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Jagd in die Leere

Jagd in die Leere

Titel: Jagd in die Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.M. O'Donnell
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Leute wie du lernen es nie. Wir werden jetzt zu einer anderen Methode übergehen. Zum Wahnsinn. Aber natürlich wird auch das nichts nützen.«
    Das Licht erlosch. Das Zimmer war verschwunden.
    Plötzlich lag der Dichter nicht mehr flach auf dem Rücken auf einer Pritsche, und auch die Drähte und Röhren, die in ihn hineinführten und aus ihm herauskamen, waren verschwunden. Er war auf einer Fläche, die sich irgendwo befand, stand im Sand, unter dem staubigen Licht zweier quadratischer Sonnen, die sich langsam über seinem Kopf bewegten. Da war ein lauer Wind, der von irgendwo hinten Blätter und Schlamm gegen ihn warf, aber so weit er sehen konnte, gab es nichts als Sand. Er bestimmte das Bild der Umgebung.
    »Du«, sagte eine Stimme. »Du da. Wer bist du?«
    »Niemand eures Schlages.«
    »Komm her. Mach die Sache nicht schlimmer als sie ist. Wie heißt du?«
    »Ich bin der Dichter.«
    »Nur der Dichter? Du hast keinen Namen?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    »Wieso?«
    »Ich habe keine Vergangenheit. Ich habe keine Erinnerung. Man hat mich von wo-auch-immer weggeholt und in eine Zelle gesperrt. Die Wächter. Dann gaben sie mir Gedichte zu lesen. Und letztlich endete es damit, daß sie mich folterten. Das ist alles, was ich darüber weiß, was ich bin.«
    »Warum?«
    »Warum? Warum nicht? Weil da nichts anderes ist. Weil, wie ich glaube, sie allen Menschen die Erinne rung nahmen und sie in Zellen sperrten, als sie die Er de okkupierten.«
    »Warum?«
    »Warum was?«
    »Warum steckten sie sie in Zellen? Warum stahlen sie ihre Erinnerungen?«
    Der Dichter fühlte Wind an seinem Rücken. Sandkörnchen sprangen gegen jene Stelle seines Nackens, an der die Wächter ihre Apparate angeschlossen hatten.
    »Weil sie Angst vor uns haben«, sagte er.
    »Das ist das einzige, was ich mir vorstellen kann.«
    »Warum?«
    »Warum sie Angst vor uns haben? Weil wir stärker und besser sind als sie. Weil wir mehr wissen. Weil wir Macht haben. Sie haben die Maschinen, aber wir haben die Macht.«
    Die Stimme wechselte zu einem beinahe freundlichen Plauderton. Es schien, als käme sie aus einer geringen Entfernung, so, als wispere sie hinterlistig nahe des Dichters Ellenbogen.
    »Warum wolltest du es ihnen nicht zeigen?« fragte sie. »Was hattest du vor ihnen zu beweisen?«
    »Ich wollte ihnen zeigen, daß ich auch Gedichte schreiben kann. Gute Gedichte. Ich wollte ihnen be weisen, daß wir Subjekte sind, keine Objekte. Ich woll te ihnen beweisen, daß …«
    »Ja?«
    »Es ist nicht wichtig«, sagte der Dichter wütend.
    »Warum?«
    »Warum! Warum! Warum! Wieso ist es wichtig? Warum fragst du ewig warum ? Um was geht es hier? Ist dies ein Verhör? Warum kannst du nicht mal etwas sagen?«
    »Warum?« fragte die Stimme.
    »Hör auf!« schrie der Dichter. »Hör auf! Hör auf!«
    Er vergegenwärtigte sich plötzlich, an welchem obskuren Ort er sich befand: Er stand bis zu den Knöcheln im Sand. Die Sandkörner gruben sich den Weg in seine Schuhe und der Wind peitschte, heulte hinter ihm und über seinem Kopf. Es gab einen klaren Himmel und zwei Sonnen und eine Stimme, die aus der Nähe und aus der Ferne kam, hinein und hinaus aus allen Räumen seines Seins, und er wußte nicht, was hier vor sich ging. Das war der Punkt, von dem er – zum Teufel – nicht wußte, welche Bedeutung er hatte. Die Stimme stellte Fragen, für die er keine Antworten hatte.
    »Laß mich allein!« sagte er zu der Stimme. »Geh weg. Verschwinde.« Er fühlte sich blasiert, weil er nun die Situation auf die Spitze getrieben hatte. Das Ding war es nicht wert, daß man ihm Aufmerksamkeit schenkte. Wußte man erst einmal, wer die Stimme war und worauf sie hinauswollte, hatte man schon gewonnen. Er hatte absurderweise das Verlangen zu kichern. Es war kindisch. Es war wie jenes alte Spiel.
     
    Einst – er erinnerte sich dessen jetzt klar, was bedeute te, daß sie ihm sein Gedächtnis nicht vollständig genommen hatten, sondern nur bestimmte Erinnerungen. Sie betrogen ihn nur, um ihn zur Aufgabe zu zwingen – als er acht Jahre alt gewesen war, hatten sie ein Spiel gespielt, er und einige Freunde, in einer verlassenen Garage. Es war eine ganz andere Art von Spiel gewesen, nicht das übliche Doktorspiel, das – egal wie man es spielte – schon deshalb langweilig war, weil niemand wußte, was die Mädchen daran so lustig fanden. Es war ein Spiel, das Fragen hieß. Einer von ihnen wurde jeweils dazu auserwählt als Es in einem Kreis zu sitzen; die anderen stellten der

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