
»Eine Familie?«
»Meine Eltern werden stolz auf mich sein.«
Eindeutig ein GRU-Agent. Nicht der Politoffizier, dafür war sein Englisch zu gut. Großartig – er hatte es mit einem ausgebildeten Agenten und Patrioten zu tun. Keinem Fanatiker, sondern einem Mann, der nur seine Pflicht tat. Er mochte eine Heidenangst haben, aber er würde tun, was zu tun war.
Und das ganze verdammte Boot in die Luft jagen, mit mir an Bord .
Dennoch wusste Ryan, dass er im Vorteil war. Der andere Mann hatte eine Aufgabe zu erledigen. Ryan brauchte ihn nur auf- oder davon abzuhalten. Er schlich zur Steuerbordseite und schaute nur aus dem rechten Auge um die Ecke. Im achterlichen Teil des Raumes herrschte völlige Dunkelheit – ein weiterer Vorteil. Sein Gegner konnte Ryan längst nicht so gut sehen wie er ihn.
»Sie brauchen nicht zu sterben, mein Freund. Werfen Sie nur die Waffe weg –« Und was dann? Würde er im Gefängnis landen oder schlicht verschwinden? Moskau durfte nicht erfahren, dass die Amerikaner das U-Boot gekapert hatten.
»Und der CIA lässt mich am Leben, was?«, spottete die Stimme brüchig. »Ich bin doch nicht dumm. Wenn ich schon sterben muss, soll mein Tod auch einen Sinn haben.«
Dann ging das Licht aus. Auf diesen Augenblick hatte Ryan schon gewartet. Bedeutete dies, dass der Mann mit seiner Arbeit fertig war? Wenn das der Fall war, konnten sie im Nu tot sein. Vielleicht hatte der Mann aber auch nur erkannt, wie verletzlich ihn die Lampe machte. Ausgebildeter Agent hin und her, er war trotzdem ein verängstigtes Bürschchen, das ebenso viel zu verlieren hatte wie Ryan. Verflucht, dachte Ryan, wenn ich ihn nicht bald erwische, sehe ich meine Familie nie wieder.
»Sind Sie noch da, Kapitän?«, rief Ryan.
»Ja.« Das musste dem GRU-Agenten Kummer machen. Ryan hoffte, dass die Anwesenheit des Kapitäns den Mann dazu bewegen würde, sich mehr auf die Backbordseite seines Rohres zurückzuziehen. Ryan duckte sich und spurtete um die Backbordseite seines Rohrs herum. Ramius folgte seinem Beispiel. Es wurde ein Schuss auf ihn abgegeben, aber Ryan konnte hören, dass er ihn verfehlte.
Nun musste Ryan innehalten, sich verschnaufen. Er atmete viel zu hastig.
»Denk nach!«, befahl er sich. Dann rief er:
»Vielleicht kommen wir zu einer Übereinkunft.«
»Klar, wir können ausmachen, in welches Ohr die Kugel kommt.«
«Vielleicht würden Sie gern amerikanischer Bürger werden.«
»Und was wird aus meinen Eltern, Yankee?«
»Vielleicht können wir sie herausholen«, antwortete Ryan von der Steuerbordseite seines Rohrs her und bewegte sich dabei nach links. Wieder machte er einen Satz. Nun trennten ihn nur noch zwei Abschussrohre von seinem Freund von der GRU, der wahrscheinlich versuchte, die Zündmechanismen der Kernsprengköpfe kurzzuschließen und eine halbe Kubikmeile Ozean in Plasma zu verwandeln.
»Komm nur, Yankee, sterben wir alle zusammen.«
Ryan dachte rasch nach. Er konnte sich nicht mehr erinnern, wie viele Patronen er abgefeuert hatte, aber das Magazin enthielt dreizehn. Der Rest musste reichen. Das Ersatzmagazin war überflüssig. Er konnte es in die eine Richtung werfen und sich selbst in die andere bewegen, den Gegner ablenken. Ob das klappte? Verflucht, im Film funktionierte das immer. Fest stand, dass er mit Nichtstun nicht weiter kam.
Ryan nahm die Pistole in die linke Hand und holte mit der rechten das Ersatzmagazin aus der Jackentasche. Mit den Zähnen hielt er das Magazin fest, während er die Waffe wieder in die rechte Hand nahm. Ein kümmerlicher Taschenspielertrick. – Er nahm das Magazin in die linke Hand. Gut, alles klar. Er musste das Magazin nach links werfen und sich nach rechts wenden. Würde das funktionieren? Viel Zeit blieb ihm nicht.
Kaum hatte er sich seinen Plan zurechtgelegt, da tat Ramius den ersten Schritt. Aus dem Augenwinkel sah er den Kapitän auf das vordere Schott zulaufen. Ramius machte einen Satz zum Schott hin und knipste einen Lichtschalter an. Der GRU-Agent gab einen Schuss auf ihn ab. Ryan schleuderte das Magazin und stürmte vorwärts. Der Agent wandte sich um, um zu sehen, was das Geräusch bedeutete.
Als Ryan die Lücke zwischen den beiden letzten Abschussrohren durchflog, sah er Ramius fallen. Ryan hechtete an Raketenrohr eins vorbei, landete auf der
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