Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jagd in die Leere

Jagd in die Leere

Titel: Jagd in die Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.M. O'Donnell
Vom Netzwerk:
nicht so war.
    Im Empfangsraum warteten sie eine ganze Weile mit einer scheinbar unendlich großen Gruppe von gleichaussehenden, hochschwangeren Frauen, die ständig von der Eingangshalle in die inneren Räume gingen und zurückkamen; die meisten von ihnen halten einen verblüfften und glasigen Ausdruck in den Augen. Della hatte den Eindruck, daß die Bäuche idiotischerweise nicht nur das Wichtigste, sondern – wie es schien – zu ihrem einzigen Daseinsgrund überhaupt geworden waren. Die Gesichter, im allgemeinen gezeichnet und vertrocknet, schienen auf irgendeine bestimmte Geisteshaltung fixiert – vielleicht suchte man eine Erklärung – als die Frauen sich hin und wieder abwesend ansahen und ihre Bäuche streichelten. Ihre Gliedmaßen selbst schienen dünn, fast wie in einer Parodie. Mein Gott, dachte Della, ist es das, worauf alles zuführt? Ist das alles, was einen ausmacht? Nur ein Bett zu sein für einen Fötus. Es war unmöglich, daß sie schwanger war, aber falls sie es dennoch war, wußte sie, daß sie nie darüber hinwegkommen würde. Inzwischen lugte James mit unheimlicher Faszination zu den Frauen hinüber, rieb seine Knie und fragte sie ein ums andere Mal, wie sie sich fühle und ob sie nicht sehe, daß sie alle trotz ihres Zustandes schön aussahen; an einer Schwangerschaft sei irgend etwas absolut Unformelles. Etwas Erhöhendes.
    Nach einiger Zeit sagte ihnen die Sprechstundenhil fe, eine große, blonde Frau, die genauso schwanger schien wie der Rest, daß sie nun an der Reihe seien. Sie saßen einige Minuten in einem kahlen, metallenen Untersuchungszimmer. Man gab Della ein weißes Tuch, und die Sprechstundenhilfe sagte, sie solle es wie die anderen tragen, egal wie sie sich fühle, und James stand neben dem Stuhl und tätschelte mit seinen Fingern das Metall, bis sie meinte, in hysterisches Schreien ausbrechen zu müssen. Jedoch gelang es ihr, ihre ganze Überzeugungskraft gebrauchend, ihn zum Verlassen des Zimmers zu bewegen, wobei sie ihm sagte, daß sie dann weniger nervös sei. Er ging, nicht ohne die Türe zuzuschlagen, und endlich kam der Arzt herein. Es war ein dünner, gelber Mann mit Brille, an dessen Hals ein Stethoskop hing und dem das linke Ohr fehlte. Er befahl ihr, sich hinzulegen und sich zu entspannen.
    Sie tat es, so gut sie konnte, und war, auf dem Rüc ken liegend, fasziniert von den runden, fluoreszierenden Birnen, die in einer Art und Weise von der Decke hingen, die an Genitalien erinnerte, während er unterhalb ihrer Taille Dinge zu tun begann, die nicht gedruckt werden können, die sie veranlaßten, sich stöhnend zu winden. So etwas war ihr noch nie passiert: James hat te sie noch nie so erlebt. Es war, als ob dieser Arzt mit seinem Metallwerkzeug eine Reihe von Dingen mit ihr machte, die ihr die Möglichkeiten, die sie lange unterdrückt hatte, schwach bewußt machten; er war im Begriff, Ebenen zu entdecken, von denen selbst James keine Ahnung hatte … es war natürlich alles eine Folter, aber eine Folter auf die raffinierteste und daher zarteste Art. Mehr als alles ändert fühlte Della, daß sie lernte; etwas gänzlich Neues geschah mit ihr unter den pulsierenden Lampen; etwas, das weit jenseits ihrer Vorstellungsgrenze lag.
    Nach einiger Zeit sagte der Arzt, daß sie aufstehen könne, und sie tat es; dann bot er ihr einen Stuhl an, nahm die Brille ab, legte sein Stethoskop beiseite, schien die Drähte an seinem Bein in Ordnung zu bringen und setzte sich auf den Untersuchungstisch. Seine Beine baumelten, während er sie fast unheilvoll ansah.
    »Nichts«, sagte er.
    »Was? Was soll das heißen?«
    »Das heißt, daß dort unten absolut nichts ist. Es gibt nicht den geringsten Hinweis auf eine Schwangerschaft. Es ist natürlich notwendig, die Tests für den Bericht zu machen, und ich werde sie durchführen, aber ich sage Ihnen schon jetzt, daß Sie nicht schwanger sind.«
    »Mir war heute morgen übel. Ich konnte kaum ste hen. Mein Mann dachte, ich hätte alle Symptome.«
    »Ich bin kein praktischer Arzt und kann deshalb nicht über Symptome spekulieren«, sagte der Arzt mit hoher Stimme. »Ich als Gynäkologe und Geburtshelfer kann Ihnen nur sagen, daß Sie meine spezielle Hilfe nicht benötigen. Sie sind nicht schwanger. Bei Ihnen ist keine Ausweitung oder Brustwarzenverfärbung – wie sie bei einer Schwangerschaft typisch sind – festzustellen. Dort unten ist nichts, was mir beweist, daß Sie schwanger werden könnten . Ich sage Ihnen das deshalb so offen, damit

Weitere Kostenlose Bücher