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Jagd in der Tiefsee (Cryptos)

Jagd in der Tiefsee (Cryptos)

Titel: Jagd in der Tiefsee (Cryptos) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Smith
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nicht.«
    »Immerhin hast du sie mit an Bord genommen«, meinte Laurel. »Du versuchst es also, du arbeitest an dieser Angst.«
    »Das sieht Marty ganz anders. Er hat mich schon zigmal gefragt, wann ich sie endlich öffne.«
    »Es geht ja auch nicht um seine leibliche Mutter. Du zögerst, weil das Wesen deiner Mutter dort drinsteckt, das, was ihr wichtig war. Die Kiste ist voll mit ihren Gedanken, Träumen und Erinnerungen. Und was wären wir ohne Gedanken, Träume und Erinnerungen? Manchmal sind die simpelsten Dinge – wie das Öffnen einer Truhe – mit den größten Ängsten behaftet und am schwierigsten anzugehen.« Laurel beugte sich über das kunstvoll illustrierte Manuskript. »Weißt du denn, warum du es zu entziffern versuchst?«
    »Aus Neugierde.«
    »Das mag ein Grund sein, aber ich denke, es gibt noch einen anderen: Könnte es sein, dass du versuchst das Manuskript zu übersetzen, weil du weißt, dass du es eh nicht schaffst?«
    »Wie bitte?«
    »Denk mal darüber nach, Grace. Du hast sowohl das Manuskript als auch die Truhe mit an Bord genommen, obwohl du wusstest, dass du nach Cryptos zurückkehren wirst. Warum?«
    »Weil Wolfe fürchtet, mein Großvater könnte seine Handlanger nach Cryptos schicken. Und da ich nicht will, dass sie die Truhe mitnehmen, hab ich sie lieber selbst mitgenommen. Und was das Manuskript angeht, so habe nicht ich es mit an Bord gebracht, sondern Wolfe. Er hat es mir erst hier, auf See, geschenkt. Zum Geburtstag.«
    »Aber du hattest mitgekriegt, dass das Manuskript aus der Vitrine in der Bibliothek verschwunden war?«
    »Ja.«
    »Und du warst nicht überrascht es von Wolfe zum Geburtstag geschenkt zu bekommen?«
    »Nicht wirklich.«
    »Also, wenn du mich fragst: Ich glaube, du hast die Truhe wegen des Manuskripts mitgenommen. Du hoffst, dass deine Enttäuschung, mit dem Manuskript nicht weiterzukommen, dich dazu bringt, die Truhe zu öffnen. Deine Mutter war eine blitzgescheite Frau. Wolfe hat mir erzählt, dass sie jahrelang versucht hat den Text zu entziffern. Und alle Antworten, die sie gefunden hat, befinden sich in der Truhe. Aber daneben enthält sie natürlich noch viele andere Dinge. Dinge, vor denen du Angst hast.«
    »Was, wenn meine Mutter gar nicht so war, wie ich sie mir vorstelle?«, fragte Grace.
    »Na, bis vor ein paar Wochen wusstest du ja noch nicht mal, dass sie deine Mutter war. Und überhaupt: Es wäre doch genauso gut möglich, dass sie noch viel toller war, als du sie dir vorstellst …«
    »Mein Getue ist lächerlich, ich weiß«, räumte Grace ein. »Magst du die Truhe zusammen mit mir öffnen?«
    »Ich würde dir wirklich gerne dabei helfen, aber du weißt selbst, dass du deine Angst alleine überwinden musst. Genauso wie ich mit meinen Ängsten selbst fertigwerden muss.«
    Laurel streckte ihren Zeigefinger aus und Congo kletterte darauf. Dann setzte sie ihn vorsichtig auf seiner Stange ab.
    »Ich denke, ich sollte mich jetzt mal weiter um das zukünftige Sauriergehege kümmern«, sagte sie lächelnd.
    Grace warf einen Blick auf die Truhe. »Ich bleibe lieber noch eine Weile hier.«
    Als Antwort gab Laurel ihr einen Kuss auf die Stirn und verließ dann leise die Kabine.

Statt eines Desserts
    Butch McCall lag ausgestreckt auf seiner neuen Schlafstätte, einer schmalen Pritsche, die Hände hinterm Kopf verschränkt, ein feistes Grinsen im Gesicht. Er war umringt von seinen neuen Freunden – lauter Wesen mit acht Armen und zwei Fangarmen.
    Na also, dachte er zufrieden, der Erste wäre erledigt. Jetzt sind die Nächsten an der Reihe: Wolfe, Laurel, Ana, diese unausstehliche Reporterin, Bertha und vielleicht sogar, falls es sich ergibt, Luther Smyth und Phil.
    Mit Marty O’Hara war es ein Kinderspiel gewesen …
    Butch hatte gerade in der Kantine gesessen, den letzten Bissen eines vorzüglich gegrillten Rindersteaks in den Mund geschoben und überlegt, ob er noch einen Nachtisch nehmen sollte, als ein extrem müde wirkender Marty durch die Schwingtür trat und den Küchenbereich verließ. Keine Frage: Das Dessert musste warten.
    Lautlos war Butch Marty auf das völlig menschenleere Oberdeck gefolgt und hatte ihn an der Reling lehnen sehen. Mit zwei Sätzen war er bei ihm gewesen und hatte ihn kurzerhand mit einem mächtigen Schubs über die Reling befördert.
    Das Aufplatschen im Wasser hatte er gar nicht mehr abgewartet, sondern war auf direktem Weg zu seiner neuen Behausung geeilt: dem Labor von Dr. Lepod.
    Diesem hatte er zuvor erzählt, dass er

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