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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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vor.«
    »Portugiesisch allenfalls. Sir Henrik war doch mit Madam in Albufeira und hat ein feines Alibi. Und was haben wir?«
    »Mach keine solchen Scherze. Wer weiß, ob unsere Leitungen noch frei sind. Ich habe Angst, daß da etwas aufplatzt.«
    »Angst steht dir nicht. Aber wie wär’s, kommst du zu mir?«
    »Lieber nicht. Du solltest endlich wissen, ich bin nicht ›bi‹ ohne sie. Treffen wir uns zum Essen?«
    »Gut. ›Em Höttche‹, in einer halben Stunde.«
    Er legte auf und sah auf die Uhr. Schon halb zehn. Zu spät für ein richtiges Menü. Aber auch beim Bier und »Halven Hahn« würden sich die Fäden entwirren oder neu knüpfen lassen.
    Etwas von Hedwig Besseners Unruhe hatte sich auf ihn übertragen. Die Flamme des Feuerzeugs zitterte, als er sich eine Camel ansteckte. Die Marke hatte er schon als Student geraucht. Er hatte noch Zeit. Der dreieckige Marktplatz in der Innenstadt ließ sich zu Fuß in einer Viertelstunde erreichen.
    Das Halblicht des warmen Frühsommerabends begann der ersten Dunkelheit zu weichen, doch die aufflackernden Lichter der Stadt wollten den Wechsel vom Tag zur Nacht noch nicht dulden. Blumen der Vorgärten gaben einen zarten Duft, der von den Abgasen der Autos immer wieder verwischt wurde. Einige hundert Meter zurück lag das Poppelsdorfer Schloß, gerahmt von seinen Wassergräben und dem Botanischen Garten. Scheinwerfer hoben den gefälligen quadratischen Renaissancebau mit der Fassade französischer Schlösser vom dunkler werdenden Himmel ab.
    Das ferne Türmchen der Kreuzbergkirche reckte seine angestrahlte Spitze über den Horizont.
    Wie architektonisch arm wäre Bonn, wenn sich die Wittelsbacher Kurfürsten nicht immer wieder für ihre Residenz bis zur Zahlungsunfähigkeit in Unkosten gestürzt hätten. Was machte es da schon aus, daß vor vierhundert Jahren die Bayern dem Kölner Kirchenfürsten seine Godesburg mit 1500 Pfund Sprengstoff in die Luft gejagt hatten, weil er zu den Protestanten übergelaufen war. Heute wurden im restaurierten Rittersaal Staatsessen geboten, die manchmal kulinarischer Genuß, immer aber von der Terrasse aus einen weiten Blick in das Rheintal versprachen. Wie oft hatte er dort von Stimmen mit fremdem Akzent die Lehrbuchlieder vom Rhein und Wein singen gehört. »Ich weiß nicht, was soll es bedeuten«, klang aus japanischen Kehlen besonders putzig.
    Hans Semper ging zügigen Schrittes unter jungen Kastanienbäumen über die an den Rändern zertretenen Rasenflächen, vorbei am St. Petrus-Krankenhaus, den auf der Terrasse des Hotel Bristol plaudernden ersten Touristen durch die dreckige und nach Urin stinkende Bahnunterführung zum Kaiserplatz. Die studentische Jugend hatte die Open-Air-Scene belegt und übte sich an den Cafehaustischen im Dolce-far-Niente der kommenden Arbeitslosigkeit.
    Das Kurfürstliche Schloß am Hofgarten hat nur wenigen Maskenbällen gedient, dafür aber Verwundeten als Stätte des Leidens und der Hoffnung. 1944 war es von alliierten Bombern in einen Trümmerhaufen verwandelt worden. Aus der Asche wiedererstanden, hatte es seine vier Türmchen neu erhalten und war mit der Regina Pacis die Alma-Mater geworden – die Kußmundmutter!
    Fast 40000 Studenten orientierten sich von hier aus im Irrgarten der Universitas Literarum. Kein Wunder also, daß die Pinten und Kneipen der Stadt immer voll waren; ebenso die bürgerlichen Lokale. Dafür sorgten die alten Bonner und die neuen Bürokraten.
    Hedwig Bessener und Hans Semper trafen sich am Brunnen am Markt. Sie hatte eine Parkbucht am Friedensplatz gefunden und war die wenigen Meter durch die Sternstraße bis zum Marktplatz zu Fuß gegangen.
    »Hallo!« grüßte sie etwas verlegen. »Der schöne Abend paßt nicht zu meiner Stimmung.«
    »Dir fehlt Zuversicht und vor allen Dingen die Liebe. Nehmen wir hier diesen Tisch?«
    »Drinnen würde ich vorziehen. Bei diesem Wetter hockt alles draußen, und man sitzt wie auf dem Präsentierteller.«
    Sie fanden einen Nischentisch im rückwärtigen Raum und blieben ungestört. Der Ober nahm ihre Bestellung entgegen: Pastete und Weizenbier.
    Leise schilderte Hedwig die Szene im kleinen Besprechungszimmer. »Der Jüngere von beiden – er müßte dir von der Party bei Nattingers her bekannt sein – ist besonders gefährlich!«
    »Was sagst du? Das magere Bürschchen mit dem getrimmten Junglehrerbart? Meinst du den?«
    »Ja, den. Der sinniert und kombiniert. Der andere, sein Adlatus, denkt laut – oder tut nur so – und beißt gleich

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