Jagd auf Roter Oktober
Instrumententafel Einstellungen vorzunehmen.
»Chief?«, erklang eine Stimme in seinem Kopfhörer – der Chef.
»Ja, Commander?«
»Kommen Sie bitte einmal in die Hauptkontrolle. Ich möchte Ihnen etwas vorspielen.«
»Schon unterwegs, Sir.« Franklin stand leise auf. Commander Quentin, ehemals Kapitän eines Zerstörers, tat nach siegreichem Kampf gegen den Krebs wieder beschränkt Dienst. Ein Pyrrhussieg, sagte sich Franklin. Chemotherapie hatte zwar die Krebszellen abgetötet, ihn aber fast alle Haare gekostet und seine Haut in eine Art durchsichtiges Pergament verwandelt.
Die Hauptkontrolle war etwas erhöht, damit man alle Arbeitsplätze und die taktische Anzeigetafel an der Wand übersehen konnte. Dank einer gläsernen Trennwand konnte man sich dort unterhalten, ohne die Operatoren zu stören. Franklin fand Quentin in seiner Kommandostation, von der aus er die Vorgänge an jeder Konsole überwachen konnte.
»Wie geht’s, Commander?« Franklin stellte fest, dass der Offizier wieder ein wenig zugenommen hatte. Es war auch Zeit. »Was haben Sie für mich, Sir?«
»Etwas vom Netz in der Barents-See.« Quentin reichte ihm einen Kopfhörer. Franklin lauschte einige Minuten lang.
»Da ist ja allerhand los. Ich höre zwei Alfas, ein Charlie, ein Tango und ein paar Überwasserschiffe. Was gibt’s, Sir?«
»Es fährt auch ein Delta herum, aber das ist gerade aufgetaucht und hat die Maschine abgestellt.«
»Aufgetaucht, Skipper?«
»Ja. Sie setzten ihm ziemlich hart mit aktivem Sonar zu, und dann sprach es ein Zerstörer an.«
»Aha. Ortungsübung, bei dem das U-Boot den Kürzeren zog.«
»Kann sein.« Quentin rieb sich die Augen. Der Mann sah übermüdet aus. Er gönnte sich zu wenig Ruhe und hatte nicht mehr so viel Stehvermögen wie früher. »Die Alfas pingen aber noch und laufen inzwischen in westlicher Richtung, wie Sie gehört haben.«
»So?« Franklin sann kurz nach. »Dann suchen sie nach einem anderen Boot, dem Typhoon vielleicht, das kürzlich ausgelaufen sein soll.«
»Das dachte ich mir auch – nur fuhr es nach Westen, und das Übungsgebiet liegt nordwestlich vom Fjord. Den SOSUS-Kontakt mit ihm haben wir gestern verloren. Inzwischen ist Bremerton angesetzt worden.«
»Argwöhnischer Skipper«, entschied Franklin. »Hat die Maschinen abgestellt und lässt sich treiben.«
»Meine ich auch«, stimmte Quentin zu. »Gehen Sie an die Konsolengruppe für die Nordkap-Barriere und versuchen Sie ihn zu finden, Chief. Unsere Leute, die diesen Sektor überwachen, sind ein bisschen zu jung. Ich setze jemand anders an Ihre Konsole.«
»Gut, Skipper.« Franklin nickte.
»Haben Sie Dallas gehört?«
»Ja, Sir. Sehr schwach nur, aber ich glaube, sie hat auf Nordwestkurs meinen Sektor durchquert. Wenn wir ihr eine Orion-Maschine hinterherschickten, könnten wir sie vielleicht festnageln. Dürfen wir ein bisschen an ihrem Käfig rütteln?«
Quentin lachte in sich hinein. Auch er hatte nicht viel für U-Boote übrig. »Nein, Chief. Wir halten das nur fest und geben dem Skipper Bescheid, wenn er zurückkommt. Haben Sie aber gut gemacht. Sie kennen ja Dallas’ Ruf. Eigentlich sollten wir sie überhaupt nicht hören.«
»Wer’s glaubt«, schnaubte Franklin.
»Melden Sie sich, wenn Sie etwas haben, Deke.«
»Aye aye, Skipper.«
Fünfter Tag
Dienstag, 7. Dezember
Moskau
Es war zwar nicht das prachtvollste Büro im Kreml, aber es genügte seinen Ansprüchen. Admiral Jurij Iljitsch Padorin kam wie üblich um sieben zur Arbeit. Durch die großen Fenster sah er die Kremlmauer. Padorin war der höchste Politoffizier der sowjetischen Marine.
Im Vorzimmer nickte er knapp seinem vierzigjährigen Sekretär zu. Der Verwaltungsunteroffizier sprang auf, folgte seinem Vorgesetzten in sein Dienstzimmer und half ihm aus dem Mantel. An Padorins marineblauem Rock prangten zahlreiche Ordensbänder und die höchste Auszeichnung der russischen Streitkräfte, Held der Sowjetunion, die er sich als sommersprossiger Zwanzigjähriger bei Stalingrad verdient hatte.
Auf Padorins Schreibtisch warteten ein Stapel Post und eine Kanne Tee. Er setzte sich und sah sich zuerst die Berichte der Nachrichtendienste an, Kopien der Meldungen, die täglich morgens und abends an die Kommandostellen der Marine gingen.
Als Nächstes kam die amtliche Post von den Volkskommissariaten von Marine und Verteidigungsministerium. Zum Schriftwechsel der ersten Stelle hatte er uneingeschränkten Zugang, während die Korrespondenz der zweiten
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