Jagdhaus in Der Eifel
Golfstaates, der sein Ölland zu repräsentieren hatte, bis ein neuer Missionschef ernannt werden konnte. Nach dem Staatsstreich hatte sich der Botschafter abgesetzt und politisches Asyl erhalten. Er würde seinem Gastland nicht zur Last fallen, denn der Transfer der persönlichen Vermögenswerte war rechtzeitig erfolgt. Da seine Konten in der Schweiz notierten, würde er seinen Wohnsitz bestimmt bald in dieses Land der Berge und Gelder verlegen. Damit war das Personenschutzproblem in der Bundesrepublik gelöst. Der Etat der Sicherungsgruppe war ohnehin schon reichlich knapp bemessen.
Zur Gesprächsgruppe traten zwei höhere Beamte des Budgetministeriums hinzu. »Die Herren Europäer haben einen so suchenden Blick. Fehlt Ihrem hohen Haus vielleicht noch eine Sekretärin? Oder wird nach dem neuen Abteilungsleiter gefahndet?«
»Vielleicht möchte einer von Ihnen auf den Schleudersitz?« fragte Semper zurück. »Mein Platz ist leider nicht mehr frei, den hat unser Gastgeber. Und der muß sofort die große Verantwortung üben – eine Abteilung leiten, die von allen Führungskräften entblößt ist. Unsere Frau Bessener hat auch eine liebe Kollegin verloren. Sie sollte getröstet werden.«
Der persönlichen Referentin war es gar nicht recht, in einem Zusammenhang mit Brigitte Fournier genannt zu werden. »Unser Spätpensionär belieben zu scherzen. Man sollte nicht von sich auf andere schließen«, warf sie den Ball zurück. »So eine Bürobekanntschaft löst sich schneller auf als sie entstanden ist.«
»Unser aufleuchtender Stasi-Star probt noch den Auftritt«, erklärte Semper weiter. »Wir dürfen gewiß eine große Show erwarten. Solche Inszenierungen wie bei denen da drüben schafft unser Presseamt einfach nicht.«
Der Staatssekretär des Ministeriums war noch auf einen Sprung vorbeigekommen, um seine Aufwartung zu machen. Wie immer war seine Zeit durch »dringende anderweitige Verpflichtungen« sehr bemessen. Nach wenigen belanglosen Gesprächen mit Vertretern der Diplomatie und einem Dank an die Gastgeber fuhr er zur Parlamentarischen Gesellschaft. Dort versprach ein zünftiger Bierabend mit Abgeordneten der »Grabenriege« und einigen Journalisten der sogenannten unabhängigen Blätter mehr Information und Entspannung als der Cocktail im »Haus am Rhein«.
Die Party lief glänzend. Anne Rose und Robert Nattinger hatten wohl noch nie eine so illustre Schar hochrangiger Gäste empfangen. Mehrere Botschafter, Gesandte und zahlreiche Botschaftsräte waren gern gekommen. Dr. Nattingers Rangerhöhung hatte die Schwelle des Protokolls leichter überschreitbar gemacht.
Einige Vorstandsmitglieder von Firmen mit supranationalen Geschäftsbeziehungen und »Bänker« aus Frankfurt und Düsseldorf hatten den weiten Weg nicht gescheut. Sie gaben sich besonders verbindlich. Ihre Bestätigung der Einladung war ziemlich spät erfolgt, weil man zuerst über die Bonner Büros diskret feststellen wollte, ob genügend adäquate Gesprächspartner anwesend sein würden. Nun, das war der Fall. Auch zahlreiche höhere Beamte der Ministerien, mit denen man tunlicherweise guten Kontakt halten sollte, gaben sich und Nattingers die Ehre. Selbstverständlich nahm auch der Bürgermeister der Stadt die Gelegenheit wahr, die Bekanntschaft mit einigen Gesichtern zu erneuern.
Die Fahrer der Dienstwagen wurden im Hobbyraum im Souterrain mit belegten Broten, Kaffee und Kuchen bewirtet. Rauchwaren gab es reichlich, aber keinen Alkohol. Die Fahrer waren schließlich im Dienst. Doch sie waren zufrieden, nicht draußen in den Fahrzeugen warten zu müssen, wie es oft der Fall bei Veranstaltungen mit weniger Niveau war. Über die Haussprechanlage konnte der Abruf so rechtzeitig erfolgen, daß die protokollgerechte Vorfahrt der Wagen jederzeit möglich war.
Gegen 19.15 Uhr, als sich schon einige der Gäste in den Gesprächskreisen so umgruppierten, daß sie dem Ausgang des Salons näherkamen, war noch ein Wagen vorgefahren. Zwei Herren, deren Kleidung korrekt, aber nicht auf die Teilnahme an einem Empfang abgestellt war, betraten, ohne zunächst Aufmerksamkeit zu erregen, den Raum und sahen sich diskret suchend um.
»Nanu«, wunderte sich Ministerialdirigent a. D. Hans Semper und wandte sich an den Sicherheitsreferenten Dr. Rimberger, »Ihr Vollziehungsgehilfe vom neunzehnten K mit einem unbekannten Kollegen – was wollen die denn hier?«
»Unbekannter ist gut«, klärte Dr. Dederichs die Gesprächsrunde auf. »Sie sollten nicht nur die
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