Jagdhaus in Der Eifel
außerordentlich interessant«, sinnierte Doktor ehrenhalber Hermsmeier, und etwas wie Anerkennung lag in seinen Worten. »Die Selbsterhaltungsmechanismen funktionieren in Bonn ja noch besser als bei uns in der Wirtschaft.«
Nachdem die beiden Kriminalbeamten gegangen waren, dauerte es nur noch wenige Minuten, bis auch der letzte Teilnehmer des Empfangs nach Überwindung der bei einem so subtilen Sachverhalt oftmals doch noch vorhandenen Sprachbarrieren, alles hinreichend verstanden hatte. Die Zwanglosigkeit des Umgangstones, seine Unverbindlichkeit, hatte Schaden genommen. Man brauchte kein Meßgerät, um die gesunkene Phonstärke des Geräuschpegels zu ermitteln. Die Bewegungen zur Ausgangstür im Sinne des »Parkinsonschen Gesetzes« erfuhren eine deutliche Beschleunigung.
Die Party hatte ihre Unschuld verloren und löste sich ungewöhnlich schnell auf. Dabei vollzog sich der Dank an die Gastgeber und das Abrufen der Fahrzeuge durchaus in dem Stil, der bei solchen Gelegenheiten üblich ist, ohne Hektik, aber konsequent.
Kapitel 11
Sie waren schon um sieben Uhr vom Präsidium abgefahren, um frühzeitig in Belgien zu sein. Beamte der Police judiciaire und der Gendarmerie wollten auf ihre deutschen Kollegen am Grenzübergang Losheimer Graben warten. So war man gleich in der Nähe des Fundortes der Leiche und konnte den Ortstermin mit dem notwendigen Gespräch über die zwischenstaatlichen Probleme des Falles verbinden.
Der Morgen versprach einen sonnigen Tag. Ohne Gedanken an eine tote Frau, die mit Gewißheit Brigitte Fournier hieß, hätten sich die Insassen des schnellen Dienstwagens vom 19. K wie auf einem Betriebsausflug in die Eifel fühlen können. Aber die Gedanken blieben dem Ereignis verhaftet.
»Ich habe Zweifel, ob es richtig war, gestern die Beförderungsfeier zu stören«, sagte Kriminalrat Sörensen nach rückwärts gewandt. »Die Gesellschaft hatte sehr schnell spitz, daß die Kripo im Hause war. Wir hätten vorher telefonieren sollen. Staatssekretäre erreicht man ohnehin nur selten dort, wo sie nach der Büronotiz eigentlich sein sollten. Ein glücklicher Zufall, daß Dr. Nattinger sein Vertreter im Amt ist. Sonst wäre es doch wohl ein faux pas gewesen.«
»Für mich war es der erste Einblick in die große Welt. Es dürften doch wohl bedeutsame Leute sein, die sich da im ›Haus am Rhein‹ getroffen haben. Nach den Karossen zu urteilen, waren bestimmt einige Millionen versammelt«, meinte Kommissar Freiberg, der sich mit seinem Mitarbeiter den Rücksitz teilte. »Ein Rolls Royce Silverstar, drei Jaguar, jede Menge Mercedes und für die sportlichen älteren Herren die schnellen BMWs. Das erfreut das Herz eines R4-Fans.«
»Millionen Schulden! Was die gepinkelt haben, fließt auch bald in den Rhein. Autos sind dagegen richtig umweltfreundlich«, kommentierte Kriminalhauptmeister Müller mit dem ihm eigenen Respekt vor den Großen dieser Welt.
»Lupus, halt das Nest sauber, das eigene! Du könntest längst im höheren Dienst sein, wenn du deinen Mitmenschen mehr Respekt entgegenbringen würdest.«
»… Nest sauber halten… In welcher Bevölkerungsgemeinschaft leben wir eigentlich? Hier – schaut nach draußen. Sonne über der Eifel, Schönheit des Morgens, Friede im Herzen und den Menschen ein Wohlgefallen. Und wohin fahren wir? Dorthin, wo irgendein Sauhund eine Frau umgebracht hat, weggeworfen im Wald wie einen dreckigen Würstchenteller nach dem Schützenfest. Ich wußte ja immer schon, daß ich im falschen Kommissariat bin! Wenn die auch so aussieht wie der Penner auf dem Venusberg mit seinem vermatschten Schädel, kann ich mich nie wieder an einem schönen Gesicht erfreuen.«
»Leichen sind Menschen wie du und ich, nur etwas kälter«, dozierte Kommissar Freiberg im Jargon des Sonderlehrgangs, den er noch nicht lange Zeit hinter sich hatte.
»Mein hoher Chef und Kegelbruder, wenn du erst anfängst, Leichen interessant zu finden, ist deine Karriere gesichert. Ich schaffe das nie. Aber das steht fest, wenn die so aussieht wie der Penner, werde ich meinem Gehirn Zellteilung befehlen, bis wir dem Killer den Hahn abgedreht haben.«
»Langsam, Lupus, abschwellen! Die sieht bestimmt noch übler aus. Lieg du mal drei Wochen tot im Wald. Aber die Zellteilung – das geht schon in Ordnung. Kann ja nicht schaden, wenn noch ein paar mehr vorhanden sind.«
»Der Überschuß geht an das neunzehnte K. Ganz alter Polizeigrundsatz: Im Ernstfall alle verfügbaren Kräfte schnell
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