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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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Exzessen an Spendenfreudigkeit hinreißen konnte. So mancher hatte das Portemonnaie gezückt, wenn seine Kinder einen Groschen für den Pfeifer und Drummer haben wollten. Ein Zeichen des hohen Musikverständnisses in dieser Stadt.
    Nun war der Vorgänger in dem doch wohlverdienten Ruhestand. Jetzt mußte es der »Neue« – Kriminalhauptkommissar Freiberg – zeigen, ob er dem Bonner Klima gewachsen war. Er gluckste ein paarmal vor verhaltenem Lachen. Da war man von Dortmund in die Bundeshauptstadt versetzt – auf eigenen Wunsch und mit viel Hoffnung auf große Taten –, an einen Ort, wo die Kraftlinien der Politik zusammenlaufen, wo sich die ganze Welt durch Botschafter und Interessenvertreter ein Stelldichein gibt. Und nun saß man da mit seinem ersten Fall: einem erschlagenen Stadtstreicher, dessen letztes bißchen alkoholisiertes Leben mit Knüppeln herausgeprügelt worden war. Das würde sich bald aufklären lassen. Wolf Müller, der mit allen Wassern gewaschene Kriminalhauptmeister, hatte die Fäden in der Mordkommission fest in die Hand genommen und schon fast entwirrt. Ihm, dem tatendurstigen Kommissar, blieb nicht viel mehr als »zustimmende Kenntnisnahme«, wie sich im Behördendeutsch so treffend formulieren läßt, – und schlußzeichnen durfte er die Vorgänge noch.
    Kriminalrat Sörensen gebrauchte das »du«. Kriminalhauptkommissar Freiberg konnte sich nicht dazu durchringen, seinem nahezu väterlichen Arbeitskollegen gegenüber diese kumpelhafte Anrede, die hier allgemein üblich war, zu verwenden. Er fühlte sich zu jung und zu unbehaglich im neuen Wirkungskreis. So wickelte sich jeder Dialog in einem Du-Sie-System ab. Die Mitarbeiter hatten allen Grund, darüber zu schmunzeln.
    Nach einem kurzen Händeschütteln sagte Sörensen: »Du könntest mir sehr helfen, wenn du eine schöne weibliche Leiche hättest. Im Europaministerium fehlt eine lebensbejahende Sekretärin.«
    »Seit wann und warum?« fragte Freiberg, froh aus seinem Pennermilieu herausgerissen zu werden.
    »Seit gestern fehlt die Sekretärin des Abteilungsleiters für Europäische Integration. Gemerkt haben die das erst heute, am Dienstag um fünfzehn Uhr. Bei einem Büroboten wäre das bestimmt eher aufgefallen. Warum sie fehlt, möchte ich auch gern wissen. Der scharfe Sicherheitsreferent jagt mit aller gedanklicher Kraft einer Spionin nach und freut sich, daß der Abteilungsleiter Ärger bekommt.«
    »Und was meint der dazu?«
    »Das bleibt noch zu erfragen. Der Herr macht Urlaub an der Algarve. Der Sicherheitsreferent hat gleich die Flugbereitschaft nach Portugal starten lassen, um Sir Henrik – so wird der Ministerialdirektor von seinen Mitarbeitern genannt – zurückzuholen. Wir werfen auch ein Auge auf ihn. Der dürfte bedient sein, wenn nicht gar erledigt.«
    »Wieso erledigt? Hat er damit etwas zu tun?«
    »Das wissen wir noch nicht. Aber ein Sündenbock wird her müssen, wenn sich Brigitte Fournier mit geheimen Unterlagen nach drüben abgesetzt hat. Die Europäer in der Dornenburg sind davon jedenfalls überzeugt.«
    »Und Sie, was halten Sie von dem Fall? Was meint das neunzehnte K?«
    »Bisher keinerlei Beweise, keinerlei Verdacht einer nachrichtendienstlichen Tätigkeit. Auch in der Wohnung auf dem Venusberg keine Spur. Meine Leute haben alles auf den Kopf gestellt. Nichts, was uns weitergebracht hätte. Das Umfeld stimmt einfach nicht. Deshalb noch einmal die Frage: Hast du eine frische Tote?«
    »Tut mir leid, nur den Penner – allerdings auch auf dem Venusberg. Mit dieser Bonner Venus muß ja allerhand los sein.«
    »Das ist kein Hügel der Göttin, auch nicht der ganz kleine. Immer hübsch sauber denken. Du mußt erst mal die Geschichte der Stadt studieren. Venus kommt von ›Venne‹ – und bedeutet Sumpf oder Moor. Hochmoor könnte man auch sagen. Doch das ist längst trocken.«
    »Schwieriges Gelände scheint es in jedem Fall zu sein. Mein Penner reicht mir. Wir haben wirklich keine tote Sekretärin.«
    »Wenn man in diesem Land mit der anderen Seite nur mal telefonieren könnte. Da wird ja schließlich auch deutsch gesprochen. Leitungen sind geschaltet. Doch soviel Innerdeutsches traut keiner dem anderen zu. Vielleicht wüßten wir dann sehr schnell, wo die Fournier geblieben ist.«
    »Sie sollten einfach mal anrufen da drüben, beim Ministerium für Staatssicherheit.«
    »O Mann, o Kommissar, erhalte dir deine Einfalt und Größe. Das neunzehnte K kooperiert mit dem Staatssicherheitsdienst der DDR! Solch eine

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