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Jagdfieber

Jagdfieber

Titel: Jagdfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vivian Hall
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der Liebe kennst du dich aus oder wie soll ich das verstehen?“
    Hitze stieg ihr in die Wangen. Was das Thema anging, war sie wohl wirklich nicht der richtige Ansprechpartner. Sie räusperte sich verlegen.
    „Auf jeden Fall mehr als du“, versetzte sie leicht eingeschnappt, bis ihr klar wurde, dass sich ihr schnippischer Sarkasmus allenfalls kontraproduktiv auf dieses Gespräch auswirken konnte. Gerade jetzt, wo er sich das erste Mal öffnete und sie in seine Seele blicken ließ, musste sie wieder die Zicke raushängen lassen.
    Halt deine vorlaute Klappe, Paige …
    Sie beschloss, sich zu entschuldigen. „Sorry, Victor“, murmelte sie kleinlaut. „Das war jetzt wirklich unnötig.“
    Sie fühlte, wie er ihr eine Haarsträhne übers Ohr nach hinten strich. „Vergiss einfach alles, was ich dir erzählt habe. Es ist vorbei, lange her.“
    Nicht für dich , dachte sie und legte ihre Finger über seinen Handrücken. Für dich war es erst gestern.
    „Ich werde das Thema nicht mehr anschneiden, wenn du es nicht willst, aber ich möchte, dass du weißt, wie leid es mir tut, dass du so etwas ertragen musstest.“ Sie schüttelte verständnislos den Kopf. Wie konnte man einem Menschen nur dauerhaft so viel Schmerz zufügen? „Es wäre besser gewesen, sie hätte ihn früher verlassen. Jemanden so auszunutzen …“
    Sie beendete den Satz nicht, weil ihr siedend heiß einfiel, dass sie im Grunde kein Stück besser war. Hatte sie nicht auch Emilys Freundschaft ausgenutzt, als sie mit deren Ehemann geschlafen hatte? Und das nicht nur ein Mal, sondern mehrfach. Paige wurde ganz anders bei dem Gedanken, Victor könnte jemals davon erfahren. Er würde sich in seiner Meinung über sie bestätigt sehen und sie fallen lassen wie eine heiße Kartoffel. Und genau das wollte sie um jeden Preis verhindern. Victor und sie … sie waren beide gebrannte Kinder, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Doch gerade deswegen würden sie einander guttun. Sie konnten zusammen lernen, zu vertrauen und Bindungen aufzubauen. Kurz spielte sie mit dem Gedanken, ihm von Jason zu erzählen, doch sie verwarf die Idee so schnell, wie sie ihr in den Sinn gekommen war. Das konnte nur in die Hose gehen, und nachdem sie jetzt wusste, wie empfindlich er auf Betrug jeglicher Art reagierte, würde sie einen Teufel tun und sich selbst mit einem Geständnis ins Abseits befördern. Nie und nimmer würde sie zulassen, dass ihre Vergangenheit ihre Chancen bei Victor ruinierte.
    „Du bist auf einmal so still.“
    Ganz leise drang seine Feststellung an ihr Ohr, riss sie aus ihren Überlegungen und ließ sie den Blick heben. Er betrachtete sie eindringlich. Paige hatte Angst, dass man ihr die Schuldgefühle vom Gesicht ablesen konnte, und versuchte, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
    „Wie bist du eigentlich in die Fänge von dieser Hexe geraten?“, wollte sie wissen und atmete erleichtert auf, als er die Augen verdrehte. Gerade noch so eine verfängliche Situation abgewendet!
    „Charlotte …“ Er hob ein wenig gleichgültig die breiten Schultern. „Ich hab mich an sie herangemacht, um Fitzroy eins auszuwischen.“ Ein verächtlicher Ausdruck prägte seine Mimik. „Er hat sie nicht mal ein Jahr nach Mutters Tod geheiratet. So schnell hat er sie ausgetauscht, und für so einen Kerl hätte sie ihre Familie verlassen. Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Ich fing an, Charlottes Nähe zu suchen, und es war kinderleicht, sie flachzulegen.“
    Paige gingen fast die Augen über, als sie die Genugtuung in seinem Gesicht wahrnahm. Doch noch mehr schockierte sie die Zeitspanne, von der er sprach. Sie war nur noch zu einem leisen Flüstern fähig.
    „Ich habe nicht geahnt, dass ihr schon so lange …“
    Paige brach ab und schaffte es auch nicht, ihn weiter anzusehen. Die Stille zwischen ihnen dehnte sich aus, wurde so breit, wie die chinesische Mauer lang war, und zerteilte die eben erst gewonnene Nähe in tausend kleine Einzelteile. Paige war sich nicht sicher, ob man diese unzähligen Mosaiksteinchen wieder zusammensetzen konnte.
    „Du siehst enttäuscht aus.“ Er klang beinahe beleidigt.
    „Klar bin ich enttäuscht“, hielt sie dagegen. „Ich kann mir ja vorstellen, dass es dir eine gewisse Befriedigung bereitet hat, es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen, aber dass du das schon seit so langer Zeit durchziehst, das finde ich ehrlich gesagt fast schon pervers. Ich meine, das muss doch fast zwanzig Jahre her sein, wenn ich mich nicht

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