Jagd in der Tiefsee (Cryptos)
Dr. Lepods Labor, der mit seinen langen, schlaksigen Gliedern fast selbst aussah wie ein Krake. Butch klebte dem Wissenschaftler förmlich an den Lippen, während dieser freimütig erzählte, wie er es anstellen würde, den Riesenkalmar am Leben zu halten, falls Wolfe tatsächlich das Glück haben sollte, einen an Bord zu ziehen.
An diesem besagten Morgen nun, als Wolfe in der Kantine seine Standpauke hielt, saß Butch nicht etwa zurückgezogen an einem der Randtische, sondern ganz offensiv in der Mitte des Raumes, neben seinem neuen Freund Dr. Lepod. Und obwohl er allen Blicken ausgesetzt war, schenkte ihm niemand die geringste Beachtung. Es gesellte sich auch niemand zu ihnen, was wohl den fischigen Ausdünstungen Dr. Lepods und seinem unansehnlichen Äußeren zu verdanken war.
Butch hätte fast laut losgelacht, als Wolfe sich über die Spukgerüchte ausließ, denn für den vermeintlichen Spuk hatte Butch selbst in den vergangenen Tagen gesorgt. Aber er riss sich zusammen. Er hockte schließlich nicht zum Vergnügen in der Kantine, sondern um herauszufinden, wo die Saurier-Eier lagerten. Wenn Wolfe seinem Zeitplan treu blieb, würde er nach seiner Ansprache direkt zu den Eiern eilen. Und da sicher fast alle Crewmitglieder gleichzeitig zu ihren Labors zurückhasten würden, würde es ein Leichtes sein, Wolfe zu folgen. Doch die Zusammenkunft endete schneller als erwartet und Wolfe verließ die Kantine so überstürzt, dass Butch ihn in dem allgemeinen Gedränge fast verloren hätte. Als er schließlich wieder an ihm dran war, ging keine drei Meter vor ihm Marty O’Hara vorbei. Aber Marty blickte nicht in seine Richtung, er unterhielt sich mit einem Mann, der Butch irgendwie bekannt vorkam. Aber Butch hatte keine Zeit zu überlegen, wo er ihm schon einmal begegnet war, denn Wolfe legte ein ziemliches Tempo vor.
Butch drängte sich durch das Gewühl auf den Gängen und sah Wolfe um eine Ecke verschwinden. Er machte ein paar Laufschritte und erspähte Wolfe gerade noch in der Tür zur Kommandobrücke. Schnell schob er sich in eine Nische auf dem Gang und beobachtete Wolfes Kästchen auf dem Gizmo, das jetzt neben den Kästchen des Kapitäns, des ersten Maschinisten und des Bordfunkers aufblinkte. Wolfe hinkte seinem Zeitplan ein wenig hinterher. Doch dann plötzlich, siebeneinhalb Minuten nachdem er die Brücke betreten hatte, verschwand sein Kästchen. Und einen Moment später trat Wolfe wieder in den Gang und eilte, ohne einen Blick nach rechts oder links zu werfen, an Butchs Nische vorbei. Butch gab ihm zehn Sekunden Vorsprung, dann nahm er die Verfolgung auf. Wolfe steuerte schnurstracks auf das Labordeck zu. Nur einmal hielt er kurz an, um ein paar Worte mit Martys Freund Luther zu wechseln. Als Luther weiterging, verschwand Wolfe in Labor Nr. 9.
»Hier ist es«, sagte Luther, als er mit Marty und Grace vor der Tür von Labor Nr. 9 stand.
»Bist du sicher?«, fragte Grace.
»Na, ich kann natürlich nicht beschwören, dass er immer noch drin ist, aber zumindest ist er da reingegangen, nachdem er mich gefragt hat, ob es mir besser geht.«
Marty warf einen Blick auf seinen Gizmo. Wolfes Kästchen war noch nicht wieder aufgetaucht. Dann inspizierte er das elektronische Türschloss. »Hat er eine Karte eingeführt, um reinzukommen?«
Luther schüttelte den Kopf. »Nee. Er hat nur seinen Gizmo hochgehalten und auf eine Taste gedrückt. Ich denke, er hat Bluetooth, ebenso wie die elektronischen Schlösser. Was bedeutet, dass du deinen Gizmo vermutlich ebenso benutzen kannst, um in die Labors reinzukommen – einschließlich in Nr. 9.« Luther grinste. »Und auch in andere Sicherheitsbereiche. Wahrscheinlich hast du darüber auch Zugriff auf die Kameras und kannst deine Kennmarke deaktivieren – oder die von mir und Grace …«
»Warum klopfen wir nicht einfach?«, schlug Grace vor. »Anstatt hier draußen rumzuhängen und Aufmerksamkeit zu erregen, was Wolfe offenbar gerade nicht will.«
Sie klopfte an die Tür, die wie alle Labortüren ein Spionloch hatte. Einen Augenblick später wurde ihnen geöffnet. Sie hatten erwartet einem wutentbrannten Wolfe gegenüberzustehen, doch stattdessen grinste er sie an.
»Ich habe mich schon gefragt, wie lange ihr wohl brauchen würdet, um den Brutraum zu finden«, sagte er. Er steckte in einem grünen Einmal-Overall, trug einen Mundschutz und OP-Handschuhe. »Kommt rein. Ich wollte euch sowieso gerade anrufen.«
Sie schlüpften hinein und Wolfe schloss die Tür hinter
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