Jagdfieber
nicht mehr daran, dass sie in absehbarer Zeit abreisen würde. Dafür betonte sie zu ausdrücklich, wie wohl sie sich in England und auf Seymour Manor fühlte. Wie eine blutsaugende Zecke setzte sie sich in seinem Leben fest und perfektionierte ganz nebenbei ihre Inszenierung als männermordender Vamp.
Die nächste Schwierigkeit bestand darin, Charlotte aus dieser Sache rauszuhalten. Sollte sie jemals mitbekommen, wie entschlossen Paige Jagd auf ihn machte, würde sie diese unzerkaut zum Frühstück verspeisen und anschließend wieder ausspucken. Sie konnte verflucht unangenehm werden, wenn sie sich von einer anderen Frau bedroht fühlte, und ein amourös motivierter Skandal, weil Charlotte vor lauter Eifersucht die Nerven durchgingen, war nun wirklich das Allerletzte, was er jetzt gebrauchen konnte.
Er sehnte sich zurück nach der Zeit, als Frauen in seinem Leben noch keine besondere Rolle gespielt hatten, doch nun wimmelte es an allen Ecken und Enden von ihnen. Da waren Charlotte, Leanne und Chloe, und nun gesellte sich zu allem Übel auch noch Paige dazu. Selbst in seinem eigenen Haus war er nirgends vor ihr sicher, und Victor stand kurz davor, schreiend die Wände hochzugehen, weil sie ihm andauernd halbnackt auflauerte oder ihm mit irgendeiner Belanglosigkeit auf die Nerven ging. Letztens hatte sie sich sogar ungefragt zu ihm in die Sauna gesetzt, nur mit einem winzigen Handtuch bekleidet, das kaum die aufregenden Formen ihres Körpers verbarg. Sie hatte ihn im wahrsten Sinne des Wortes zum Schwitzen gebracht. Wie ein Feigling war er nach ein paar Minuten aus dem viel zu kleinen Raum geflüchtet, weil sich sein verdammter Schwanz selbstständig gemacht hatte. Steif und dienstwillig hatte sich das Ding in die Höhe erhoben, bereit, sich den Weg in ihr weibliches Zentrum zu ebnen. Bevor er tatsächlich in Versuchung kam, über Paiges kurvigen Körper herzufallen, hatte er die Sauna fluchtartig verlassen.
Seither konnte er ihren halbnackten Anblick nicht vergessen, und das Aus-dem- Weg-Gehen funktionierte nur bedingt, da sie seine Nähe förmlich suchte. Um ihr wenigstens ab und an zu entkommen, war er seit ihrem Einzug oft im Freien unterwegs. Heute hatte ihn jedoch ein unerwarteter Regenschauer dazu gezwungen, früher als geplant den Heimweg anzutreten. Jetzt war er durchnässt bis auf die Haut und stapfte wutentbrannt über den teppichbedeckten Flur im zweiten Stock, um in sein Schlafzimmer zu gelangen. Er war nicht sauer wegen seines durchgeweichten Zustands, sondern weil Paige ihn nach seiner Rückkehr schon in der Eingangshalle erwartet hatte. Mit einem unverschämten Grinsen hatte sie ihm Hilfe beim Abtrocknen angeboten, sich dabei über die saftig-süßen Lippen geleckt und ihn angesehen, als wäre er ihre nächste Mahlzeit.
Er knallte die Tür seiner privaten Räume etwas schwungvoller zu als nötig, sodass die Bilder an den Wänden bedenklich wackelten. Ohne sich darum zu kümmern, machte er zwei Schritte in den Raum hinein, blieb stehen und schöpfte erstmal Atem, um seinen aufgeputschten Adrenalinspiegel abzusenken. Erst dann machte er sich auf den Weg ins angrenzende Bad, um seine Reitkleidung loszuwerden. Ein frustriertes Schnauben entwich ihm. Wenn das so weiterging, würde ihn dieser hübsche Quälgeist in die trostlosen Hallen einer Irrenanstalt treiben. Wütend darüber, dass sie so einen Einfluss auf ihn hatte, begann er, mit ruckartigen Bewegungen die weichen Handschuhe aus hellbraunem Hirschleder von seinen Fingern zu ziehen. Achtlos ließ er sie zu Boden fallen. Seine klassisch geschnittene Reitjacke aus edler Schurwolle ereilte das gleiche Schicksal und endete als unordentlicher Haufen gleich daneben. Sein Schneider hätte bei diesem Anblick ganz sicher die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, doch Victor scherte sich weder um ihn noch interessierte ihn der Zustand seiner Garderobe, während er sich das helle Hemd vom Körper riss, als würde es ihm auf der Haut brennen. Er pfefferte es zusammengeknüllt auf das Jackett, stieg achtlos darüber hinweg und setzte sich auf den Badewannenrand, um die auf Hochglanz polierten Reitstiefel von seinen Füßen zu ziehen. Anschließend wurde er auch den Rest seiner Kleidung los.
Er erhob sich wieder und lief auf den Spiegel zu. Nach einem kurzen Blick hinein musste er sich eingestehen, dass er wirklich mitgenommen aussah. Blass, abgezehrt und mit dunklen Schatten unter den Augen. Paige brachte ihn nicht nur um seine innere Ruhe, sondern auch
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