Jagdhaus in Der Eifel
einen neuen Anfang finden, da bin ich ganz sicher. Doch nun laß uns den Verstand zusammennehmen, um deinen unbestimmten Ängsten den Grund zu entziehen.«
»Ja, versuchen wir es.«
Hans Semper gab sich wie ein ehrlicher Makler. »Was sollen die Ermittlungen schon bringen? Die Hütte diente der Jagd und dem Schüsseltreiben.«
»Und du meinst, die werden uns abnehmen, daß da nichts anderes getrieben worden ist?«
»Und wenn schon! Ein Nest für die Liebe im Walde in unromantischer Zeit, das ist keine Frage der staatlichen Ordnung. Die Polizei muß halt akzeptieren lernen, daß andere anders sind.«
»Und wie werden Minister und Personalchef reagieren, wenn die Presse darüber schreibt?«
»Die schreibt nichts. Ermittlungsakten sind vertraulich.«
»Heilige Einfalt! Da kenne ich Bonn besser als du. ›Quod non est in actis, non est in mundo‹. Wenn erst etwas aktenkundig ist, hat es ein findiger Journalist auch bald in seinem Kühlschrank. Und den Redakteur möchte ich sehen, der sich unsere Story entgehen läßt.«
»Ist das der Fluch der liebenden Tat?«
»War Nattinger oft mit Brigitte allein dort?«
»Ihr wart doch immer ein Herz und eine Seele – und sie hat es dir nicht erzählt? Eifersucht, Hedi? Aber doch jetzt nicht mehr!«
»Du meinst, seine Frau hat nichts davon gewußt?«
»Sie wird schon gewußt haben, was sie wissen wollte. Ihr ging es um die gut geölte Verbindung nach oben, bis hin zu dir, der persönlichen Referentin des Ministers. Was könnte hilfreicher sein bei der Karriereplanung als eine so schöne Mehrfachbeziehung mit ihren Abhängigkeiten und Verpflichtungen. Bei den Nattingers war doch sie auf nichts anderes scharf, als auf seine Beförderung. Da war ihr jedes Mittel recht.«
»Die Triumphparty hätte ja auch nicht eindrucksvoller sein können. Nur mein lieber Herr Minister hat gefehlt. Dem hatte ich einen anderen Termin verpaßt. Es waren ohnehin genügend Hohlköpfe dort. Ich meine solche, die man ihm nicht zumuten konnte.«
»Auch wir hatten die Ehre, Gäste zu sein.«
»Wie hohl unsere Köpfe sind, wird sich zeigen. Nützliche Idioten und gute Beziehungen gibt man nicht auf, wenn sie noch gebraucht werden.«
»Du meinst, Nattingers denken schon weiter?«
»Aber sicher! Sie ganz gewiß. Sir Henriks Platz ist noch frei. Und Anne Rose will den Minister beim gesetzten Essen mit einigen Auserwählten aus seiner Fraktion garnieren. Meinungsaustausch beim Dessert. Mit der eigenen Meinung geht man hinein, mit ihrer geht man hinaus. So könnte ein neuer Ministerialdirektor gekürt werden. Sie hat mich angeflötet, einen für den Herrn Minister angenehmen Termin zu nennen und – wie nett – für mich auch.«
»Das läuft?«
»Der Chef hat zugesagt, aber ich habe vorerst keinen Termin frei.«
»Hoffentlich wird da nicht ein zu großes Rad gedreht.«
Hans Semper sah Hedwig Bessener aufmerksam an. »Drehst du mit?«
»Nein«, sagte sie. »Wir sind nicht mehr im Obligo. Der Zauberkreis ist aufgelöst.«
Er spürte die Veränderung. »Ja, vielleicht hast du recht, vielleicht sollte ich die Hütte ganz aufgeben. Der Standort wird einem fremd. Anne Rose ist schon lange scharf darauf, sie zu kaufen und wird ihr Angebot noch erhöhen, da bin ich sicher. Damit wäre die Jagd komplett, und kein fremdes Auge mehr im Jagdrevier.«
»Hat sie eigentlich den Wagen schon abgeholt?« wollte Hedwig wissen.
»Nein, der steht noch im Futterstadel. Lenkrad defekt und gebrochen. Der muß abgeschleppt werden.
Die Bruchpilotin hat uns den ganzen Abend verdorben. War das eine Würgerei, bis wir die Karre unter Dach und Fach hatten. Nur gut, daß sie einen Baum im eigenen Revier auf die Hörner genommen hat. Den Flurschaden konnte sie bei sich selbst geltend machen.«
»Ich möchte wirklich gern wissen, wie viele Autos die schon kaputt gefahren hat. Schießen kann sie – aber fahren?«
»Das kann sie nun wirklich nicht. Darum hat sich Nattinger damals auch lieber von mir mitnehmen lassen. Er sitzt nicht gern vorn, wenn sie das Steuer hat«, sagte Semper.
»Mit der Methode kann er dem Staat einen guten Pensionär erhalten, wenn er konsequent bleibt.«
»Genug von den Nattingers. Sag, Hedi, besteht wirklich keine Chance, daß eine von den beiden kommt?«
»Vielleicht. Aber ich möchte das nicht so gern im eigenen Büro. Zu leicht heißt es dann, wir hätten Abhängige verführt. Die Engelke hat keinen Freund, war einige Male bei Brigitte, fühlt sich gut an und hängt in der Szene herum,
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