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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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dazwischen. Der ist die Provokation in Person. Du wirst ihn nicht kennen, er war nicht mit bei unseren Nattingers.«
    »Unseren Nattingers. Deine nicht und meine nicht. Brigittes vielleicht. Aber das arme Ding liegt bald tiefgekühlt in Formaldehydlösung auf dem Seziertisch.«
    Dieser Satz traf Hedwig Bessener wie ein kalter Schauer.
    »O Hans, du bist furchtbar mit deiner kaltschnäuzigen Prosa. Sie hat mit uns gelebt. Mir ist der Appetit vergangen bei deinen Reden.«
    »Siehst du nun, wie recht wir getan haben, kein großes Essen zu bestellen? – Wem war sie im Wege? Dem Staatssicherheitsdienst oder einem vom Hüttenkreis? Sir Henrik doch wohl nicht. Dir vielleicht? Warum eigentlich? Eine solche Gespielin läßt sich kaum ersetzen. Oder ist sie dir zu oft fremdgegangen?«
    »Wem auch immer! Du brauchst jedenfalls auf sie nicht mehr eifersüchtig zu sein. Aber auch mit der Wonne ist es nun aus.«
    Hans Semper war von der Ernsthaftigkeit ihrer Worte nicht überzeugt und versuchte unter dem Tisch Hedwigs Oberschenkel zu betasten, sehr diskret, wie auf der Suche nach einem verlorenen Besitz. Das gleichschenklige Dreieck blieb jedoch so fest geschlossen, wie ihre Miene bestimmt und freundlich blieb. Herablassend freundlich, verletzend fast. »Errare humanum est – sprach der Igel…«, machte sie ihm klar, »und der Rest des Verses ist jedem Pennäler geläufig, der wie du eine humanistische Bildung genossen hat.«
    »Dein Jargon ist keine bessere Prosa, nur etwas subtiler. Den Mann mußt du noch finden, der dich versteht.«
    »Ich suche keinen Mann, ich suche Brigitte! Und nun, da sie tot ist, nur noch die Wahrheit.«
    »Nein, du suchst dich. Du liebst nur dich. Dich ganz allein.«
    »Wie du doch irren kannst! Ich suche Brigitte in jedem Menschen. In dir kann ich von ihr auch nichts mehr finden. Du machst alle Gefühle kaputt mit deinem akademischen Zynismus. Du kannst nicht mehr träumen wie die Jungen.«
    »Aber ich spinne auch nicht wie die ganz Alten. Für zu alt hast du mich noch nie gehalten, oder ändert sich das jetzt?«
    »Es ändert sich alles; es hat sich schon alles geändert, seit ich weiß, daß Brigitte tot ist.«
    »Vergiß sie! Du warst früher auch so frei, die Partnerin zu wechseln. Wir gründen einfach einen neuen Hüttenkreis. Nattinger ist draußen vor. Der kann sich jetzt mit seinem Ehrgeiz paaren, wenn es seine ›Diana‹ nicht mehr schafft.«
    »Einfach gründen. Du hast Vorstellungen. Wenn so etwas nicht wächst, hat es keinen Wert. Und der Brigitte hat Nattinger schließlich etwas bedeutet. Viel sogar. Und mir damit wohl auch.«
    Hans Semper legte überrascht den Rest des halben Brötchens zurück: »Dir damit auch? Ich höre wohl nicht recht! Brigitte als Medium, und welche Funktion war für mich bestimmt, wenn du von ihr genug hattest und dich auf mich geworfen hast?«
    »Ich sagte doch, du machst alles kaputt. Jetzt zerredest du auch noch das, was wir gemeinsam als Glück empfunden haben.«
    »Tucholsky hätte darin nicht mehr gesehen als ein heiteres Spiel und du, du machst ein Melodram daraus, Hedi.«
    »Nicht ich. Ein anderer hat das Spiel zu Tode gewürfelt. Auch wenn sie nicht mehr zwischen uns steht, du hast mich dadurch nicht für dich allein.«
    »Was willst du damit andeuten?«
    »Wem nützt es? Ob ein Täter überzeugt sein muß, daß es ihm nützt? Muß die Überzeugung Gewißheit sein oder genügt die Erwartung?«
    »Hedi wach auf! Mach aus dieser uralten Frage kein Problem für uns beide.«
    »Warum hast du dich selbst ausgelassen bei der Deduktion, wer der Täter sein könnte? Du hattest kein Recht dich auszunehmen, wenn du mich einbeziehst, und sei es nur für die eine logische Sekunde, die du gleich wieder fortgewischt hast.«
    »Ich weiß nicht, was dich mehr beherrscht – dein Verstand oder dein Gefühl. Wenn ich dein Gefühl verletzt habe, verzeih! – Dein Intellekt braucht keine Schonung.«
    »Wenn du nur das Herz hättest mitzuempfinden, etwas zu ahnen von dem schwebenden Glück, wenn wir beieinander waren. Nur Brigitte konnte dem Augenblick Dauer geben. Du hast ihn durch mich genossen. Ich wage nicht mehr zu glauben, daß du mit uns, mit mir entrückt warst in die Welt des Nichtmehrseins. Der Zauber ist gewichen! Brigitte ist tot, und du suchst ganz schnell eine andere Frau als Katalysator, damit du mit ihr oder mit mir das Spiel neu auslegen kannst. – Nichts geht mehr, Hans. Das Spiel ist aus!«
    »Gut, noch kann ich warten. Du wirst dir treu bleiben und

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