Jagdfieber
Richtung und betitelte ihn leise als Spielverderber. Er hörte es dennoch und spürte, wie ein unangenehmes Hämmern in seinem Kopf einsetzte. Seine Geduld war ziemlich am Ende.
„Miss Turner, meine Zeit ist wirklich begrenzt, wenn Sie also etwas zu sagen haben, dann tun Sie es jetzt.“ Demonstrativ blickte er auf seine Armbanduhr.
„Ist ja gut, seien Sie doch nicht so ungeduldig“, beschwerte sie sich. „Dad hat mich vorhin angerufen und mir erzählt, dass er Ihr Angebot angenommen hat. Jetzt würde ich gerne unser Gepäck nach Seymour Manor bringen lassen und … nun ja … einziehen.“
„Wieso unser Gepäck?“, hakte Victor verblüfft nach. „Ihr Vater hat mit keinem Ton erwähnt, dass Sie ebenfalls mitkommen. Ich dachte eigentlich, Sie bleiben im Hotel.“
Sie musterte ihn ein wenig befremdet.
„Ich bitte Sie“, äffte sie seinen arroganten Tonfall nach. „Sie glauben doch nicht, dass ich allein im Berkeley bleibe, während mein Vater für teures Geld den ganzen Flügel eines Herrenhauses mietet?“
Victor wollte immer noch nicht wahrhaben, was er da gerade gehört hatte.
„Reisen Sie nicht in ein paar Tagen ab? Es lohnt sich doch kaum, nach Seymour Manor umzusiedeln, wenn Sie ohnehin bald die Heimreise antreten.“
Sie lächelte anzüglich.„Wie kommen Sie denn auf die Idee, ich könnte abreisen? Ehrlich gesagt fühle ich mich ziemlich wohl in England und werde Ihnen noch ein Weilchen auf die Nerven gehen.“
Die Befürchtung hegte er auch. Victor versuchte, sich mental zu sammeln, und lächelte gekünstelt, während er ihre Worte verdaute. Gleichzeitig schalt er sich einen Narren, weil er so heftig reagierte. Was machte es schon, wenn sie mitkam? Ihr Aufenthalt würde nicht ewig dauern, höchstens zwei oder drei Wochen, möglicherweise auch einen Monat, aber spätestens dann würde sie sich langweilen und nach Amerika zurückfliegen. Eine so überschaubare Zeitspanne ließ sich durchaus ertragen, immerhin war das Haus groß genug, um sich bequem aus dem Weg zu gehen.
„Sie sehen nicht gerade begeistert aus“, stellte sie in diesem Augenblick trocken fest. Paige musterte ihn lauernd und meinte gedehnt:„Sagen Sie, kann es sein, dass Sie Angst davor haben, mir nicht widerstehen zu können, wenn ich in Ihrer Nähe bin?“
Jetzt fing sie schon wieder mit diesem Schwachsinn an! Allerdings durchfuhr es ihn in der nächsten Sekunde siedend heiß, dass sie mit ihrer Annahme gar nicht so falsch lag. Er hatte tatsächlich Angst, ihrer lasziven Sinnlichkeit über einen längeren Zeitraum hinweg ausgeliefert zu sein, und fluchte stumm, weil sie die Situation intuitiv richtig einschätzte.
Er räusperte sich und versuchte, seine gleichgültige Fassade aufrechtzuerhalten.
„Ich habe keine Probleme damit, Ihnen zu widerstehen. Machen Sie sich nicht lächerlich, indem Sie sich das einreden. Ich habe weder Angst um meine Tugend noch vor Ihrem Einzug.“
„Tatsächlich.“ Sie wirkte keineswegs überzeugt. „Es macht Ihnen also nichts aus, wenn ich für einige Wochen mit Ihnen unter einem Dach hause?“
Einige Wochen? Victor wurde schwindelig bei dieser Aussicht ...
„Ihr Vater hat den gesamten Westflügel gemietet, und solange er dafür bezahlt, ist es allein seine Entscheidung, wer darin wohnt“, erklärte er nach außen hin völlig ungerührt. „Ich werde ihm da sicher keine Vorschriften machen.“
Sie strahlte ihn an.
„Fein, dann hol ich jetzt meine Notfallreisetasche und komme gleich mit Ihnen. Das restliche Gepäck lass ich dann nachschicken.“
Paige klimperte mit den Wimpern und schenkte ihm einen betont harmlosen Blick.
„Sie nehmen mich doch mit, oder?“
Er mühte sich ein Lächeln ab, obwohl er seinen Kopf am liebsten gegen die nächste Wand gedonnert hätte, bis ihm sein nutzloser Schädel platzte. Verdammt …
„Aber natürlich“, antwortete er übertrieben freundlich und hasste sich für die Anspannung, die aus jeder Silbe herauszuhören war. Er versuchte das zu überspielen. Sie war schließlich nur eine harmlose Frau und kein Mitglied einer terroristischen Vereinigung. Ihr zu widerstehen, würde ein Klacks werden. Immerhin hatte er Charlotte, bei der er sich notfalls austoben konnte, sollte Paige wider Erwarten doch an seinem eiserenen Mantel kratzen …
Fast drei Wochen später musste er einsehen, dass er sich getäuscht hatte. Paige kratzte nicht nur, sie häutete ihn praktisch. Nachdem sie sich auf Seymour Manor häuslich eingerichtet hatte, glaubte er
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