Jagdhaus in Der Eifel
fragte Kommissar Freiberg.
»Wer, Hedwig Bessener? Die, ja. Das ist kein Geheimnis. Mit Ministerialdirigent Semper. Das weiß jeder im Amt. ›Die Frau mit dem Porsche‹ war oft in seinem Jagdhaus in der Eifel.«
»Und Ihre Sekretärin?«
»Ihr Kollege hat mich ja neutralisiert«, sagte Aston mit einem feinen Unterton. »Also ganz bestimmt. Die gehörte auch zu dem Hüttenkreis, wie sie sich nannten. Sie haben das Leben genossen und machten keinen Hehl daraus. Brigitte Fournier war im Dienst unwahrscheinlich tüchtig. Keine Überstunde war ihr zuviel. Sonst aber: immer locker vom Hocker. Sie war kein Kind von Traurigkeit, wußte auch ihren Vorteil zu wahren. Sie stand allein und wußte sich durchzuboxen. Können und Körper, welch glänzendes Kapital für eine Frau!«
»Das hat auch Ihnen Mut gemacht?«
»Was heißt Mut? Sie war so. Genug, ich halte mich an die Spielregeln und bleibe in meiner neutralen Bahn.«
»Konkurrierte sie bei Herrn Semper mit ihrer Freundin? Oder hatte sie es mit Dr. Nattinger, oder sogar mit beiden?«
»Das hört sich richtig verrucht an und könnte ein schönes Triolen-Puzzle sein, wenn der Anlaß nicht so tragisch wäre.«
»War das der ganze Hüttenkreis?«
»Soweit ich weiß, ja, – aber ich war nicht dabei, wenn es rund ging. Vor ein paar Jahren muß es sehr lebhaft gewesen sein. Dabei ist Sempers zweite Ehe in die Brüche gegangen. Nur der alte Kern hat sich bis jetzt gehalten – bis zum Tode von Brigitte Fournier bestimmt. Ich habe in der letzten Zeit nichts mehr erfahren, seit dem Urlaub und dem Ausscheiden aus dem Amt. Und ehrlich gesagt, es hat mich auch nicht mehr interessiert.«
»Gab es andere Personen von Wichtigkeit außerhalb dieser seltsamen Crew?«
»Da muß ich ganz und gar passen. Kontakte im Hause – ja. Mit den Referaten der Abteilungen, den Leitungsbüros, den technischen Diensten und was so dazu gehört. Mit anderen Ministerien natürlich auch. Das ist unser laufendes Geschäft. Aus dem privaten Bereich weiß ich nichts. Der scheint auch nicht sehr groß gewesen zu sein. Brigitte Fournier lebte im Hause und für das Haus.«
»Sie meinen das Ministerium, nicht Herrn Sempers Jagdhütte?«
»So ist es. Doch das eine kann man wohl nicht ohne das andere betrachten.«
»Danke«, sagte Kommissar Freiberg. »Fräulein Kuhnert wird das Stenogramm übertragen. Sie werden genügend Zeit haben, es zu lesen, bevor sie es unterschreiben. Aber auch dazu wird niemand gezwungen.«
»Kann ich vor der Einlieferung noch kurz nach Hause zu meiner Frau – in Begleitung natürlich? Ich müßte auch einige Sachen einpacken.«
»Sicher können Sie zu Ihrer Frau. Ich möchte Sie nur bitten, sich verfügbar zu halten und Bonn nicht zu verlassen. Wegen der Unterzeichnung des Protokolls werde ich Sie anrufen. Dazu müßten Sie allerdings ins Präsidium kommen. Ich bin überzeugt, wir werden dieses Gespräch fortsetzen, vielleicht beim Untersuchungsrichter. Dem Staatsanwalt werde ich unverzüglich berichten. Wenn Sie noch etwas aussagen möchten – bitte jederzeit.«
»Sie meinen, ich kann gehen? Keine Festnahme?«
»Noch nicht, Herr Aston, heute noch nicht!«
Henrik Aston erhob sich ganz langsam, machte ein paar Schritte zur Tür, drehte sich unvermittelt um und kam noch einmal zurück. Er gab Fräulein Kuhnert und Müller die Hand. Kommissar Freiberg hatte sich ebenfalls erhoben, um die Tür zu öffnen. Auch ihm reichte Henrik Aston die Hand. »Nun fällt es uns beiden schwer, ›auf Wiedersehen‹ zu sagen. Aber ich danke Ihnen, Herr Freiberg.«
Als sich die Schritte auf dem Flur entfernten, fand als erster Lupus Müller sein Wort wieder: »Mein lieber Chef und Kegelbruder! Dir möchte ich nicht gegenübersitzen, wenn ich eine ministerielle ›Ragazza Libera‹ umgebracht hätte. Der hat sein Motiv bei uns abgeliefert wie Falschgeld und ist völlig fertig. Ich kann es noch gar nicht fassen. Wir hätten ihn allerdings gleich in der Wilhelmstraße abliefern sollen. Wenn das nur gut geht. Der haut ab oder bringt sich um.«
»Der haut nicht ab. Aber das andere? Du könntest recht haben.«
Kommissar Freiberg drückte einen Knopf der Gegensprechanlage. »Ahrens! Henrik Aston verläßt das Haus. Sein Wagen steht unten. BMW 720. Hängen Sie sich dran… Nein, kein Auto… Das fällt ihm auf oder Sie sitzen im Stadtverkehr fest… Nehmen Sie die 800er BMW. Nein… Nur aufpassen, was er tut… Daß er sich nicht umbringt… Müller meint auch, Selbstmordgefahr. Erste Meldung
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