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Jagdfieber

Jagdfieber

Titel: Jagdfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vivian Hall
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anderen wie ein Mauerblümchen. In dem rubinroten Kleid ihres weiblichen Gegenübers steckte ein üppig wogender Busen, der in eine superschmale Wespentaille überging. Sanft gerundete Hüften machten den Eindruck einer hinreißenden Venus komplett. Paige war schwer beeindruckt, nur der Gesichtsausdruck machte sie stutzig. Auf den Zügen der anderen zeichneten sich Ärger, Frust und noch etwas anderes ab, das Paige nicht einzuordnen wusste. Außerdem kam sie ihr unglaublich bekannt vor. Sie legte die Stirn in Falten und versuchte, sich daran erinnern, wo sie diese Frau schon mal gesehen hatte, doch ihr Gedächtnis ließ sie total im Stich. So sehr sie sich auch bemühte und ihr Gehirn nach Anhaltspunkten durchforstete, sie fand nichts anderes als gähnende Leere, bis es ihr wie Schuppen von den Augen fiel. Vor ihr stand eine ältere Version ihrer selbst. Ihr Kopf begann zu rotieren, als ihre Gedanken wie ein Squashball hin und her sprangen. Es dauerte endlose Sekunden, bis sie sich wieder in der Lage fühlte, ihren Verstand zu benutzen und die wenigen Informationen zu verarbeiten, die sie gerade aufgeschnappt hatte. Doch sobald sie anfing, die eben gehörten und an sich sinnlosen Satzfetzen in einen schlüssigen Kontext zu setzen, war es gar nicht mehr so schwer, ein plastisches Bild vor Augen zu haben. Alles ergab einen tieferen Sinn: Ross’ merkwürdiges Benehmen in der letzten Zeit, die schlaflosen Nächte und die dunklen Schatten unter seinen Augen, die auf stundenlanges Grübeln und Sorgen hinwiesen. Dann die immerwährenden Versuche, die Unterhaltung auf ihre Mutter zu lenken, sein unbedingter Wille, in Erfahrung zu bringen, wie ihre Reaktion aussehen könnte, würde sie noch leben. Paige wusste genau, was das unterm Strich bedeuten musste, doch genau das wollte sie nicht wahrhaben. Also verschloss sie sich vor der Möglichkeit, diese Frau hier könnte ihre Mutter sein. Sie war tot. Punkt.
    Aufgewühlt suchte sie visuellen Kontakt zu ihrem optischen Ebenbild. Diese Frau … vielleicht ihre Mutter, sie konnte den Gedanken einfach nicht gänzlich ausblenden … kam nun ein paar Schritte näher und stand im Lichtschein einer Straßenlaterne. Doch näher als bis auf zwei Meter wagte sie sich nicht heran. Ross’ Gesichtsausdruck hätte selbst einen tollwütigen Hund auf Abstand gehalten.
    Paige erkannte sich selbst in den tiefblauen Augen. Sie waren ihren so ähnlich, ebenso das zartknochige Gesicht, das von einem Ausdruck dominiert wurde, der verdächtig nach Schuldgefühlen aussah. Es war gespenstisch, als würde sie in einen Spiegel schauen, der ihr die Zukunft zeigte. Hilfesuchend drehte sie den Kopf zu ihrem Vater, der nach wie vor kaum Notiz von ihr nahm, weil er gerade damit beschäftigt war, diese Lee oder Leanne in Grund und Boden zu starren.
    „Dad?“
    Sie würgte das Wort förmlich heraus, und endlich sah er sie wieder an. Den Mund zusammengepresst erwiderte er ihren Blick und hatte sichtlich Mühe, seine Erregung im Zaum zu halten. Ein falsches Wort, eine falsche Geste und er würde explodieren. Sie musste dennoch an dieser Stelle einhaken, nachfragen. Sie konnte gar nicht anders.
    „Ist diese Frau meine Mutter? War es das, was du neulich gemeint hast?“
    Er antwortete nicht, senkte den Blick auf den Boden und betrachtete eingehend seine schwarzglänzenden Schuhspitzen. Paige brauchte ohnehin keine mündliche Bestätigung mehr, seine Reaktion war eindeutig. Überfordert fixierte sie die stuckverzierte Hotelfassade und versuchte nicht umzufallen, während ihr die Beine immer weicher wurden. Das war zuviel. Erst die Begegnung mit Victor, dann seine schnelle Nummer mit Charlotte im Putzraum, und jetzt stand sie ihrer Mutter gegenüber, die angeblich seit vielen Jahren unter der Erde lag und doch putzmunter durch London flanierte. Sie lebte. Sich das bewusst zu machen, war wie langsames Ersticken. Die Luft wurde knapper und knapper, ihre unmittelbare Umgebung und alles darüber hinaus verschwammen zu einem formlosen Gemisch aus Menschen, Häuserfassaden und parkenden Autos.
    „Paige, bitte schau mich an.“
    Die behutsame Bitte ihres Vaters holte sie kurzzeitig zurück, sie folgte seiner Aufforderung und schluckte hart. Diese Hilflosigkeit, die seine Mimik offenbarte, verdrängte die übliche Selbstsicherheit aus seinen Zügen.
    „Es ist also wahr … diese Frau … ist meine Mutter?“
    Er bestätigte nickend ihre heiser geflüsterte Frage. Paige rang nach Luft, ihre Atmung mutierte zu einem

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