Jagdfieber
zu, ich muss dir was sagen, es ist wichtig …“
Seine Stimme zitterte hörbar, seine Finger schoben sich durch sein dichtes Haar und strichen es zurück. Eine Geste, die nicht lässig wirkte, sondern nur fahrig. Ross war nervös. Ihre eigenen Sorgen verdrängend, betrachtete sie seine unruhige Mimik und wunderte sich über sein seltsames Verhalten.
„Was ist denn los, du jagst mir ja Angst ein.“
Er konnte ihr kaum in die Augen sehen, wich ihr aus und ergriff ihren Oberarm.
„Komm, wir gehen raus. Ich will nicht riskieren, dass uns jemand zuhört.“
Widerspruchslos ließ sie sich durch die Drehtür ins Freie geleiten. Kalte Luft schlug ihr entgegen und füllte ihre Lungen. Nach der etwas dämpfigen Atmosphäre empfand sie die Temperaturen draußen beinahe als angenehm, bis die Kälte durch den dünnen Überwurf zu ihren Schultern vordrang. Schützend schlang sie die Arme um ihren Oberkörper, während sie ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat. Aus den Augenwinkeln suchte sie bereits nach einem Taxi, weil sie keine Lust hatte zu erfrieren. Wenigstens kühlte der frostige Wind ihre erhitzten Gedanken, und sie fand langsam wieder zu sich selbst zurück. Blöder Victor …
„Also, rück schon raus. Was ist so geheimnisvoll, dass kein Mensch uns dabei zuhören darf?“
Sie schenkte ihm einen schrägen Seitenblick, doch er lachte nicht wie erwartet, sondern blieb ungewohnt ernst.
„Es geht um deine Mutter.“
Paige stutzte und fing langsam an, Ross’ Urteilsvermögen in Zweifel zu ziehen.
„Also wirklich, Dad. Was hast du nur gerade mit ihr? Hast du mir nicht immer gepredigt, Tote sollte man ruhen lassen?“
Wieder ein unsteter Blick, dann strich er Paige fürsorglich übers Haar, wie früher, wenn er sie trösten wollte. Jetzt war sie wirklich beunruhigt.
„Oh Krümel, ich weiß gar nicht, wo oder wie ich anfangen soll. Ich wollte dich immer nur schützen, und jetzt merke ich, dass alles umsonst war.“
Paige konnte sich keinen Reim auf sein Verhalten machen, hatte aber ein extrem ungutes Gefühl, das seinen ultimativen Höhepunkt erreichte, als sich eine leicht heisere Frauenstimme in den Dialog einmischte.
„Ross Turner, wag es ja nicht, sie ohne mich aufzuklären! Ich habe ein Recht darauf, dabei zu sein.“
Sein Kopf schoss herum, blitzschnell. „Du hast alle Rechte verloren, als du damals abgehauen bist, Lee. Verschwinde, bevor ich endgültig die Beherrschung verliere und etwas tue, was ich später vielleicht bereue. Du hast hier nichts verloren!“, fuhr er die Unbekannte an. Seine Stimme war harsch, mit einem bitterbösen Unterton, der Paige Angst gemacht hätte, wäre er an ihre Adresse gerichtet gewesen.
Die Frau ließ ein blechernes Lachen hören, unverhohlene Verbitterung schwang darin mit. „Für dich bin ich immer noch Leanne, mein Bester. Außerdem hast du kein Recht mir Vorhaltungen zu machen. Du hast mir doch in Italien nachgestellt, mich erpresst und damit alles erst ins Rollen gebracht“, schrie sie zurück und kümmerte sich nicht um die neugierigen Blicke der vorbeilaufenden Passanten, die trotz der späten Stunde noch unterwegs waren.
„Halt den Mund, Leanne, oder ich schwöre, ich vergesse mich …“, presste ihr Vater hervor.
Paige fühlte sich komplett überfordert und versuchte, einen Blick auf Ross’ Gesicht zu erhaschen. Es gelang ihr, und sie war schockiert über den Hass, der seine Züge in eine eiserne Maske verwandelte und seine Augen in beißende Säure, die sich in den Blick der fremden Frau fraß. Um bei Ross so eine heftige Reaktion hervorzurufen, musste sie schon etwas Schwerwiegendes verbrochen haben. Nicht für alles Geld der Welt wollte sie jetzt in ihrer Haut stecken, und gleichzeitig trieb sie die Frage um, wer sie war und was sie mit Ross verband. Er schien sie gut zu kennen, so wie er mit ihr sprach, und sie hatte ihm Erpressung vorgeworfen, von Italien gesprochen …
Ihre Gedanken wirbelten kreuz und quer durcheinander, ohne dass sie zu einem vernünftigen Ergebnis kam. Schließlich siegte ihre Neugier, und sie lief um ihren Vater herum, da er keine Anstalten machte zur Seite zu treten. Paiges Blick kollidierte mit dem einer rassigen Dunkelhaarigen, und für einen winzigen Augenblick blieb ihr wortwörtlich die Spucke weg. Alter Schwede! Kein Wunder, dass Ross keine Lust gehabt hatte, Italien zu verlassen. Diese Frau sah einfach sensationell aus, und zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte Paige sich im direkten Vergleich mit einer
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