Jagdhaus in Der Eifel
die spätere eins in dem reizenden Großherzogtum, die geradewegs zum Flugplatz führt. Oder man fährt ganz ruhig und entspannt mit gezügelten PS auf der kürzeren, aber kurvenreichen Strecke über Blankenheim durch die Eifel, trinkt in Bitburg ein Bier und kommt etwas später an’s Ziel.«
»Und wer den kleinen Umweg nicht scheut, läßt Blankenheim links liegen, fährt über Schleiden, nimmt beim Losheimer Graben die Landstraße nach Prüm«, entwickelte Kommissar Freiberg die Reiseroute weiter.
»Richtig, warum soll man nicht durch die malerische Schnee-Eifel fahren, dann sein Bier in Bitburg trinken und sich auf den Urlaub freuen«, unterstützte Lupus die Reisebetrachtungen seines Chefs.
Kommissar Freiberg strich sich mit den drei ausgestreckten mittleren Fingern der linken Hand über die Stirn, wie er es bei starker Konzentration öfter tat, ohne daß ihm diese charakteristische Geste bewußt war.
»Und keine zehn Meter neben dieser landschaftlich schönen Strecke findet ein Hund beim Weißen Stein die Sekretärin des Urlaubers tot auf. In einer Mulde verscharrt unter Laub. Mein Gott! Einer solchen Spekulation dürfen wir nicht nachgehen, ohne mehr zu wissen. Ahrens, haben wir noch irgend etwas in den Akten des neunzehnten K, das uns weiterhelfen könnte? Das Ganze wirkt doch zu absurd, als daß man sich ernsthaft damit befassen kann.«
»Nein, Chef, nichts über Ministerialdirektor Henrik Aston. Da steht nur vermerkt, daß er am Donnerstag den Urlaub angetreten hat. Seine Urlaubsanschrift ist mit Hotel Mar a Vista in Albufeira an der Algarve angegeben.«
»Danke, Ahrens. Lupus, was liegt dir auf der Seele?«
»Wie gut, daß dieser Herr nicht mehr im aktiven Dienst ist, so können wir ihm leichter auf den Zahn fühlen. Als Ministerialdirektor im Amt hätte er es nicht schwer gehabt, die ganze Bundeskompetenz gegen uns zu mobilisieren. Stimmt doch, oder?«
»Ja, mein Sohn Lupus, jetzt werden wir die Aufgabe haben, ihn vor der lauernden Meute zu schützen, ohne daß die Suche nach der Wahrheit darunter leiden darf. Wenn die Öffentlichkeit von der neuen Konstellation Wind bekommt, ist Aston verurteilt, bevor wir auch nur die Chance gehabt haben, ihn zu überführen oder seine Unschuld festzustellen«, sagte Kommissar Freiberg ruhig und bestimmt.
»Chef, ich bin gerührt. Soll die Mordkommission jetzt die neuen demokratischen Tugenden entwickeln oder lieber mal ganz energisch versuchen, dem Sir Henrik auf die Spur zu kommen? Von mir aus – jetzt gleich auf und hin! Dort wirst du nachempfinden können, in welch teuren Häusern die höheren Ministeriellen ihre Bleibe gefunden haben. Hier leben auch die Fossile der Gründergeneration der Bundeshauptstadt, so weit sie nicht in Godesberg versteinert sind. Ruhestandsgärten mit diskreten Swimmingpools und kleinen Gartenlauben, mit Blumenrabatten und Rasen von englischer Qualität. Also ich sage nur ›Bonn at it’s best‹. Fahren wir?«
»Nein, wir fahren nicht. Ich werde Henrik Aston telefonisch für morgen, zehn Uhr, zu einer sehr zivilen Zeit also, zum Gespräch bitten. Ich möchte heute in seinem Haus kein Verhör abbrechen oder mit nichtigen Floskeln fortsetzen müssen, wenn seine Ehefrau ins Zimmer tritt und einen verstörten Ehemann erblickt. Wir müssen das Gespräch neutralisieren und zwar hier im Büro. – Von mir aus kann jetzt jeder seinen Träumen nachgehen. Schluß für heute.«
Kriminalhauptmeister Müller war nicht einverstanden mit seinem Chef. Doch noch zu jung und undynamisch für Bonn, dachte er.
Kapitel 14
Ministerialdirigent außer Dienst Hans Semper machte einen schwierigen Lernprozeß durch. Ihm wurde nach Beendigung der aktiven Dienstzeit in diesen Tagen deutlich, daß sein Leben nach einer neuen Orientierung verlangte. Er fühlte sich von einem zum anderen Tag abgeschnitten von den Beziehungen und Privilegien, die seine Funktion mit sich gebracht hatte. Wie andere vor ihm hatte auch er die Erkenntnis verdrängt, daß die Trennung vom Amt die Trennung von seinem bisherigen Alltag war. Jetzt traf es ihn doppelt schwer, weil er aus diesem Alltag seine Sonntagsfreuden abgeleitet hatte.
Die Übergabe der Amtsgeschäfte an seinen Nachfolger Dr. Nattinger war in aller Form erfolgt, viele lobende Worte hatten ihren Adressaten gefunden. Obwohl anderweitige Verpflichtungen ihm nur einen geringen finanziellen Spielraum ließen, hatte sich Hans Semper mit einem großzügigen Umtrunk mit Imbiß von den Kollegen im
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