Jagd auf Roter Oktober
Stelle drückte, an der das Geschoss ausgetreten war. Dann wickelte er den Gürtel um beide Verbände und zog ihn so stramm wie möglich an.
»Meine Frau würde Zeter und Mordio schreien, wenn sie das sähe, aber für den Augenblick muss es genügen.«
»Ihre Frau?«, fragte Ramius.
»Sie ist Ärztin, Chirurgin. Als ich angeschossen wurde, leistete sie mir so erste Hilfe.« Ramius’ Unterschenkel wurde blass. Der Gürtel saß zu eng, aber Ryan wollte ihn noch nicht lockern. »So, was machen wir mit der Rakete?«
Ramius gab dem Rudergänger einen Befehl, der ihn über die Bordsprechanlage weiterleitete. Kurz darauf betraten drei Offiziere den Kontrollraum. Die Fahrt wurde auf fünf Knoten herabgesetzt, was einige Minuten in Anspruch nahm. Ryan machte sich wegen der Rakete Sorgen und hoffte, die Schaltung, die der Agent eingebaut hatte, auch zerstört zu haben. Jeder der drei Offiziere nahm einen Schlüssel vom Hals. Ramius folgte ihrem Beispiel und reichte Ryan seinen zweiten Schlüssel. Dann wies er zur Steuerbordseite des Raumes.
»Raketenkontrolle.«
Dort befanden sich fünf Instrumentenbretter mit je sechsundzwanzig Leuchten in drei Reihen und einem Schlüsselloch.
»Ryan, stecken Sie Ihren Schlüssel in Nummer eins.« Jack folgte, die anderen Offiziere traten ebenfalls an ihre Plätze. Ein rotes Warnlicht flammte auf, ein Summer ertönte.
Das Instrumentenbrett des Raketenoffiziers war am kompliziertesten. Der Mann betätigte einen Schalter, um das Abschussrohr zu fluten und Luke 1 zu öffnen. Die roten Kontrollleuchten an der Konsole begannen zu blinken.
»Drehen Sie Ihren Schlüssel um, Ryan«, sagte Ramius.
»Wird damit die Rakete abgefeuert?« Mein Gott, was wird dann?, fragte sich Ryan.
»Nein, nein. Die Rakete müsste erst vom Raketenoffizier scharf gemacht werden. Dieser Schlüssel lässt nur die Gasladung explodieren.«
Konnte Ryan ihm vertrauen? Gewiss, er schien ein anständiger Kerl zu sein, aber sagte er auch die Wahrheit?
»Los!«, befahl Ramius. Ryan drehte zugleich mit den anderen den Schlüssel um. Das gelbe Licht über dem roten flammte auf. Das grüne blieb dunkel.
Roter Oktober bebte, als die SS-N-20 Nummer eins durch Gasdruck nach oben ausgestoßen wurde. Es klang wie die Druckluftbremse eines Lastwagens. Die drei Offiziere zogen ihre Schlüssel heraus. Gleich darauf schloss der Raketenoffizier die Luke des Abschussrohrs.
USS Dallas
»Was, zum Teufel – ?«, rief Jones. »Skipper, das Ziel hat gerade ein Rohr geflutet – ein Abschussrohr? Guter Gott!« Auf eigene Faust setzte Jones das Unter-Eis-Sonar in Betrieb und ließ es Hochfrequenztöne ausstoßen.
»Was, zum Teufel, treiben Sie da?«, herrschte Thompson ihn an. Eine Sekunde später tauchte Mancuso auf.
»Was hat das zu bedeuten?«, schnappte der Captain. Jones wies auf seinen Schirm.
»Das U-Boot hat gerade eine Rakete losgelassen, Sir. Schauen Sie, Captain, zwei Ziele. Sie hängt allerdings nur im Wasser. Der Treibsatz ist nicht gezündet worden. Mein Gott!«
Roter Oktober
Schwimmt sie?, fragte sich Ryan.
Sie schwamm nicht. Die Seahawk-Rakete wurde vom Gasdruck nach oben und leicht nach Steuerbord getrieben. Fünfzehn Meter überm Deck von Roter Oktober verlor sie an Schwung, denn die Luke zum Lenksystem, die Ryan geschlossen hatte, war nicht ganz dicht. Wasser füllte die Abteilung und flutete den »Bus«, den Raum in der Nase des Geschosses, der die Sprengköpfe enthielt. Da die Rakete ohnehin negativen Auftrieb hatte, ließ das zusätzliche Gewicht in der Spitze sie umkippen. Die kopflastige Trimmung gab ihr eine exzentrische Bahn, und während Roter Oktober sich entfernte, spiralte sie wie ein geflügelter Ahornsamen zum Grund. In dreitausend Meter Tiefe zerquetschte der Wasserdruck die Hülle des Busses mit den Sprengköpfen, doch der Rest der Rakete blieb bis zum Meeresboden intakt.
USS Ethan Allen
Nun funktionierte an Bord nur noch der Zeitzünder. Er war auf dreißig Minuten eingestellt worden, um der Besatzung ausreichend Zeit zum Überwechseln auf die Scamp zu geben, die sich nun mit zehn Knoten Fahrt entfernte. Der alte Reaktor war stillgelegt worden und nun eiskalt. Nur noch ein paar Notleuchten glühten, gespeist vom restlichen Batteriestrom. Der Zeitzünder hatte drei voneinander unabhängige Schaltungen, die im Abstand von einer Millisekunde ein Signal zu den Bomben sandten.
Man hatte vier Pave-Pat-Blue-Bomben auf die Ethan Allen gebracht. Pave Pat Blue war eine
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