Jagdfieber
zuwandte.
„Ich suche eigentlich, Victor. Er hat mir vor einiger Zeit eine dicke Spende für ein Frauenhaus versprochen, und ich habe vor, ihn heute beim Wort zu nehmen und ihn finanziell ordentlich zu rupfen. Leider ist der Gute unauffindbar. Hast du eine Ahnung, wo er steckt?“
Sie klang ungeduldig, als wäre es ein Verbrechen, dass er nicht wie ein Hündchen an ihrem Rockzipfel hing und ihr hinterherhechelte. Paige hätte ihr am liebsten entgegengeschleudert, dass ein Mann wie Victor nie und nimmer am Gängelband einer Frau enden würde, doch der letzte Rest an gesundem Menschenverstand hielt sie davon an.
Quinn zuckte derweil ratlos die breiten Schultern. „Tut mir leid, Charlotte. Ich wusste nicht mal, dass er heute hier ist. Die Masse an Gästen ist total unübersichtlich, ich könnte den ganzen Abend hier herumrennen und ihn ständig verpassen.“
Mrs. Fitzroy lächelte dünn. „Madeline hat mir eben erzählt, er wäre in Begleitung von irgendwelchen hinterwäldlerischen Amerikanern hier aufgetaucht. Ich frage mich wirklich, warum er sich mit solchen Leuten abgibt. Jeder weiß, wie ungebildet und stillos diese Neureichen aus diesem kulturlosen Land sind.“
Ihre Miene drückte nichts als Unverständnis und Verachtung aus, als würde sie sich über ekliges Getier auslassen und nicht über menschliche Wesen.
Paige stand kurz davor zu platzen, weil sie dieses dumme Geschwätz über sich ergehen lassen musste, und schickte ihre Manieren auf eine Reise ohne Wiederkehr.
„Auf die Gefahr hin, Sie in Verlegenheit zu bringen“, warf sie ein und verlieh ihrer Stimme einen möglichst süßlichen Unterton, „aber ich bin zufällig diese stillose Amerikanerin, die in Victors Begleitung hierhergekommen ist.“ Sie hob lässig die Schultern, als sie noch hinzufügte: „Ich vermute mal ganz stark, dass es an mir liegt, dass Sie ihn nicht finden können. Er traut sich wohl selbst nicht über den Weg, wenn er in meiner Nähe ist.“
Quinn hustete, wohl um sein Lachen darunter zu ersticken, doch Paige hatte keinen Blick für ihn übrig. Sie fixierte unablässig Charlotte Fitzroys aristokratisches Gesicht und sah, wie sich deren blonde Brauen synchron emporreckten, bis sie wie die Dopplung des Pariser Triumphbogens aussahen.
„Was wollen Sie damit sagen? Sprechen Sie nicht in Rätseln“, ereiferte sich Charlotte ungeduldig.
Paige konnte immer weniger verstehen, was Victor an dieser arroganten Ziege so toll fand, und spitzte maliziös die Lippen, bevor sie einen kurzen Blick zu Quinn warf, der – halb in sich hineinlachend und halb verzweifelt – dem hin-und hergehenden Schlagabtausch lauschte.
„Fragen Sie doch Mr. St. Clair, was es mit mir und Victor auf sich hat“, riet sie Victors Geliebter. „Obwohl es Ihnen als verheiratete Frau eigentlich egal sein kann, was mich mit ihm verbindet“, fügte sie doppeldeutig hinzu und blickte demonstrativ auf den funkelnden Ehering, der die rechte Hand der anderen schmückte.
Mrs. Fitzroy wurde noch blasser, als sie ohnehin schon war, und Paige beschloss zu verschwinden, bevor diese Hexe die Beherrschung verlor und wie ein Fischweib auf dem Marktstand die Aufmerksamkeit des gesamten Saals auf sich zog.
„Nun, ich werde mich jetzt unter die Leute mischen und meinen ungebildeten und neureichen Vater suchen. Ehrlich gesagt feiere ich lieber mit hohlköpfigen Hinterwäldlern als mit einer bösartigen Klapperschlange, die ihr fortschreitendes Alter dadurch zu kompensieren versucht, andere Leute mit dämlichen Kommentaren zu belästigen.“
Sie schenkte Quinn noch ein entschuldigendes Lächeln, was dieser mit einem Augenzwinkern beantwortete, während Charlotte nach dieser Ansage empört nach Luft schnappte. Paige hätte sich nicht gewundert, wenn sie in der nächsten Sekunde ihre hell lackierten Krallen ausgefahren und sie ihr quer übers Gesicht gezogen hätte. Sie wartete gar nicht erst ab, bis dieser Frau eine passende Reaktion in den Sinn kam, und verschwand eilig im Partygetümmel. Sie hatte die Schnauze voll von diesem blasierten Gehabe und begann sich zu wünschen, sie wäre zu Hause geblieben.
Kapitel 8
Victor fühlte sich innerlich wie zerrissen. Nachdem er sich mit Edgar Sorenson und seiner charmanten Frau unterhalten hatte, war ihm sein ziemlich trostlos wirkender Bruder aufgefallen, der an der Bar lümmelte und Trübsal blies. So rasch es die Höflichkeit zuließ, hatte er sich von den Sorensons verabschiedet, um den Grund für Ryans schlechte
Weitere Kostenlose Bücher