Jagdfieber
irre.“
„Neunzehn, um genau zu sein.“
Sie holte tief Luft. „Dann eben neunzehn“, wiederholte sie angespannt. „Der Punkt ist doch, dass du schon dein halbes Leben mit ihr zusammen bist, und ich frage mich gerade ernsthaft, was das mit uns eben sollte.“ Sie war ziemlich laut geworden und schrak selbst vor dem Vorwurf in ihrer Stimme zurück.
„Das mit Charlotte und mir ist kompliziert“, entgegnete er, korrigierte aber gleich nach. „Oder besser ausgedrückt: Ich bin kompliziert. Das lässt sich nicht in ein paar Sätzen abhandeln, und ich sehe auch keine Veranlassung dazu, das zu tun.“
Ihre Reaktion bestand aus einer wegwerfenden Handbewegung. „Schon gut, du bist mir keine Rechenschaft schuldig, und wenn du nicht über sie reden willst, dann lass es eben bleiben.“
Sie hörte selbst, wie unendlich gekränkt ihre Stimme klang.
„Paige ...“
„Ich möchte jetzt gerne gehen“, unterbrach sie ihn, stand auf und lief durch den Raum, um ihre Kleidung aufzusammeln. Er hingegen legte sich wieder auf den Rücken und verschränkte erneut die Arme hinter dem Nacken, während er ihr dabei zusah. Es war geradezu aufreizend, wie gelassen er wirkte, während sie innerlich tobte.
„Hör auf, mich so anzusehen, das nervt“, motzte sie.
Er verzog keine Miene, was sie als reinste Provokation empfand. Stinksauer auf sich selbst, weil sie sich so aufregte, anstatt wie eine Erwachsene mit der Sache umzugehen, schlüpfte sie auf einem Bein hüpfend in ihren Slip und anschließend in die Hose.
„Du bist wirklich süß, wenn du dich aufregst“, warf er plötzlich ein und schmunzelte, als hätte es dieses trübsinnige Gespräch niemals gegeben.
Völlig entnervt blitzte sie ihn an, weil sie sich verarscht vorkam. Sie zog ihren BH an und versuchte mit bebenden Fingern, die Ösen miteinander zu verbinden, rutschte aber immer wieder ab.
„Du solltest ihn weglassen, wenn du ihn nicht zukriegst“, riet er ihr und gluckste.
Sie sandte ihm einen mörderischen Blick, der ihn in ein heulendes Häufchen Elend verwandeln sollte, und schaffte es schlussendlich doch, die Haken zu schließen.
„Deine Ratschläge kannst du dir sonst wohin stecken“, antwortete sie so giftig, wie es ihr nur möglich war.
„Tss … deine Manieren waren auch schon mal besser“, erklärte er ungerührt und deutete mit dem Kopf auf ihren Oberkörper. „Sag mal, seit wann trägst du die Dinger eigentlich? Ich dachte, du magst keine Unterwäsche.“
Sie wirbelte herum, nachdem sie ihre Bluse vom Fußboden aufgehoben hatte. In der Zwischenzeit war sie getrocknet.
„Ich sag dir, was ich nicht mag: dich, wenn du mir so dämliche Fragen stellst. Und jetzt …“, sie atmete tief durch, „… hättest du vielleicht die Güte und bringst mich zurück aufs Anwesen? Der Regen hat aufgehört, falls du das nicht mitbekommen hast.“
„Dass Frauen immer so biestig werden müssen, wenn sie eifersüchtig sind.“
„Eifersüchtig? Davon träumst du höchstens“, erklärte sie und erntete nur ein hochmütiges Grinsen von ihm.
Die Situation entglitt ihrer Kontrolle, je länger das Wortgefecht andauerte. Rhetorisch war sie ihm einfach nicht gewachsen, und sie beschloss, diesen Disput zu beenden, bevor sie richtig ins Hintertreffen geriet.
„Hör zu, ich will nicht streiten. Einigen wir uns doch darauf, dass wir diesen Nachmittag vergessen. Es ist einfach nicht passiert“, schlug sie vor, obwohl das wirklich das Letzte war, was sie wollte. Aber der Schmerz darüber, dass er schon seit fast zwei Jahrzehnten Charlottes Liebhaber war, tobte mit unverminderter Kraft in ihrer Brust und schwächte sich auch nicht ab. Victor setzte sich auf und erhob sich, kam langsam auf sie zu …
„Das hast du dir ja fein ausgedacht. Vielleicht erklärst du mir auch gleich, wie ich das anstellen soll, weil ich nämlich verrückt nach dir bin, Paige Turner.“
Sie hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten, um diese süßen, ach so süßen Worte nicht mehr hören zu müssen. Auf der Koppel hatte sie ihm noch prophezeit, dass er schon bald merken würde, wie sehr er sie begehrte, und jetzt hatte sie plötzlich Angst davor.
„Hör auf, solche Sachen zu mir zu sagen, wenn du sie nicht ernst meinst“, erwiderte sie mit dünner Stimme. Diese lästige Hoffnung, er könnte das tatsächlich ernst meinen, ließ sich jedoch nicht abschütteln, und so wich sie nicht zurück, als der Abstand zwischen ihnen zusammenschmolz. Begehren schnürte ihr die Kehle zu, als
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