Jagdhaus in Der Eifel
Fournier etwas los war, wußte aber nicht genau, worum es ging. Der Sicherheitsreferent hatte ihn mit Andeutungen über Spionage und Verrat hingehalten und ihn gleichzeitig gedrängt, nichts Offizielles herauszugeben, allenfalls etwas aus »gut unterrichteten Kreisen« verlauten zu lassen. Sörensen hielt davon nichts. Die Meldung sollte eindeutig vom Ministerium herausgehen, allerdings mit dem Text in vollständiger Verantwortung der Kriminalpolizei. Der Pressereferent war sehr erleichtert. »Wird die Kripo auch bei Rückfragen zuständig sein?« fragte er noch.
»Grundsätzlich ja, aber weisen Sie in einem solchen Fall auf die laufenden Ermittlungen hin, die nicht gestört werden dürfen.«
Die Meldung war extrem kurz gehalten, aber sie würde der aufmerksam beim Morgenkaffee witternden Bonner Beamtenschaft nicht entgehen und sofort das Tagesgespräch in den Ministerien sein, ganz gewiß aber auch bei den hellwachen Korrespondenten der internationalen Presse Eindruck machen.
Beim Frühstück oder im Fond des Dienstwagens würde zu lesen sein:
»Im Europaministerium ist die Sekretärin des Leiters der Abteilung für ›Europäische Integration‹, Brigitte F. 35 Jahre alt, am Montag nicht zum Dienst erschienen. Da auch am Dienstag keine Erkenntnisse über ihren Aufenthaltsort vorlagen, hat die Kriminalpolizei die Ermittlungen über den Verbleib der Sekretärin aufgenommen.«
Kapitel 8
Ministerialdirektor Henrik Aston war doch etwas überrascht, daß ihn ein sehr dringender Anruf aus dem gerade angetretenen Urlaub an der Algarve nach Bonn zurückbeorderte. Die Nachricht, daß seine Sekretärin ein Problem habe und daß irgendwer oder irgend etwas verschwunden sei, war sehr verstümmelt in seinem Hotel in Albufeira angekommen, vielleicht auch von der Rezeption nicht richtig verstanden worden. Allen Versuchen, durch einen Rückruf Klarheit zu gewinnen, war kein Glück beschieden. Die Verbindung nach Deutschland ließ sich aus unerfindlichen Gründen nicht herstellen. Er wußte nur, daß ihn eine Maschine der Flugbereitschaft um zehn Uhr vom NATO-Stützpunkt Beja mitnehmen sollte. Die Strecke wurde viel beflogen, so daß ihm der Gedanke an einen für ihn arrangierten Sonderflug gar nicht gekommen war.
Auch seine Ehefrau Luise war nur wenig beunruhigt. Sie kannte das von Terminzwängen geprägte Leben ihres Mannes nur zu gut. Er war nun einmal eine bedeutende Persönlichkeit im Europaministerium und jetzt ging es um die Erweiterung der Gemeinschaft. Die Integration warf immer wieder Probleme auf, die seine Anwesenheit unerläßlich machten. So mußte sich Luise mit einer kurzen Unterbrechung des Urlaubs abfinden, wie es früher schon der Fall gewesen war. Albufeira war der richtige Ort, an dem man sich auch allein entspannen und erholen konnte.
»Wirst du lange fortbleiben?« fragte sie in dem kameradschaftlichen Ton, der so geeignet ist, über die inneren Beziehungen von Menschen nichts zu offenbaren.
Henrik Aston gab die erwartete Antwort: »Meine Liebe, sobald ich weiß, worum es geht, erhältst du Nachricht. Du siehst, ohne mich läuft nichts in Bonn… Genieße die Sonne, aber schwimm bitte nicht im Meer, das ist noch zu kalt. Paß nur auf, daß uns das sandige Plätzchen an der südlichen Steilmauer reserviert bleibt. Du brauchst nur die Miete für das Sonnensegel im voraus zu zahlen. Und bitte, sei vorsichtig an der Felsenküste, wenn du allein herumkletterst. Sobald in Bonn alles erledigt ist, komme ich zurück. Die verlorenen Tage hängen wir an den Urlaub an.«
»Das kann aber ganz schön teuer werden.«
»Nein, das wird nicht so schlimm, die Kosten für eine dienstlich notwendige Unterbrechung des Urlaubs muß das Ministerium tragen.«
»Ich werde schön brav sein, Henrik. Fado darf ich hören – und das ›Pescador‹ überlasse ich der Jugend.«
Als die Taxe vorgefahren war, gab Luise ihrem Mann das kleine Küßchen, wie sie es nannte, mit dem sie ihn von ihrem Haus aus im Kottenforst zum Dienst verabschiedete, wenn er mit dem Dienstwagen abgeholt wurde. Das große Küßchen blieb anderen Gelegenheiten vorbehalten. Diese Gelegenheiten waren allerdings selten geworden.
»Guten Flug und glückliche Wiederkehr!« wünschte sie. Zu dem burschikosen Fliegergruß »Hals- und Beinbruch« hatte sie sich nicht durchringen können. Den wollte sie lieber den aktiven Luftfahrern überlassen.
Die Taxe war schnell und bequem, ein Mercedes 230, den ein Gastarbeiter mit in die
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