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Jagdfieber

Jagdfieber

Titel: Jagdfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vivian Hall
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jedoch erst zurück, wenn er Gewissheit darüber hatte, ob sie bei ihm bleiben würde. Er konnte in der Zwischenzeit keine Menschen um sich herum ertragen, sondern wollte hier auf ihre Entscheidung warten.
    Genau vor dieser Situation war er früher immer zurückgeschreckt. Die Ungewissheit, ob sie ihn wirklich liebte oder nicht, war einfach unerträglich und rumorte in seinem Brustkorb, in seinem Kopf und in seinen Gedanken. Gern wäre er diesen Druck losgeworden, indem er sich mit einem brachialen Schrei Luft machte, doch seine konservative Erziehung war ihm im Weg, und er fraß wie üblich alles in sich hinein. War es seinem Vater damals ähnlich gegangen? Wie viele Abende hatte er damit verbracht auf Celeste zu warten, wie viele Tränen hatte er vergossen? Heimlich, denn Männer weinten nicht. Nun befand Victor sich in einer ähnlichen Situation, weil er ohne Paige nicht mehr leben wollte.
    Dieses ganze Durcheinander hatte er Charlotte zu verdanken, und er hätte ihr gestern Abend am liebsten den mageren Hals umgedreht. Obwohl sie ihm in gewisser Weise einen Gefallen getan hatte, da sie durch ihre Einmischung klare Verhältnisse erzwang, war ihr Verhalten völlig inakzeptabel. Doch das hatte jetzt hoffentlich ein Ende. Er war gestern noch zu ihr gefahren, um sie zur Rede zu stellen und um ihr mitzuteilen, dass sie sich völlig umsonst so ins Zeug gelegt hatte, weil er nicht im Traum daran dachte, jemals zu ihr zurückzukehren, egal, wie das mit Paige endete. Charlotte kannte ja zwangsläufig sämtliche schmutzige Details über die Ehe seiner Eltern und Celestes Affäre mit Fitzroy. Bestimmt hatte sie angenommen, dass er über Paiges Affäre mit einem verheirateten Mann so entsetzt war, dass er sich wieder auf die alten Spiele einließ. Doch sie hatte sich verrechnet. Er war zwar nicht begeistert über die Sache, aber da er selber jahrelang mit Charlotte geschlafen hatte, konnte er Paige diese Geschichte schlecht zum Vorwurf machen. Ihr Schweigen war es, das ihn verletzt hatte, nicht die Tat an sich. Doch auch das konnte er verzeihen, nachdem sie ihre Gründe vorgebracht hatte. Angst konnte ein starker Antrieb sein, aber auch alles ausbremsen. Er war das lebende Beispiel dafür.
    Charlotte hatte sich komplett verschätzt und ohne es zu wollen den Weg geebnet, damit er mit Paige glücklich werden konnte, sobald sie Jason Mancini über das Ende ihrer Beziehung aufgeklärt hatte. Wieder wurde ihm flau im Magen, wenn er daran dachte, dass sie gerade bei ihm war. Aus der Ferne zu behaupten, dass sie nichts mehr für ihn fühlte, war leicht, aber wie würde sie empfinden, sobald sie ihm in die Augen sah und die Erinnerungen hochkochten? Die Furcht, dass sie nur mit ihm zusammen gewesen war, um sich von ihren Gefühlen von Jason abzulenken, konnte er nicht unterdrücken. Nicht mal, nachdem sie ihm versichert hatte, dem wäre nicht so. Sie sprach von Liebe, die er voll und ganz erwiderte. Nur vertrauen konnte er ihr noch nicht. Dafür war alles zu frisch. Die Wunden in seiner Seele mussten erst heilen.
    Victor merkte, dass er wie angewurzelt mitten im Raum stand, und schüttelte die Lethargie in seinen Gliedern ab. Er ging ans Fenster, starrte hinaus. Es regnete mal wieder Bindfäden, die Umgebung wirkte dunkel und wenig einladend, obwohl die Nacht noch fern war. Spontan beschloss er abzuwarten, bis der Niederschlag nachließ, um dann umgehend zurück nach Seymour Manor zu reiten, auch wenn er es ursprünglich anders geplant hatte. Sich ewig zu verstecken, brachte ihn nicht weiter, doch nach der bösen Auseinandersetzung gestern Abend mit Charlotte hatte er einfach einen Ort gebraucht, an dem er wieder zur Besinnung kommen konnte. Er dachte an den gestrigen Abend zurück, als er am Stadthaus der Fitzroys Sturm geklingelt hatte und zu seiner Überraschung nicht auf Charlotte, sondern auf seinen alten Erzfeind William Fitzroy getroffen war …
     
    „Seymour, welch seltener Gast in meinem Haus!“, wurde er von ihm begrüßt.
    Victor stand in der Eingangshalle und hatte keine Lust auf eine Konversation mit dem alternden Ehemann seiner Ex-Geliebten.
    „Ich würde gerne Charlotte sprechen“, forderte er ohne Umschweife. „Sofort!“
    Fitzroy lächelte müde. „Mein lieber Seymour, Sie sollten doch mittlerweile wissen, dass Charlotte überall anzufinden ist, nur nicht zu Hause. Aber kommen Sie ruhig rein. Sie können gerne auf sie warten. In der Zwischenzeit nehmen wir einen Drink und unterhalten uns ein wenig. Vielleicht

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